Internationale Display-Branche „Auf der Display Week war von Lieferengpässen keine Rede“
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Lieferketten-Probleme, neue Display-Techniken, eine europäische Display-Fertigung und Displays im Fahrzeug. Und dann sind da noch die gefährlichen PFAS. Das Deutsche Flachdisplay Forum (DFF) berichtet von der SID, aber auch von den problematischen PFAS.

Der Materialengpass hat auch seine Spuren in der Display-Branche hinterlassen. Es fehlt an vielen Key-Komponenten. Das fing mit der Corona-Pandemie an und geht mit den aktuellen politischen Zerwürfnissen weiter. Als ein konkretes Beispiel nennt Klaus Wammes von Wammes & Partner und Mitglied im Vorstand des Deutschen Flachdisplay-Forum e.V. (DFF) die Touch-Controller für die Displays. Aktuell beträgt die Liefer-Beschaffung 500 bis 600 Tage. Das wird unweigerlich zu einer Konsolidierung des Display-Markts führen.
Doch Wammes sieht neben den weg gebrochenen Lieferketten und langen Lieferzeiten noch weitere Veränderungen am Display-Markt. Auf dem Markt existieren unterschiedliche Displaytechniken. Wer darf welche Technik verwenden? Hinzu kommen verschiedene Treiber-Techniken und Foundrys (zur Herstellung benötigter Bauteile), welche die Displaytechniken bedienen können. Diese sitzen in den asiatischen Ländern. Mit Corona kam die große Veränderung. Nicht nur der Lockdown in China hat die Lieferketten für die Display-Branche massiv gestört.
Im Februar dieses Jahres kam der Krieg in der Ukraine hinzu. „All das sind wichtige Puzzleteile, die das Getriebe der Display-Hersteller stören“, fasst es Wammes zusammen. „Auch die immer schwierigere Bewertbarkeit, was braucht der Markt wann und in welcher Stückzahl, verschlimmert die Situation für die Hersteller.“
Display-Fertigung zurück nach Europa?
Es sind nicht nur die Halbleiter, die zurück nach Europa kommen sollen. Es wird auch von der Display-Fertigung gesprochen, die möglicherweise zurück nach Europa kommen soll. Doch nicht „just in time, sondern just in case“, wie es Klaus Wammes formuliert. Seiner Meinung nach ist eine europäische Fertigung sinnvoll, aber nicht realistisch.
Das Problem sind die Kompetenzen und Rechte, die auf wenige Hersteller und Regionen gebunden sind. „Ein Hersteller mit Zugriff auf die gesamte Infrastruktur seiner jeweiligen Region bietet die ganze Bandbreite der Display-Fertigung. Fallen Teile dieser Infrastruktur weg, kann es keiner mehr alleine“, sagt Wammes. Er gibt außerdem zu bedenken: „Bei kritischen technischen Entwicklungen gibt es (fast) immer eine Redundanz – warum nicht auch in der Display-Branche?“
OLED oder Mikro-LED-Display vs. TFT
Weiterhin marktführend sind die TFT-Displays. Doch auch die OLED-Displays haben aufgeholt. „In den nächsten Jahren werden wir vermehrt die Mikro-LED-Displays sehen“, so Wammes. Im Gegensatz zu den etablierten TFT-Displays sind für sie keine Fertigungen mit extrem großen Einstiegshürden notwendig.
Rückblick: In den 1990er Jahren sollte eine LCD-Produktion in Europa aufgebaut werden. Die Politik sprach sich für das Unterfangen aus. Aber die Firmen hatten Bedenken, weil es angeblich keinen profitablen Markt für eine europäische LCD-Produktion gibt. „Das wäre aus heutiger Sicht anders“, fasst es Klaus Wammes zusammen.
Der Energiebedarf eines Displays
Ohne elektronische Displays wären viele Anwendungen in unserem Alltag nicht mehr möglich. Mit Displays lassen sich Informationsdichten darstellen, die anders nicht möglich wären. Neben der Auflösung und Größe eines Displays kommt es auf den Energieverbrauch an. Hier ist der Anwender des Displays der kritische Faktor.
Allerdings sind moderne Displays bereits sparsam. Neue Generationen wie die erwähnten Mikro-LED-Displays oder E-Paper-Displays sind gute Beispiele für geringe Energieverbräuche.
