Fahrzeug-LED: Wie ein Controller-Chip das Licht im Kfz steuert

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Anspruchsvolle Lichtkonzepte für Fahrzeuge lassen sich mit ISELED umsetzen. Verschiedene Funktionen sind bereits direkt in der RGB-LED integriert. Was der Entwickler für Vorteile hat, lesen Sie im Text.

Vielfältige Beleuchtung im Fahrzeug: Mit ISELED können Hersteller Lichtfunktionen vielfältig und einfach entwickeln. Herzstück ist ein Controller-Chip.
Vielfältige Beleuchtung im Fahrzeug: Mit ISELED können Hersteller Lichtfunktionen vielfältig und einfach entwickeln. Herzstück ist ein Controller-Chip.
(Bild: Inova Semiconductor)

Auf der electronica 2016 hat Inova Semiconductors ISELED erstmals vorgestellt. ISELED steht für ein komplett neuartiges LED-Beleuchtungskonzept mit Fokus auf die Automobilindustrie. Mit der Technik soll die LED intelligent werden. Das erfolgt in Form eines kleinen in die LED integrierten Controllers. Der ermöglicht typischerweise in RGB-LEDs, dass diese ihre Helligkeit und Farbstabilität selbst einstellen können. Mittlerweile gibt schon verschiedene Entwicklungsprojekte in der Automobilindustrie auf Basis der ISELED-Technik. Erste Serienfahrzeuge mit der Entwicklung sollen ab Ende 2019 auf den Markt kommen.

Im Fahrzeug haben sich LEDs etabliert. Das hat vielfältige Gründe: sie sind sehr kompakt, geben Designern eine hohe Gestaltungsfreiheit, ermöglichen viele Farben, sind wartungsarm, langlebig und vor allem energieeffizient. Anzutreffen sind LEDs in Fahrzeug für ganz unterschiedliche Einsatzszenarien: sei es im LED-Scheinwerfer, in der Rückfahrleuchte und mittlerweile auch verstärkt in der Innenbeleuchtung. Allerdings gibt es eine große Herausforderung, insbesondere, wenn ein Vielzahl von LEDs eingesetzt wird: Es geht darum, eine gleichbleibende Helligkeit und Farbtreue zu garantieren. Denn LEDs – auch wenn sie aus einer Fertigungs-Charge kommen – verändern ihren Durchflussstrom und damit die Helligkeit und Farbe. Auch weisen sie ein unterschiedliches Alterungsverhalten auf.

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Bisheriger Ansatz der Beleuchtung zu aufwendig und teuer

Für eine hohe Lichtkonformität von LEDs mussten die Hersteller bisher die einzelnen LEDs bei der Produktion hinsichtlich Wellenlänge und Helligkeit vermessen und in Kategorien einteilen, dem sogenannten Binning. Diese Information wird dann beispielsweise in Form von Barcodes mitgeliefert. Außerdem werden die Kenndaten jeder eingesetzten LED in einem Systemcontroller abgelegt. Von hier werden die Daten an einen Sub-Controller weitergegeben, an dem wiederum die RGB-LEDs angeschlossen sind. Aufgrund der relativ hohen zu übertragenden Datenmenge, kommt meist ein schneller SPI-Bus mit einem Takt von bis zu 50 MHz zum Einsatz. Das wiederum stellt für die EMV eine Herausforderung dar. Der hohe Aufwand inklusive der finalen Kalibrierung des LED-Streifens beim Zulieferer bedingt relativ hohe Kosten.

Fahrzeughersteller wollen naturgemäß ihre Kosten senken, insbesondere wenn man an den Einsatz von hunderten von LEDs in den neuen Fahrzeug-Generationen denkt. Außerdem lassen sich anspruchsvolle Beleuchtungskonzepte mit dem bisherigen Ansatz nicht oder nur mit viel Aufwand realisieren. Dazu gehören unter anderem sehr schnelle Lichteffekte. Im Hinblick auf das autonome Fahren geht es künftig nicht mehr allein um die reine Ambiente-Beleuchtung, sondern auch um erweiterte Funktionen, die von der Beleuchtung übernommen werden sollen. Dazu müssen die LEDs dann auch die Anforderungen an die funktionale Sicherheit erfüllen und diagnosefähig sein, was heutige LED-Systeme nur sehr bedingt leisten können.

