Verschärfter Wettbewerb Chinas Mikrocontroller-Hersteller unter Druck

Von Henrik Bork Lesedauer: 4 min

Gute Nachrichten für Infineon, NXP und andere aus Sicht Chinas ausländische Chiphersteller: Während hochwertige Mikrocontroller preisstabil bleiben, bricht chinesischen Herstellern der Markt für einfache MCUs weg. Viele kämpfen mit Rabatten ums Überleben.

Hochwertige Automotive-Controller wie die Aurix- und Traveo-Serien von Infineon profitieren vom E-Auto-Boom – während der chinesische Markt für einfache MCUs bröckelt. Das macht vor allem chinesischen Herstellern zu schaffen.
Hochwertige Automotive-Controller wie die Aurix- und Traveo-Serien von Infineon profitieren vom E-Auto-Boom – während der chinesische Markt für einfache MCUs bröckelt. Das macht vor allem chinesischen Herstellern zu schaffen.
(Bild: Infineon Technologies)

Die Bonanza auf dem chinesischen MCU-Markt legt gerade eine Zwangspause ein. Die Nachfrage ist gesunken und viele chinesische Hersteller müssen starke Rabatte gewähren, um den Wettbewerb zu überleben. Nur die Preise für hochwertige Spitzenprodukte, etwa für die Autoindustrie, sind noch stabil – gute Nachrichten für Infineon, NXP und andere ausländische Markenhersteller.

Abfallend: Auch große chinesische Mikrocontrollerhersteller wie Gigadevice haben im letztn Jahr Federn lassen müssen. Besonders Hersteller von einfachen MCUs sind von der Absatzflaute in der Consumer-Elektronik betroffen.
Abfallend: Auch große chinesische Mikrocontrollerhersteller wie Gigadevice haben im letztn Jahr Federn lassen müssen. Besonders Hersteller von einfachen MCUs sind von der Absatzflaute in der Consumer-Elektronik betroffen.
(Bild: Asia Waypoint)

Die Lieferengpässe der vergangenen zwei Jahre für Microcontroller Units (MCU), ausgelöst durch übertriebene Corona-Massnahmen, geopolitische Spannungen und ein explosives Wachstum in bestimmten Segmenten der Elektronik- und Autoindustrie, sind in China inzwischen ein Ding der Vergangenheit.

Auftragsbestände für einfache MCUs abgeschmolzen

Stattdessen sind die Auftragsbücher vieler Hersteller relativ dünn, Lagerbestände werden abgebaut. Vor allem Großhändler gewähren mittlerweile Rabatte von bis zu 30 Prozent. Der Abschwung betrifft vor allem MCU der unteren und mittleren Preisklasse, die für Verbraucherelektronik und einfache Aufgaben in Autos gebraucht werden.

Bei hochwertigeren Produkten, etwa für Domain Controller in E-Autos, ist der Markt noch stabil, doch auch da zeichnet sich bereits ein Rückgang der schlimmsten Engpässe und eine Verkürzung der nach wie vor langen Lieferzeiten ab.

Nach exzessiver Investitionsphase: Marktbereinigung beginnt

Das explosive Wachstum auf dem MCU-Markt hatte in den vergangenen Jahren die Investoren angelockt. Viele neue Player drängten auf den Markt und eine Reihe dieser chinesischen Newcomer war mit großzügigen Krediten finanziert worden. Allein im vergangenen Jahr hätten „fast 20 chinesische Unternehmen damit begonnen, automobilfähige MCU-Produkte auf den Markt zu bringen“, berichtet das chinesische Chip-Portal Quanqiu Bandaoti Guancha.

Jetzt haben besonders diese Neueinsteiger mit dem wieder deutlich verschärften Wettbewerb zu kämpfen. „Das goldene Fenster für Automobil-MCU schließt sich, wer kann überleben?“, fragt das Fachportal. Schon reden Analysten von einer bevorstehenden Konsolidierung unter den Chip-Herstellern in China.

Schon seit vergangenem Jahr sind die Umsätze großer chinesischer MCU-Produzenten wie GigaDevice, Zhongying Electronics, Nations Technologies oder Chipsea Tech im Vorjahresvergleich gesunken. Der Abwärtstrend setzt sich auch in diesem Jahr fort. Besonders die Konjunkturflaute auf dem Markt für Verbraucherelektronik in den USA und Europa, für den sehr viel in China gefertigt wird, macht sich bemerkbar.

Absatzboom für E-Autos hält in China an

Im Gegensatz zu diesem Schwächeln des MCU-Marktes für Anwendungen in elektronischen Geräten hält der Boom bei hochwertigen Produkten für die Autoindustrie auch in diesem Jahr noch an. Der Absatz von E-Autos hat sich allein in China im vergangenen Jahr beinahe verdoppelt und er steigt auch in anderen Weltregionen.

Davon profitieren die internationalen Markenhersteller, deren Qualität und Lieferkapazitäten seit langem erprobt sind, die also nicht erst lange Zertifikations-Phasen durchlaufen und die OEM von ihren Produkten überzeugen müssen.

Während der Umsatz vieler chinesischer Hersteller gerade sinkt, konnte Infineon seinen Umsatz für Automotive-MCUs 2022 um 88 Prozent steigern, auch dank der vielen Bestellungen aus China. Auch NXP kann gar nicht so viele Autochips produzieren, wie in China bestellt werden und das Unternehmen konnten seine Umsätze dafür vergangenes Jahr um 25 Prozent steigern. Bei Renesas war es ein Plus von mehr als 42 Prozent.

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Ernsthafte Konkurrenten machen Fortschritte

Das heißt jedoch keinesfalls, dass sich Infineon und Co. auf ihren Lorbeeren ausruhen könnten. „MCU-Lieferanten in China sind schnell aus dem Boden geschossen und machen sehr schnell Fortschritte“, zitiert das chinesische Fachmedium Jiwei aus einem aktuellen Marktbericht von JW Insights vom Anfang dieses Jahres.

Vor allem technologisch versierte chinesische Herausforderer wie BYD Semiconductor, ChipOn, Chipways oder AutoChips arbeiten mit Hochdruck daran, vom unteren und mittleren Marktsegment aus immer weiter in die bisherige, hochpreisige Domäne der internationalen Marktführer vorzustoßen, etwa 32- und 64-Bit-Mikrocontroller.

Chinas angestrebte Selbstversorgung spielt heimischen Chipherstellern weiter in die Hände

Vor dem Hintergrund des Handelskonfliktes zwischen Washington und Peking und der anschwellenden „Abhängigkeitsdebatte“ in der EU sieht sich die chinesische Führung in ihrer Strategie bekräftigt, bei Chips die „heimische Substitution“ voranzutreiben, also heimische Hersteller zu fördern.

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Diese Politik bedeute weiterhin eine „goldene Chance“ für heimische, chinesische Produzenten, heißt es in dem Bericht von JW Insights. Sie seien oft mit den relativ einfachen Body-Control-Chips für Autos gestartet. Im laufenden Jahr könne man aber erwarten, dass immer mehr von ihnen auch höherwertige MCU für die gesamte Domain-Kontrolle, Motorkontrolle und den Powertrain von E-Autos auf den Markt bringen werden. (me)

* Henrik Bork ist Managing Director und Analyst bei Asia Waypoint, einem auf den asiatischen Markt fokussierten Beratungsunternehmen mit Sitz in Peking.

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