Stitching-Kondensatoren: Welche Arten gibt es und wie setzt man sie ein?

Autor / Redakteur: Thomas Brand * / Kristin Rinortner

Ist eine galvanische Trennung erforderlich, eignen sich digitale Isolatoren, die Signale induktiv und als kurze Impulse kodiert über die Trennstrecke übertragen. In diesem Analogtipp erläutern wir, wie Sie durch geschicktes Layout und Stitching-Kondensatoren Störungen und Rauschen verringern.

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Stitching-Kapazitäten: Wie Sie die EMV bei galvanisch getrennten Anwendungen durch integrierte Stitching-Kondensatoren verbessern.
Stitching-Kapazitäten: Wie Sie die EMV bei galvanisch getrennten Anwendungen durch integrierte Stitching-Kondensatoren verbessern.
(Bild: VCG)

Digitale Isolatoren wie die Familie ADuM140x sind gegenüber Optokopplern oft günstiger, platz- und stromsparender und arbeiten zuverlässiger. Allerdings können die kurzen Datenimpulse Stromspitzen verursachen, die wiederum zu erhöhter Störaussendung und Rauschen führen.

Durch geschicktes Layout, insbesondere bei Multilagen-Leiterplatten, kann man dem gezielt entgegenwirken. So empfiehlt es sich beispielsweise, separate Lagen für Masse, Signale und Versorgung zu verwenden. Ferner sollten Masse- und Potenzialflächen gleichmäßig zueinander ausgeführt sein. Bei getrennten Flächen helfen Stitching-Kondensatoren, die Störungen zu verringern.

Stitching-Kondensatoren sind eine Art Bypass-Kondensatoren, welche an die unterschiedlichen Potenzialflächen von Leiterplatten „angeheftet“ werden und dadurch Rückführpfade für hochfrequente Störströme, wie sie beispielsweise durch digitale Isolatoren aufkommen, zu ihren Quellen ermöglichen. Dabei gilt, je näher der Stitching-Kondensator an der Störquelle platziert und damit je kleiner die Rückführschleife ist, desto geringer ist die Störausstrahlung.

Die Bausteine können als Keramikkondensatoren ausgeführt sein, lassen sich jedoch auch durch geschicktes Layouten bzw. durch eine überlappende Anordnung der Masse- und Versorgungsflächen auf der Leiterplatte realisieren.

Ferner bilden die Signalströme elektromagnetische Felder aus, die den Signalen folgen und sich gleichzeitig in die parallelen Lagen und deren Potenzialflächen einkoppeln. Kreuzt eine Signalleitung eine unterbrochene Fläche, kann das Magnetfeld nicht folgen. Es kommt zu differenziellen Strömen, die die Störausstrahlung erhöhen. Stitching-Kapazitäten zwischen Signalleitung und Massefläche verhindern dies.

Die diskrete Stitching-Kapazität

Werden diskrete Stitching-Kapazitäten als Entstörkondensatoren eingesetzt, müssen Nennspannung und Impulsfestigkeit beachtet werden. Die Kondensatoren sind in verschiedene Schutzklassen (X, Y) eingeteilt. X-Kondensatoren werden in der Regel zwischen Phase und Nullleiter oder zwischen Phasen eingesetzt, bei denen ihr Ausfall durch Kurzschluss nicht zu einem elektrischen Schlag führen kann.

Tabelle 1: Klassifizierung von Entstörkondensatoren.
Tabelle 1: Klassifizierung von Entstörkondensatoren.
(Bild: Analog Devices)

Y-Kondensatoren kommen zwischen Phase und Nullleiter gegen den Schutzleiter zum Einsatz, wo auch die Gefahr eines Stromschlags bestehen kann. Eine Übersicht der verschiedenen Schutzklassen ist in Tabelle 1 angegeben.

Es gibt aber auch Entstörkondensatoren, die beide Schutzklassen erfüllen. Diese werden beispielsweise als X1/Y2-Typen bezeichnet. Diskrete Stitching-Kapazitäten wirken meist bis zu Frequenzen von 200 MHz. Für höhere Frequenzen sind in der Leiterplatte integrierte, überlappende oder „schwebende“ Anordnungen der Potenzialflächen effektiver.

Bild 1: Struktur einer überlappenden Stitching-Kapazität.
Bild 1: Struktur einer überlappenden Stitching-Kapazität.
(Bild: Analog Devices)

Überlappende Stitching-Kapazitäten

Überlappende Stitching-Kapazitäten entstehen, wenn sich zwei Flächen überschneiden (Bild 1). Die Kapazität entsteht hier im Spalt unter dem Isolator, wo die obere und untere Fläche aufgrund erforderlicher Luft- und Kriechstrecken frei bleiben müssen. Die Kapazität wirkt dabei auf eine relativ große Fläche und hat entscheidenden Einfluss auf das Störverhalten.

Ratsam ist es, diese Technik, wenn möglich, in den inneren Lagen anzuwenden, da hier im Gegensatz zu den äußeren Lagen geringere Anforderungen an Luft- und Kriechstrecken bestehen. Überlappende Stitching-Kapazitäten eignen sich daher eher für Platinen mit wenig Platz und bei denen eine Basisisolation genügt.

Bild 2: Struktur einer „schwebenden“ Stitching-Kapazität.
Bild 2: Struktur einer „schwebenden“ Stitching-Kapazität.
(Bild: Analog Devices)

Schwebende Stitching-Kapazitäten

Auch sogenannte „schwebende“ (engl. floating) Kapazitäten können die voneinander isolierten Flächen koppeln. Der Aufbau einer schwebenden Stitching-Kapazität ist in Bild 2 zu sehen. Die Bezugsebenen sind in blau und orange dargestellt, die schwebende Koppelebene in grün.

Durch diese Struktur entstehen zwei Kapazitäten, die schattiert dargestellt sind. Damit sich auf der Koppelebene keine Gleichspannung ansammelt, sollten die Flächen der beiden isolierten Seiten gleich groß sein. Durch die zwei Spalten eignet sich diese Struktur insbesondere für Applikationen mit erhöhten Isolationsanforderungen, bei denen auch mehr Platz vorhanden ist.

Im Vergleich zu überlappenden Stitching-Kapazitäten wird bei gleicher Fläche allerdings nur die halbe Kapazität erreicht.

Fazit: Zusätzliche Stitching-Kapazitäten reduzieren die Störungen, allerdings lassen sich die Störungen nicht ganz vermeiden. Der Rauschanteil kann durch Stitching-Kapazitäten entscheidend verringert werden, weshalb sie vor allem bei Präzisionsmessanwendungen berücksichtigt werden sollten.

* Thomas Brand arbeitet als Field Applications Engineer bei Analog Devices in München.

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