So will China Innovations- und Technologieführer werden

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Ein neues Strategiepapier der chinesischen Staatsführung gewährt interessante Einblicke, wie China in den nächsten 15 Jahren zum globalen Innovationsführer in wichtigen Technologiebereichen werden will. Dabei setzt das Land auch auf eine „grüne Revolution“.

Verzahnt: China fördert gezielt Hochtechnologien, die in Anwendungen wie der Entwicklung und Nutzung alternativer Energien oder Biotechnologien ineinander greifen.
Verzahnt: China fördert gezielt Hochtechnologien, die in Anwendungen wie der Entwicklung und Nutzung alternativer Energien oder Biotechnologien ineinander greifen.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay)

China plant langfristig. Das zeigt einmal mehr ein neues Dossier des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) mit Entwicklungsvorschlägen für die Wirtschaft. Darin haben die Staatenlenker der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt umrissen, mit welchen Maßnahmen China in den nächsten 15 Jahren zu einem globalen Innovations- und Technologieführer werden soll. „Durchbrüche bei den Schlüssel- und Kerntechnologien“ stehen dabei ganz oben auf der Agenda.

Das Land strebt demnach eine „innovationsgetriebene Entwicklung“ an und will eine Reihe strategischer Projekte in den Bereichen künstliche Intelligenz, Quantentechnologie, integrierte Schaltkreise, Leben und Gesundheit, Hirnforschung, Zucht, Luft- und Raumfahrtwissenschaft und -technologie sowie Erforschung der Tiefen der Erde und der Ozeane umsetzen.

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Nach offizieller Lesart enthält das Dokument „Vorschläge der Parteiführung zur Ausarbeitung des 14. Fünfjahresplans (2021-2025, FJP) für die nationale wirtschaftliche und soziale Entwicklung“ sowie die langfristigen Ziele bis zum Jahr 2035. Es wurde auf der fünften Plenarsitzung des 19. Zentralausschusses der KPCh angenommen.

Wissenschaft und Technik: China will eigenständig werden

Die Wild-West-(Wirtschafts-)Politik des noch amtierenden US-Präsidenten Trump – erst schnell aus der Hüfte schießen, dann (vielleicht) Schaden begrenzen – hat China in seinem Bestreben Nachdruck verliehen, schneller eigenständiger und von westlichen Techniken unabhängiger zu werden. Tatsächlich sieht China „die Eigenständigkeit in Wissenschaft und Technologie als strategische Grundlage für die nationale Entwicklung“.

Beispielsweise hat die kaum verhohlene Drohung der US-Administration, dass Chiphersteller TSMC kein Geschäft mehr mit amerikanischen Firmen machen darf, wenn es dem chinesischen Huawei Zugriff auf neuste Fertigungsverfahren auf Basis amerikanischer Technik gewährt, erhebliche Folgen: Im Herbst gingen Huawei die Highend-Chips für seine Smartphone-Topmodelle aus, und Samsung konnte den chinesischen Konzern von Platz 1 im Telefonmarkt verdrängen. Die Poleposition hatte Huawei erst im zweiten Quartal 2020 von Samsung übernommen.

Nach neusten Zahlen von Marktforscher IDC vom Oktober 2020 war Samsung mit einem Marktanteil von 22,7% größter Smartphone-Hersteller im dritten Quartal des Jahres 2020. Auf den Plätzen zwei und drei folgten Huawei und Xiaomi mit Marktanteilen von 14,7% beziehungsweise 13,1%. Apple lag mit 11,8% auf Rang vier.

Technologieeinkauf im Ausland

Wie China das Vorhaben umsetzen will, erklärt Wang Zhigang, Minister für Wissenschaft und Technologie, auf einer Pressekonferenz: „Zum einen werden wir unsere Fähigkeiten zur unabhängigen Innovation verbessern, weil Schlüssel- und Kerntechnologien nicht gekauft werden können.“ Darüber hinaus wolle man „fortschrittliche Erkenntnisse von anderen Ländern übernehmen“ – sprich: vielversprechende Firmen im Ausland kaufen.

Gleichzeitig wolle sein Land „mit unserer chinesischen Weisheit' mehr zur Bewältigung globaler Herausforderungen beitragen", fügte Wang hinzu. So sollen „mehr wissenschaftliche und technologische Errungenschaften Chinas mit der Welt“ geteilt werden. Angesichts des Kontrollwahns der Staatsführung, der aggresiven Rhetorik gegenüber dem Hochtechnologieland Taiwan sowie des Umgangs mit Demonstranten in der Sonderverwaltungszone Hong Kong und mit Minderheiten im eigenen Land könnten diese Aussagen durchaus als Drohung aufgefasst werden.