Display Week 2022: Lieferengpässe nicht spürbar
Anfang Mai dieses Jahres fand die Display Week SID 2022 in San Jose statt. Vor Ort aus Deutschland war unter anderem das Deutsche Flachdisplay-Forum e.V. (DFF). Resümee von Dr. Armin Wedel, 1. Vorsitzender des DFF: „Lieferengpässe und Lieferketten-Probleme waren bei den Ausstellern nicht spürbar. Eher ging es um banale Dinge und dass bestimmte Produkte nicht lieferbar sind. Aus Sicht der USA sind die Probleme in Europa und Asien weit weg.“
Die Aussteller auf der SID zeigen jedes Jahr aktuelle technische Entwicklungen. Hier geht es nach Ansicht von Dr. Wedel eindeutig in Richtung Energie einsparen. Als Beispiel nannte er die „Green OLED“ von Samsung. Hersteller Samsung setzt dabei auf neue Devicestrukturen. „Das sind Entwicklungen mit einem großen Potential, die Akkulaufzeit in Smartphones zu erhöhen.“
Eine andere Entwicklung sind gefaltete Displays für Smartphones. Allerdings stellt sich für den Anwender die Frage: Was ist der Mehrwert solcher Displays? Wedel sieht bei den Trends eher einen Zusammenhang mit der Spieleindustrie. Dort sind die Reaktionszeiten bei den Displays von entscheidender Bedeutung.
Im Fahrzeug bleibt es noch bei den TFT-Displays
Autohersteller verbauen in ihren Fahrzeugen weiter LC-Displays. Ein entscheidender Punkt ist, dass sich TFT-Displays etabliert haben und preiswert sind. Gerade für die sicherheitsrelevanten Anwendungen kommen sie weiterhin zum Einsatz. Für Infotainment-Anwendungen der Mitfahrer sind allerdings auch OLED-Displays auf dem Vormarsch.
Ein Trend, der in den letzten Jahren zu beobachten war: Die Automobilhersteller verbauen mehr Displays im Fahrzeug. Das gesamte Dashboard ist eine große Bedieneinheit. Dabei muss die gesamte Displayfläche nicht die ganze Zeit aktiv sein. Wedel erwartet für die Zukunft noch mehr Interaktion über Displays. Während der Fahrer nur notwendige Informationen in seinem Sichtfeld bekommt, können Mitfahrer vom Verkehrsgeschehen abgelenkt werden.
Lebenszeit von Displays im Fahrzeug.
Auch bei der Lebenszeit sieht Wedel keine Probleme. „Wir sprechen hier von zehn Jahren und mehr. Hochqualitative Displays können lange Lebenszeiten garantieren.“ Man sollte auch nicht den Fehler begehen und die im Fahrzeug verbauten Displays mit Consumerprodukten vergleichen.
Die Mitglieder des DFF haben die Anforderungen definiert, die im Fahrzeug notwendig sind. Dabei werden die Entwicklungen weiter fortschreiten. Hochwertige Displays im Fahrzeug werden dort eingesetzt, wo es auf Sicherheit ankommt. Solche Displays werden auch teurer sein. Sollen Displays allerdings nur zur reinen Wiedergabe verwendet werden, lassen sich auch preiswerte Displays verbauen. Hier kommt es nach Meinung von Wedel auf die Mischung an. „Den Fahrzeugpreis allein für die Displays steigen zu lassen, ist keine Option.“
Nachhaltigkeit von Displays
Das Thema Nachhaltigkeit wird allgemein in der Elektronikbranche oft noch wenig angegangen. Doch im Display-Umfeld gibt es schon seit einiger Zeit Refurbishment. „Refurbishment gibt es bereits seit einigen Jahren und die Industrie hat es selbst losgetreten“, erzählt Klaus Wammes. Seiner Meinung nach wird sich Recycling (Zyklus-Wirtschaft) vor allem bei Knappheiten weiter verstärken. Eine Mehrfachnutzung von Geräten ist etabliert.
Das Problem der PFAS
Die Europäische Union hat neue Spielregeln für die Materialverwendung der Per- und Polyfluoralkylstoffe (PFAS)vorgeschrieben. Dabei handelt es sich um Polymere und andere organische Verbindungen, die eine Verbindung mit Fluor eingehen. Ein Beispiel für die Anwendung sind Teflonpfannen. Bei den Displays dienen PFAS zum Beispiel als Orientierungsschicht, um Pixel voneinander zu separieren.
Allerdings sind diese PFAS problematisch, da sie nicht biologisch abbaubar sind. „Wir haben auf der SID mit einigen asiatischen Display-Herstellern gesprochen. Sie sind sich der Problematik nicht bewusst“, erzählt DFF-Chef Wedel. „Wir als DFF gehen das jetzt an: Ein kleiner Verband macht darauf aufmerksam.“
Dabei kommt dem DFF auch zugute, dass es kein Branchen-Cluster ist, sondern vielmehr die gesamte Wertschöpfungskette der Displays abbildet.
Die Gesprächspartner
Dr. Armin Wedel vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung in Potsdam ist seit 2020 erster Vorsitzender des Deutschen Flachdisplay Forum (DFF).
Klaus Wammes ist Geschäftsführer der Wammes & Partner und er ist ein international anerkannter Experte der Optoelektronik. Er bietet seine Fachkenntnis weltweit als Dienstleister und Troubleshooter an.
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