Leistungshalbleiter SiC-Halbleiter für Autos: Bosch punktet in China
Erst im Februar hatte Bosch kräftige Investitionen in seinen Standort Reutlingen angekündigt, unter anderem in die Fertigung von Siliziumkarbid-Halbleitern (SiC). Damit ist der Konzern derzeit sehr erfolgreich – zum Beispiel in China.

Der Elektronik-Sparte von Bosch ist ein erster Durchbruch beim Verkauf ihrer neuen Siliziumkarbid-Chips in China gelungen. Bosch beliefere den chinesischen Hersteller AccorPower Semiconductor, der wiederum die Module für die elektrische SEA-Plattform von Geely baue, berichtet das chinesische Fachportal NE Shidai.
Solche Partnerschaften mit chinesischen Unternehmen – in diesem Fall also zwischen drei Parteien – sind für deutsche Zulieferer der wohl beste Weg, ihre Produkte in den Lieferketten der chinesischen Autoindustrie zu verankern.
Das sind gute Nachrichten für die Konzernleitung in Stuttgart und auch die 8.000 Angestellten von Bosch in Reutlingen, wo das Unternehmen derzeit massiv in die Produktion eigener SiC-Halbleiter investiert. Erst im Februar dieses Jahres hatte man dort neue Investitionen in Höhe von 250 Millionen Euro in die Produktion von Siliziumkarbid-Halbleitern und MEMS angekündigt, nach mehreren Millioneninvestitionen ähnlicher Größenordnung in den Jahren davor.
E-Autos und 5G: SiC-Nachfrage in China boomt
Ein so beherzter Einstieg in die kapitalintensive Herstellung eigener Leistungshalbleiter ist selten in der Welt der „Tier-1“-Zulieferer, doch die derzeitige Entwicklung in China lässt die Strategie von Bosch als klug erscheinen. Dort boomt gerade die Nachfrage nach SiC-Chips, insbesondere getrieben von der schnell wachsenden Nachfrage nach E-Autos, aber auch vom schnellen Ausbau der 5G-Telekom-Netzwerke.
Die Chips auf der Basis von Siliziumkarbid gelten als bessere Wahl für MOSFETs und IGBTs, weil sie leichter und kleiner sind und zudem eine höhere Energiedichte und bessere thermische Leitfähigkeit haben. Motorcontroller etwa, die mit SiC-Halbleitern arbeiten, können so die Energie-Effizienz und Reichweite von E-Autos steigern. Immer mehr Unternehmen, darunter auch der Elektronik-Riese Foxconn aus Taiwan, sehen daher in der Entwicklung und Herstellung von SiC-Chips für die Autoindustrie neue Profitchancen.
Umstieg von 400 auf 800 V läuft
Ein Technologie-Trend, der derzeit in China die Nachfrage nach SiC-Chips für die Autoindustrie weiter beschleunigt, ist der allmähliche Umstieg der Hersteller von 400 auf 800 Volt bei den Elektroantrieben. Der Spannungshub sorgt für mehr Reichweite, vor allem aber verkürzt er die Ladezeit erheblich. Die Ansprüche an die Leistung der Chips steigen entsprechend und Silizium-Chips werden immer häufiger durch solche aus Siliziumkarbid ersetzt.
Das chinesische OEM Geely baut seine modulare SEA-Plattform in verschiedenen Ausführungen, darunter eben auch mit 800 Volt, und dies nicht nur für eigene Automodelle: Geely hat die Plattform erfolgreich an sieben andere Autohersteller verkauft, wo sie inzwischen in 16 Modellen verbaut wird. Autos von Volvo, der „Zeekr 001“ und auch das erste Robocar des chinesischen Suchmaschinen-Konzerns Baidu, der „Robo-01” fahren mit einer SEA-Plattform von Geely.
Bosch verhandele jetzt aber auch mit „vielen anderen SiC-Modul-Fabriken, Herstellern von Inverter-Technik und Autoherstellern“ über den Einsatz seiner SiC-Halbleiter, berichtet NE Shidai. Die Chancen sind vermutlich recht gut, denn obwohl Bosch mit den chinesischen Firmen BYD Semiconductor und CRRC Times Electric konkurriert, ist der Markt besonders bei hochwertigen SiC-Chips noch keineswegs gesättigt.
SiC im Fokus: Die Fördergelder sprudeln
Eine große Zahl von chinesischen Unternehmen hat die Produktion von SiC-Chips mittlerweile als lukrative Chance erkannt. Die Milliarden an Fördergeldern der Zentralregierung und auch von privaten Investoren sprudeln nur so. Unter anderem arbeiten gerade außer AccoPower auch die chinesischen Firmen BYD Semiconductor, StarPower, CRRC, Sanan Optoelectronics und China Resources Microelectronics an eigenen Kapazitäten im Bereich SiC für die Autoindustrie.
Politischer Rückenwind ist ihnen sicher. Die kommunistische Führung in Peking sieht in dem Aufbau einer heimischen Produktionskapazität für die jüngste Generation von Leistungshalbleitern einen Weg, sich von der Abhängigkeit von den USA zu lösen und fördert ihn daher stark.
Doch es wird noch eine Zeit dauern, bis die Chinesen die technisch herausfordernden SiC-Chips in ähnlicher Qualität liefern können wie Bosch oder Infineon. Vor dem Hintergrund des anhaltenden Chipmangels und der „800-Volt-Revolution“ in der chinesischen E-Mobilität sagen Marktforschungs-Agenturen wie Yole voraus, dass der globale Markt für SiC-Chips von einer Milliarde US-Dollar im vergangen Jahr auf mehr als sechs Milliarden Dollar im Jahr 2027 wachsen wird.
* Henrik Bork ist Analyst bei Asia Waypoint, einem auf den asiatischen Markt fokussierten Beratungsunternehmen in Peking.
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