Herzstück der ISELED ist ein kompakter Controller-Chip

Bei der ISELED-Technik sind alle Funktionen bereits in der RGB-LED integriert, um stabile Lichtparameter zu garantieren. Die Parameter für Farbe und Helligkeit in dieser sogenannten digitalen LED lassen sich über ein entsprechendes Protokoll steuern. Für die notwendige Intelligenz haben sich die Entwickler etwas besonderes ausgedacht: einen miniaturisierten Controller-Chip, mit einer Grundfläche von einem Quadratmillimeter. Dieser ist zusammen mit den RGB-LEDs in ein kompaktes Gehäuse integriert. Er verfügt nicht nur über den erforderlichen Treiber zur Ansteuerung der LEDs, sondern ermöglicht auch beim Endtest, dass alle drei Einzel-LEDs präzise auf die Referenzwerte für Farbe und Helligkeit kalibriert werden können. Diese Kenndaten werden auf einem kleinen Speicher im Controller abgelegt und dann bei der Ansteuerung der LEDs als Referenzwert herangezogen. Über einen ebenfalls integrierten und beim Chip-Test kalibrierten Temperatursensor wird darüber hinaus auch noch die aktuelle Temperatur der LEDs ermittelt und zur Regelung ihrer Helligkeit verwendet.

Das Kommunikationsprotokoll, welches komplett befreit ist von dem sonst üblichen hohen Datenvolumen, kann differenziell mit nur 2 MBit/s über eine ungeschirmte Zweidrahtleitung übertragen werden. Theoretisch lassen sich so bis zu 4079 LEDs aneinander reihen. Die Steuerbefehle liegen dabei nahezu simultan an jedem RGB-Modul an, das den Datenstrom in beinahe Echtzeit und nur verzögert um zwei Taktzyklen, was etwa einer Mikrosekunde entspricht, an das nächste Modul in der Kette weiterreicht wird. Alle RGB-LEDs können damit in Videogeschwindigkeit angesteuert werden und auch als einzelnes Pixel eines großen LED-Bildschirms oder -Displays fungieren.

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LED-Lichtsysteme entwickeln und fertigen

Ganz am Anfang war ISELED auf die Innenraumbeleuchtung in einem Fahrzeug ausgerichtet. Die Basistechnik und das ISELED-Protokoll sind allerdings so ausgelegt, dass sie grundsätzlich für jede beliebige LED-Lichtanwendung verwendet werden, bei der eine Verkettung von mehreren LEDs sinnvoll ist. Hier sind beispielsweise LCD-Matrix-Backlight-Steuerungen, Instrumenten-Beleuchtungen oder verschiedenste funktionale Lichtanwendungen rund um das autonome Fahren denkbar.

Der Verbau der ISELED-LEDs, bei denen die Kalibrierungsdaten bei der Fertigung der LED in der LED selbst gespeichert werden, ermöglicht eine einfachere Entwicklung und vor allem Fertigung von Lichtsystemen. Es lassen sich Kosten beim Zulieferer senken. Außerdem kann durch die vorkalibrierten LEDs die geforderte Farbhomogenität des Lichtes durch die Systemhersteller schneller und einfacher in großen Stückzahlen in Serie produzieren. Mit der Technik lassen sich erstmals auch Daten wie die Temperatur oder Betriebsspannungen der LED zurücklesen. Somit können Entwickler sicherheitsrelevante funktionale Lichtanwendungen für das autonome Fahren einfacher umsetzen.

Durch die Integration des smarten ISELED-Controllers in die LED und das differentielle Busprotokoll sind keine direkten LED-Treiber notwendig und die Datenrate von 2 MBit/s ermöglicht es, sehr dynamische Lichtanwendungen zu entwickeln. Grundsätzlich erlaubt es die Technik, neben einer LED beispielsweise auch eine Photodiode anzuschließen und auszulesen. Durch entsprechende Produktderivate mit einer höheren Ausgangsleistung am Treiberbaustein ist der Einsatz im Außenlichtbereich möglich. So reichen die Einsatzmöglichkeiten weit über das Fahrzeug hinaus, auch die Beleuchtung von Gebäudefassaden über Flugzeugkabinen bis hin zu Kreuzfahrtschiffen ist denkbar.

LED-Treiber/Controller und seine Funktionen

Als die Entwickler mit dem Projekt angefangen hatten, war der LED-Treiber/Controller nur in ein LED-Modul integriert erhältlich. Der INLC100Q16 ist mittlerweile auch als Stand-Alone-Baustein ohne die Kombination mit LEDs verfügbar. Damit haben Entwickler und Hersteller die Möglichkeit, selbst konfigurierte, externe LED-Lichtsysteme zu entwickeln. Der Baustein integriert einen RGB-LED-Treiber und -Controller in einem 16-poligen WETQFN-Gehäuse mit Abmessungen von 3 mm x 3 mm x 0,9 mm. Die weiteren Funktionsmerkmale sind:

