Schneller Prototypenbau von Molded Interconnect Devices
Additive Fertigung in Kombination mit Laserlöten ermöglicht die schnelle und kostengünstige Herstellung von Funktionsmustern in kleinen Stückzahlen.
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Additive Fertigungsverfahren zeichnen sich durch eine hohe Flexibilität bei geringem Initialaufwand aus. Sie sind damit gerade für Funktionsmuster oder für kleine Losgrößen hochinteressant, weil sich die hohen Initialkosten für Werkzeugbau und Spritzguss vermeiden lassen.
Aufgrund der limitierten Temperaturbeständigkeit der bei additiven Fertigungsverfahren verwendeten Basismaterialien ist die SMD-Montage auf additiv gefertigten Molded Interconnect Devices (MID) mit elektronischen Komponenten bisher aber nur durch die Verwendung leitfähiger Kleber möglich, was Nachteile in Bezug auf die Zuverlässigkeit zur Folge haben kann. Die Bestückung additiv gefertigter MID mittels Löten war hingegen aufgrund der hohen Temperaturbelastung durch den Lötprozess bisher nicht möglich.
Prozesskette des Prototyping von MID mittels Laserlöten
Diese technologische Hürde konnte Hahn-Schickard jetzt in Zusammenarbeit mit der Häcker Automation GmbH und der Dr. Mergenthaler GmbH & Co KG im Rahmen eines ZIM-Projekts durch den Einsatz von Laserlöten überwinden.
Die Prozesskette für das Rapid Prototyping von MID mittels Laserlöten ist in Abb. 1 dargestellt. Zunächst wird der 3D-Grundkörper mittels Digital Light Processing (DLP) additiv gefertigt. DLP ermöglicht 3D-Bauteile mit hoher Genauigkeit und Oberflächenqualität. Bei dem Verfahren wird ein flüssiges UV-lichtsensitives Harz mittels eines Mikrospiegelarrays schichtweise ausgehärtet. Die flächige Belichtung durch das Mikrospiegelarray erlaubt im Vergleich zu scannenden Verfahren einen schnellen Schichtaufbau. Mittlerweile sind Harzformulierungen mit Füllstoffen verfügbar, die im Vergleich zu ungefüllten Systemen eine erhöhte Temperaturbeständigkeit und verbessertes thermomechanisches Verhalten aufweisen.
Im nächsten Schritt erfolgt das Aufbringen von LPKF ProtoPaint LDS-Lack, beispielsweise durch Aufsprühen. Dieser Lack enthält laseraktivierbare Additive, was eine 3D-Laserstrukturierung des Bauteils nach dem LPKF-LDS-Verfahren ermöglicht. Hierzu werden Nanosekunden-gepulste IR-Laser eingesetzt. Dabei wird das mittels CAD zur Verfügung gestellte 3D-Leiterbahnlayout auf das Bauteil strukturiert.
Nach einer nasschemischen Reinigung zur Entfernung der Laserdebris folgt die außenstromlose Metallisierung der laseraktivierten Bereiche mit einem Schichtstapel wie zum Beispiel Kupfer/Nickel/Gold. Die so erzeugten Leiterstrukturen haben bezüglich elektrischer Eigenschaften sowie Haftfestigkeit und Oberflächenrauheit ähnliche Charakteristika wie Leiterstrukturen auf herkömmlichen, aus Stahleinsätzen abgemusterte MID-Bauteile.
Abschließend werden elektronische Komponenten hochpräzise bestückt und mittels Laserlöten kontaktiert. Der Auftrag der speziell für das Laserlöten geeigneten Lotpaste erfolgt durch Dispensen. Abbildung 2 zeigt einen hybriden Technologiedemonstrator mit SMD-LEDs, welche in einer Vertiefung direkt auf dem MID aufgebaut sind. Die Steuerungselektronik ist auf einer Leiterplatte integriert.
Das Laserlöten als selektives und über ein entsprechendes Leistungsprofil gut steuerbares Lötverfahren führt dabei nur zu einer geringen und lokal stark eingeschränkten Temperaturbelastung des Substrates und der elektronischen Komponenten. Es ist für Substrat und Komponenten somit deutlich schonender als Standard-Lötprozesse, beispielsweise im Reflow-Ofen. Die Zuverlässigkeit von derartigen Rapid Protoyping MID konnte mit Temperaturschocktests zwischen 0 bis 55°C demonstriert werden, wobei selbst nach 1000 Zyklen kein Ausfall beobachtet wurde. Weitere Zuverlässigkeitsuntersuchungen unter härteren Umweltbedingungen sind geplant.
Schnelle Realisierung von MID Designvarianten
Die Prozesskette ist für die schnelle und insbesondere kostengünstige Fertigung von Funktionsmustern während der Entwicklung von MID geeignet. Abhängig von der Komplexität des Bauteils können Prototypen-MID in kürzester Zeit angefertigt werden. Somit können bereits während des Entwicklungsstadiums unter anderem verschiedene Designvarianten einfach getestet werden.
Die Ergebnisse der Zuverlässigkeitsuntersuchungen zeigen, dass die Fertigung von Produkten mit geringerem Anforderungsprofil in kleiner Serie mit der Prozesskette prinzipiell denkbar ist. Bei Hahn-Schickard steht hierfür die komplette Prozesskette von der additiven Fertigung bis hin zur Bestückung inklusive Laserlöten zur Verfügung.
* Wolfgang Eberhardt ist Bereichsleiter Technologie bei Hahn-Schickard
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