Das Dokument spricht Unternehmen eine „dominante Rolle“ im Innovationsprozess zu. Entsprechend soll ihre Fähigkeit zur Innovation verbessert werden. Dafür will China den Bau nationaler Laboratorien fördern, nationale Wissenschaftszentren und regionale Innovationszentren planen und entwickeln sowie die Bildung internationaler Wissenschafts- und Technologie-Innovationszentren in Peking, Shanghai und der Guangdong-, Hong Kong-, Macao-Greater-Bay-Area unterstützen.

China will grün(er) werden: Klimaneutralität bis 2060

Zu „strategischen, aufstrebenden Industrien, deren Entwicklung beschleunigt werden soll“, zählt das Papier u. a. Informationstechnologie „der neuen Generation“, Biotechnologie, neue Energien, neue Materialien, High-End-Ausrüstung, mit alternativen Energien betriebene Fahrzeuge, Umweltschutz, Luft- und Raumfahrt- sowie Schiffsausrüstung.

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Als essenziell klassifiziert das Dokument die verstärkte Integration des Internets, von Big Data und künstlicher Intelligenz mit anderen Industrien und das Erleichtern der Cluster-Entwicklung bei fortschrittlichen Fertigungsverfahren. Wenig konkret beschreibt das Reich der Mitte noch den „Aufbau einer Reihe strategischer aufstrebender Industrien als neue Wachstumsmotoren und die Förderung neuer Technologien, neuer Produkte, neuer Geschäftsmodelle und neuer Geschäftsformen“.

Weltweit größter CO2-Emittent mahnt nötige „grüne Revolution“ an

Quasi zwischendurch will China noch eine Reihe von Maßnahmen einführen, „um die allgemeine grüne Transformation der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zu erleichtern“, heißt es in dem Dokument. China wolle so die Menge der Kohlenstoffemissionen pro BIP-Einheit reduzieren. Dazu bemühe sich China, eine grüne Entwicklung und eine globale grüne Revolution in der Post-Covid-Ära zu fördern.

„Covid-19 erinnert uns daran, dass die Menschheit eine grüne Revolution in Gang setzen und sich schneller eine umweltfreundliche Lebensweise aneignen sollte", betonte Xi im September in seiner Ansprache bei der 75. Sitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Er forderte alle Länder auf, „entscheidende Schritte“ zu unternehmen, um das Pariser Abkommen zum Klimawandel von 2015 einzuhalten – und versprach, dass China „vor 2030 den Höhepunkt der CO2-Emissionen erreicht haben wird und vor 2060 die Kohlenstoffneutralität erreichen wird.“

Derartige Äußerungen vom Staatschef des seit Mitte der 2000er-Jahre mit weitem Abstand größten CO2-Emittenten klingen wahlweise realitätsfern – oder machen Hoffnung, dass tatsächlich ein Umdenken in den Köpfen der chinesischen Zentralorgane stattfindet. Klar ist: Wenn es jemand schnell schaffen kann, seine Volkswirtschaft umzukrempeln und auf grün zu „trimmen“, dann das zentral gesteuerte China.

China will sich weiter öffnen

Xis Administration verfolgt ein Ziel: Bis zum 100. Gründungsjubiläum der KPCh im nächsten Jahr soll „eine mäßig prosperierende Gesellschaft auf höherem Niveau zum Wohle von mehr als 1 Milliarde Menschen“ umfassend aufgebaut werden. In dieser Entwicklung soll der Binnenmarkt als Hauptstütze der eigenen Wirtschaft die zentrale Rolle einnehmen. Um die heimische Nachfrage anzukurbeln müssten die Einkommen der chinesischen Privathaushalte allerdings deutlich steigen. Bislang macht der Privatkonsum nur 38,5% des Bruttoinlandsprodukts aus – in Industrieländern sind es durchschnittlich 60%.

Neben der Stärkung des Binnenmarktes sollen sich „in- und ausländische Märkte gegenseitig ankurbeln können“. Dafür sei es nötig, dass sich China weiter als bisher öffne. Das Dokument beschreibt weiter, dass die Sonderverwaltungsregionen Hongkong und Macao dabei unterstützt werden sollen, „ihre Wettbewerbsvorteile auszubauen und ihre eigene Entwicklung in die Gesamtentwicklung des Landes zu integrieren“.

Unter dem Strich bietet das Dokument grundsätzlich wenig Überraschendes. Allerdings kann man davon ausgehen, dass die Staatsführung die nun offizielle Vorgaben und Richtlinien konsequent und mit Nachdruck verfolgen wird.

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