20 Jahre Deutsches Flachdisplay-Forum Von der Netzwerk-Idee zur internationalen Display-Community

Von Caroline Hof*

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Mit seinen Workshops, Netzwerk- und Working-Group-Treffen ist das Deutsche Flachdisplay-Forum immer am Puls der Display-Branche. Knapp 100 Mitglieder zählt das DFF heute. Der Ursprung ist eine im Jahr 2000 gegründete VDMA-Gruppe.

Klaus Wammes (links) baute sich in den Gründerjahren ein regionales Netzwerk auf und kooperierte mit unterschiedlichen Unternehmen.
Klaus Wammes (links) baute sich in den Gründerjahren ein regionales Netzwerk auf und kooperierte mit unterschiedlichen Unternehmen.
(Bild: DFF)

Fachlicher Austausch ist das A und O, um neue technologische Ideen zu entwickeln und voranzutreiben. Fehlt er, geraten Projekte leicht ins Stocken. Diese Erfahrung machte bereits 1992 Klaus Wammes, Geschäftsführer der Wammes & Partner in Gundersheim in Rheinland-Pfalz, in der Gründungsphase seines Unternehmens der elektronischen Displays.

„Ich erhielt damals einen Großauftrag der Bundesmarine. Dafür suchte ich händeringend nach Projektpartnern“, sagt Wammes im Rückblick. „Mich mit anderen Experten auszutauschen, die sich in allen Belangen rund um Displays auskennen, diese auch produzieren und bei bestimmten Fragen weiterhelfen können, hätte mir damals sehr geholfen.“

Deutschlandweit hielt er Ausschau nach einem Netzwerk für Firmen und Organisationen zum Thema Displays – vergeblich. Den Auftrag musste er schließlich alleine abwickeln. Doch die Idee einer Austauschplattform für Display-Experten ließ ihn nicht los.

Innerhalb der folgenden zwei Jahre baute sich Wammes ein regionales Netzwerk auf, kooperierte mit der Bundeswehr und namhaften Großunternehmen. Doch die kritische Masse, um eine Experten-Plattform zu starten, kam nicht zustande. Im Sommer 1998 wendete sich das Blatt plötzlich: Wammes veröffentlichte einen Durchbruch bei 3D-Flachdisplays. Mehrere Fachmedien griffen die technologische Ankündigung auf. Displays wurden zum Gesprächsthema.

Netzwerk-Idee: Wirtschaft und Politik sind gefragt

Die zunehmende mediale Aufmerksamkeit für Display-Themen erleichterte es Wammes in den folgenden Monaten, seine Netzwerk-Idee weiter voranzutreiben: Im August 1998 traf er Klaus Hagemann, Mitglied des Deutschen Bundestages. Dieser rief zusammen mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft und Fachhochschulen das regionale Technologie-Forum in Rheinhessen ins Leben. Gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz, Hans-Artur Bauckhage, initiierte Hagemann in der Folge ein Treffen zwischen Wammes und Prof. Dr. Wolfgang Ehrfeld, Geschäftsführer des Fraunhofer-Instituts für Mikrotechnik und Mikrosysteme (IMM) in Mainz. Ehrfeld sollte später eine entscheidende Rolle bei der DFF-Gründung spielen.

Ungefähr zeitgleich startete das Stuttgarter Joint Venture ADT (Angewandte Display-Technologie) als gemeinsames Projekt von Bosch, Siemens und Ericsson. Das Geschäftsmodell: kundenspezifische TFT-LCDs für Automotive, Transportwesen, Mobiltelefone und Spezialanwendungen in Deutschland und der Europäischen Union möglichst in Kundennähe herzustellen.

Doch trotz der durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zur Verfügung gestellten Fördergelder in Millionenhöhe scheiterte das Vorhaben früh. Hauptgrund: Die Projektteilnehmer konnten sich nicht über die Finanzierung einer Produktionslinie einigen.

Experten aus Deutschland und Europa

Dr. Werner Becker, langjähriges DFF-Vorstandsmitglied und damals bei der Merck KGaA im technischen Kunden- und Produktmanagement tätig, war seitens Merck in das Projekt involviert und erinnert sich zurück: „Das ADT-Projekt brachte erstmals Experten aus Deutschland und Europa zusammen und bündelte ihr wertvolles Know-how über angewandte Display-Technologien. Als das Projekt scheiterte, drohte dieses Wissen zu versanden – und die Fördergelder des BMBF wären umsonst vergeben worden.“

Eine schnelle Lösung musste her: Prof. Dr. Wolfgang Ehrfeld vom IMM ergriff die Initiative. Er wollte das Expertenwissen sammeln und als Treiber für neue Technologieentwicklungen nutzen. Rückblickend ist es für Becker vor allem ihm zu verdanken, dass es wenig später zur DFF-Gründung kam. Auf Betreiben des BMBF traf sich im Oktober 1998 die Crème de la Crème der deutschen und europäischen Flachdisplaybranche in St. Augustin bei Bonn.