  • modulspezifische Kalibrierung für einen genauen Weißpunkt (Normlichtart D65),
  • 488 Hz, 12-Bit-PWM,
  • Temperaturkompensation für die rote LED,
  • Helligkeitsauflösung für die rote, grüne und blaue LED: 8 Bit,
  • zusätzliche Dimm-Funktion für schwache Lichtfarben,
  • maximal 4079 LEDs in einer Kette,
  • bidirektionale, Halb-Duplex-Kommunikation mit 2 MBit/s und optionaler CRC-Schutz,
  • bis zu 16-Multicast-Adressgruppen,
  • achtfaches Überabtasten der seriellen Leitung für eine robuste Kommunikation,
  • integrierter Oszillator sowie
  • integrierte Diagnosefunktionen.

LED-Ketten lassen sich mit mehreren INLC100Q16-Bausteinen verknüpfen und über einen differentiellen bidirektionalen seriellen Bus aufbauen. Zu diesem Zweck arbeitet der Baustein nur als Wandler von Single-Ended auf differentielle Bussignale. Unterstützt werden alle notwendigen Funktionen, um die definierte Helligkeit jeder einzelnen LED und die dominante Wellenlänge der grünen und blauen LED zu kalibrieren. Für jede LED kann der Strom und das Tastverhältnis eingestellt werden. In jeder LED-Kette ist jede RGB-LED einzeln über den seriellen Bus adressierbar. Dank integriertem Temperatursensor und A/D-Wandler kann die aktuelle Bausteintemperatur erfasst werden.

Mit dem programmierbaren Treiber/Controller können Entwickler längere LED-Ketten von bis zu 4079 LEDs entwerfen, die sich über einen zweiadrigen und bidirektionalen Bus steuern lassen. Es können also nicht nur Befehle gesendet, sondern auch Statusabfragen von der Leuchte angefragt werden. Der IC hat drei PWM-gesteuerte Ausgänge, sodass mit ihm eine RGB-LED geregelt werden kann. Kalibrier- und Kompensationsdaten werden über einen einmal programmierbaren Speicher, dem OTP-Speicher, in den IC geschrieben. Der IC-Baustein erfüllt die Prüfspezifikationen nach AEC-Q100 für Automobilanwendungen.

Offener Firmenverbund vermarktet das Konzept

Die ISELED-Allianz ist ein von Inova initiierter offener Firmenverbund, um das Konzept einer digitalen LED zu entwickeln und zu vermarkten. Die Allianz umfasst derzeit neben Inova noch den LED-Hersteller Dominant Opto Technologies, NXP Semiconductors, TE Connectivity, die Hochschule Pforzheim, Valeo als Zulieferer für Lichtsysteme und Lucie Labs, ein französisches Software-Unternehmen, das sich auf Tools und Anwendungsprogrammierung für LED-Licht spezialisiert hat. Die Allianz wächst weiter – hier besteht Interesse von weiteren LED-Herstellern. Neue Mitglieder werden einen weiteren Beitrag leisten, um die Technik voranzutreiben und zu verbreiten. Ob und wie jeder Marktteilnehmer die Technik nutzt, steht offen.

Sofort loslegen mit dem LED-Licht im Fahrzeug

Für den Start in das Projekt gibt es ein Evaluation-Kit unter Beteiligung der Allianz-Mitglieder. Entwickler haben damit die Möglichkeit, ISELED-Lösungen schneller zu realisieren und auch Prototypen zu erstellen. Zusammen mit der zugehörigen Software von Lucie Labs lassen sich individuelle Lichteffekte programmieren und mit den 16 RGB-LEDs des Kits testen. Damit sich verschiedene Beleuchtungs-Szenarien bewerten lassen, lassen sich optisch messen.

Das Evaluation-Kit basiert auf dem Controller-Board S32K144EVB-Q100 von NXP, das mit dem Arm-Cortex-basierten Mikrocontroller S32K1xx bestückt ist und über ein USB-Kabel mit einem Host-PC verbunden werden kann. Ein Adapter-Board mit Stromversorgung wird an eine Leiste mit 16 RGB-LEDs von Dominant Opto angeschlossen. Jede LED enthält einen Treiber/Controller-IC des Typs INLC100, der in einem Gehäuse verbaut ist und jeweils drei LEDs ansteuert. Die Treibersoftware von NXP und die Software LED Lighting Effects Studio von Lucie Labs sind bereits in den S32K-Mikrocontroller geladen und können im Rahmen einer dreimonatigen Evaluierungs-Lizenz kostenlos genutzt werden.

* Thomas Rothhaupt ist Director Sales und Marketing bei Inova Semiconductors in München.

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