Automotive-MCUs Wettbewerb im chinesischen Mikrocontroller-Markt wird härter

Von Henrik Bork* Lesedauer: 3 min |

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Die Konkurrenz für Infineon, Renesas, NXP und Co. in China nimmt zu. Neue Zahlen für den MCU-Markt zeigen, dass chinesische Hersteller wie BYD, Semidrive oder ChipOn beständig aufholen, auch im gehobenen Segment erste Durchbrüche mit leistungsstarken Kontroll-Chips feiern können.

Firmen wie Renesas Electronics, Infineon Technologies und NXP beherrschen den chinesischen Markt für Top-Automotive-Chips. Im Bild eine Version des verbreiteten System-on-a-Chip R-Car 4 von Renesas.
Firmen wie Renesas Electronics, Infineon Technologies und NXP beherrschen den chinesischen Markt für Top-Automotive-Chips. Im Bild eine Version des verbreiteten System-on-a-Chip R-Car 4 von Renesas.
(Bild: Renesas Electronics)

In China beherrschen ausländische Chiphersteller den Markt für Automotive-ICs, vor allem im oberen Marktsegment. In der Volksrepublik haben die drei Firmen NXP, Infineon Technologies und Renesas Electronics jeweils einen Marktanteil von rund 18 Prozent, sind also derzeit noch sehr dominant. Doch die chinesische Konkurrenz ist ihnen immer dichter auf den Fersen.

Der erste von einem chinesischen Hersteller produzierte Mikrocontroller, der vom TÜV Rheinland zertifiziert worden ist, heißt „E3 Control Care“ und ist eine von SemiDrive entwickelte Controllerfamilie für intelligente Radaufhängungen, die sich in Sekundenbruchteilen den jeweiligen Straßenverhältnissen anpassen können.

Dieser Vorstoß eines chinesischen Unternehmens in den Markt für leistungsstarke MCUs mit hohen Sicherheitsanforderungen sei „zweifellos ein großer Durchbruch für die heimische automobile MCU-Industrie“, kommentierte kürzlich das Halbleiter-Fachportal Bandaoti Hangye Guancha. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass chinesische MCU-Hersteller dringend neue Märkte erobern müssen. Denn der heimische Markt für einfache Mikrocontroller steht aktuell massiv unter Druck. Genau dies ist bislang der Hauptmarkt für die meisten chinesischen Hersteller.

Bislang kommen nur wenige zertifizierte Automotive-Chips aus China

Solche Chips, die für die hohen Sicherheits- und Zuverlässigkeitsanforderungen der Autoindustrie zertifiziert sind, werden derzeit nur zu fünf Prozent von chinesischen Unternehmen hergestellt. Doch der schnell steigende Absatz von Elekroautos in China mit immer intelligenteren Funktionen sorgt gerade für eine Verschiebung im Markt.

Hatten sich chinesische Chiphersteller früher stets auf einfachere MCU-Produkte konzentriert, etwa auf Chips für die Kontrolle von Scheibenwischern, Fensterhebern oder bestenfalls mal einen elektronisch aufgepeppten Rückspiegel, so geben sie neuerdings große Summen für die Forschung und Entwicklung von Kontrollchips auch im gehobenen Segment aus.

Große chinesische Autohersteller investieren in eigene MCUs

Nicht nur SemiDrive, auch der führende chinesische Hersteller von Elektro- und Hybridautos, BYD, investiert stark in die eigene Produktion von MCUs. Der Autobauer versucht, möglichst viele wichtige Komponenten seiner Autos selbst herzustellen, um so möglichst kostengünstig und autark wirtschaften zu können.

Die automobilen 32-Bit-Controller „BF7006AMXX“ von BYD werden in hohen Stückzahlen in den eigenen Automodellen der Marken BYD Han und BYD Tang, sowie in anderen Modellen des Unternehmens verbaut. BYD verkauft sie aber auch auf dem Markt an andere OEM.

Konkurrenz aus China für Highend-MCUs nimmt zu

Noch sind solche Erfolge heimischer Produzenten in China eher die Ausnahme als die Regel, doch der Trend ist klar. Angefeuert von der Politik der kommunistischen Staats- und Parteiführung, die als Reaktion auf die Chip-Boykotte aus Washington die „heimische Substitution“ der Halbleiter-Industrie fördert, stürzen sich jetzt immer mehr chinesische Unternehmen auf das gehobene MCU-Segment.

„Europäische Mikrocontroller sehen sich mit wachsender Konkurrenz aus China konfrontiert,“ schreibt auch die Marktforschungsagentur Yole in einem aktuellen Bericht.

Riesenmarkt: Fast 40 Prozent der in China verbrauchten Mikrocontroller verbauen Autohersteller und Automotive-Zulieferbetriebe in ihre Produkte. Doch nur 5 Prozent davon stammen aus heimischer Fertigung.
Riesenmarkt: Fast 40 Prozent der in China verbrauchten Mikrocontroller verbauen Autohersteller und Automotive-Zulieferbetriebe in ihre Produkte. Doch nur 5 Prozent davon stammen aus heimischer Fertigung.
(Bild: Asia Waypoint)

Laut Yole wird es in der ersten Jahreshälfte 2024 global gesehen einen leichten Einbruch des Marktes geben, unter anderem als Spätfolge der Corona-Maßnahmen und aufgrund globaler Spannungen, aber langfristig wird der MCU-Industrie ein gesundes Wachstum vorhergesagt. Bis 2028 wird ein globaler Marktwert von 32 Milliarden US-Dollar produziert – und der wird zu einem immer größeren Teil in China generiert.

Steigender Bedarf für leistungsstarke MCUs

Der steigende Bedarf für immer leistungsstärkere Mikrocontroller in der Autoindustrie, für Anwendungen wie Chassis-Kontrolle, Elektromotoren, Fahrassistenz (ADAS) oder Batterie-Management-Systeme (BMS), lässt diese lukrative Industrie schnell wachsen. Und dafür werden leistungsstarke MCUs benötigt.

Dies wiederum ruft immer mehr chinesische Hersteller auf den Plan, die früher vor allem billige MCU für Unterhaltungselektronik hergestellt haben. Diese steigen meist zuerst in das untere Marktsegment ein, beginnen aber gleichzeitig ihre Versuche, auch Top-MCUs zu entwickeln. Dazu zählen Unternehmen wie China Micro Semicon, Fudan Microelectronics, Nations Technologies, AutoChips, Xiaohua Semiconductor, Beijing Ingenic und andere.

„Kungfu“-Architektur: Chinas Führung fördert Autochip-Startups

Darüber hinaus fördert die chinesische Regierung Startups, die sich von Anfang an auf die Herstellung von Autochips spezialisiert haben, darunter etwa ChipOn, das seit 2012 an automobilen MCU mit seiner selbst entwickelten „Kungfu“-Architektur arbeitet und diese seit 2019 in ersten Serien produziert.

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„Ganz generell gilt, dass chinesische Chiphersteller mit Macht auf den Markt für Autochips drängen, was gut ist für das gesamte Ökosystem unserer heimischen Autoindustrie,“ schreibt Bandaoti Hangye Guancha. Weniger gut ist dies für Infineon und Co. (me)

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