Hersteller, Komponentenlieferanten, Anlagenbauer, Systemintegratoren, Anwender und Hochschulforscher saßen damals erstmals an einem Tisch. Auch Klaus Wammes nahm teil. Nach diesem Treffen entwarf er gemeinsam mit Ehrfeld das Konzept eines ersten Arbeitstreffens. Damit fiel der Startschuss für die Experten-Plattform, die Ehrfeld in den ersten Jahren stark vorantrieb.

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Das Deutsche Flachdisplay-Forum war geboren

Zunächst hatte das DFF mit Wolfgang Mildner (links) und Prof. Dr. Wolfgang Ehrfeld (rechts) zwei Vorsitzende.
Zunächst hatte das DFF mit Wolfgang Mildner (links) und Prof. Dr. Wolfgang Ehrfeld (rechts) zwei Vorsitzende.
(Bild: DFF)

Im Januar 1999 fand das erste Arbeitstreffen einschlägiger Display-Experten statt. Und im Februar 2000 wurde das Deutsche Flachdisplay-Forum als Gruppe innerhalb des VDMA mit den zwei Vorsitzenden Prof. Dr. Wolfgang Ehrfeld und Wolfgang Mildner, Leiter des Bereichs Innovative Business bei Siemens, gegründet. Von Beginn an sammelte das DFF Expertenwissen – und gab es weiter: Regelmäßige Schulungen und Workshops zu Display-Grundlagen und Schwerpunktthemen wie Display-Spezifikationen für Automotive-Anwendungen, Systemintegration, Messverfahren und Innenbeleuchtung gehören seit 2001 zum Kernangebot.

„An den Workshop-Meetings habe ich immer sehr gerne teilgenommen“, blickt Dr. Werner Becker zurück. „Mich mit Branchenkollegen über unterschiedlichste Display-Themen austauschen zu können, habe ich sehr geschätzt.“ Oft schlossen sich an die Treffen auch Firmenbesichtigungen an. Zudem seien die Hilfsbereitschaft und der Austausch unter den Branchenexperten immer sehr gut gewesen: „Hatte ich ein Problem, das ich alleine nicht lösen konnte, fiel mir immer ein DFF-Kontakt ein, bei dem ich mich melden konnte.“

Vom VDMA zum eigenständigen Verein

Regelmäßige Schulungen und Workshops zu Display-Grundlagen und Schwerpunktthemen gehören seit 2001 zum Kernangebot. Links im Bild Prof. Karlheinz Blankenbach.
Regelmäßige Schulungen und Workshops zu Display-Grundlagen und Schwerpunktthemen gehören seit 2001 zum Kernangebot. Links im Bild Prof. Karlheinz Blankenbach.
(Bild: DFF)

Das DFF traf einen Nerv der Branche. Das zeigt das Wachstum seit der Gründung: Im April 2003 zählte das DFF bereits 78 internationale, entlang der gesamten Wertschöpfungskette angesiedelte Unternehmen und Forschungsinstitute als Mitglieder. „Vor allem dem langjährigen ersten Vorsitzenden des DFF, Prof. Dr. Karlheinz Blankenbach von der Hochschule Pforzheim, ist es zu verdanken, dass unsere Mitgliederzahlen in dieser Zeit sehr stark gestiegen sind“, sagt Becker.

Doch mit der Zeit kristallisierte sich immer mehr heraus: Der VDMA und die DFF-Gruppe verfolgten unterschiedliche Ziele. Das ursprüngliche Anliegen, Wissen für Maschinen- und Anlagenbau zu sammeln, war längst in den Hintergrund gerückt. Dieser Interessenskonflikt ließ sich auch an den Mitgliederzahlen ablesen: Sie gingen stark zurück. „Blankenbach setzte sich dann damals besonders dafür ein, das DFF als eigenständigen Verein zu gründen“, erzählt Becker. Ausgehend von der Initiative Blankenbachs, löste sich das DFF 2014 offiziell vom VDMA. Seit 2015 agiert es als eingetragener Verein – flexibler und mit besserem Service für seine Mitglieder. Seitdem steigen die Mitgliederzahlen wieder.

Lebendige Networking-Plattform

Das Automotive Platform Meeting im November 2019 bei EuropTec in Goslar.
Das Automotive Platform Meeting im November 2019 bei EuropTec in Goslar.
(Bild: DFF)

Heute ist das DFF zu einem starken und heterogenen Expertennetzwerk angewachsen: Mit aktuell knapp 100 Mitgliedern aus mehr als 80 internationalen Unternehmen, Hochschulen und Forschungsinstituten entlang der gesamten Wertschöpfungskette hat es sich als Plattform für Display-Experten in Deutschland etabliert und gewinnt auch international immer mehr Aufmerksamkeit. Viermal jährlich treffen sich die drei Working Groups Durability Plus, Automotive OLED und System Integration mit dem Ziel, neue Versionen der OEM-Spezifikationen zu erarbeiten.

Wir möchten das DFF-Netzwerk künftig noch weiter zu einer lebendigen Networking-Plattform ausbauen. Digitale Formate werden uns dabei helfen. Wir möchten unseren Verein in der Display-Community noch bekannter machen, Expertenwissen zusammenführen und Fachleute deutschland- und weltweit miteinander verknüpfen.

Hartmut Heske, General Manager DFF

Die wissenschaftliche Community anbinden

Dr. Armin Wedel ist 1. Vorsitzender des DFF und Bereichsleiter beim Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam.
Dr. Armin Wedel ist 1. Vorsitzender des DFF und Bereichsleiter beim Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam.
(Bild: DFF)

Dr. Armin Wedel, 1. Vorsitzender des DFF und Bereichsleiter beim Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam, ist es ein Anliegen, weitere Forschungseinrichtungen für das Expertennetzwerk zu gewinnen: „Ich wünsche mir, das DFF in den nächsten Jahren noch mehr an die wissenschaftliche Community anzubinden, Erfahrungen mit der Industrie auszutauschen und auch neueste Forschungsergebnisse in die Industrie zu überführen.“

Interview mit Dr. Armin Wedel

Herr Dr. Wedel, in Deutschland sollte vor 20 Jahren eine eigene Display-Produktion aufgebaut werden. Damals war noch die Röhrentechnik verbreitet. Warum war damals die Hoffnung so groß, eine landeseigene Displayfertigung zu etablieren?

Ich habe zwar die Anfangsjahre des DFF nicht im Detail verfolgt, aber ich denke, es bestand die Hoffnung, mit starken Industriepartnern in Deutschland eine solche Schlüsselposition in der Fertigung neuartiger Displays einzunehmen. Lokaler Bedarf und die Bereitschaft der Beteiligten waren zu diesem Zeitpunkt vorhanden.

Im Gespräch waren deutsche Maschinen- und Anlagenbauer. Bosch war einer der Pioniere. Woran ist es schlussendlich gescheitert?

Letztendlich fehlte die unternehmerische Entscheidung. Man hat sich dann nicht wirklich getraut – und es gab eine Fehleinschätzung des globalen Bedarfs und der Geschwindigkeit, mit der die neuen Technologien bestehende „alte“ Technologien ablösen können und werden. Heute dagegen sind Materiallieferanten und sogenannte Hidden Champions (beispielsweise Integratoren, Maschinenbau) sehr gut für die Displayproduktion aufgestellt und erwirtschaften Gewinne in Deutschland.

Daraus hat sich ein Forum für Firmen gegründet, die sich mit Display-Technik beschäftigen. Was war damals die Motivation und wie haben sich die Themen in den letzten Jahren gewandelt – was sind die drängendsten Fragestellungen?

Die Motivation bestand damals darin, Kräfte zu bündeln, damit die teilnehmenden Firmen gemeinsam eine Wertschöpfungskette für die Displayproduktion aufstellen konnten. Heute stehen vor allem der Austausch von Informationen zu neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Displays im Vordergrund. War in den letzten Jahren überwiegend die Automobilindustrie an der Entwicklung neuester Technologien interessiert, sind es heute Display-Anwender aus allen Bereichen der Wirtschaft, von der einfachen Anzeige bis zum Spezialdisplay in der Medizin. Hier geht es vor allem um individuelle Lösungen, Verfügbarkeit und hohe Qualität.

Sie kommen aus dem Forschungsumfeld. Wie können Wissenschaft, Forschung und Industrie praxisnah zusammenarbeiten und Ergebnisse für die Display-Branche liefern?

In Deutschland war die Displayforschung schon immer sehr stark, auch durch die Forschungsförderung. Gerade in den Jahren 2000 bis 2010 ist Spitzenforschung vor allem in den Displaytechnologien (beispielsweise OLED-Technik) und in den letzten Jahren auch im Bereich der Quantenmaterialien entstanden. Insbesondere die Materialforschung und hochspezialisierte Anwendungen sind auf einem hohen Niveau.

Von Seiten der Industrie gibt es verschiedene Konkurrenzveranstaltungen. Wie kann sich der DFF inhaltlich abgrenzen und gleichzeitig das Interesse der Industrie auf sich lenken?

Das DFF ist vor allem ein Industrieverband. Das lässt sich schon aus der Mitgliederstruktur ableiten. Uns ist es im Gegensatz zu rein wissenschaftlichen und anderen Industrieveranstaltungen gelungen, das Interesse der sich verändernden Industrie immer wieder zu wecken und neue Aspekte aufzunehmen. Wir öffneten uns für Maschinenbauer und Elektronikentwickler, wir haben Materialspezialisten und Messexperten an Bord. Auch unsere Auftritte im German Pavilion auf der SID Display Week zeigen, dass wir es schaffen, die Industrie zusammenzubringen.


* Caroline Hof ist Technologieredakteurin, PR- und Digital-Marketing-Beraterin in München.

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