Rohstoffe Konfliktmineralien im Kongo: Eine Lösung wird gesucht
Eine wichtige Quelle für Gold, Wolfram, Tantal und Zinn ist die vom Bürgerkrieg gezeichnete Demokratische Republik Kongo. Der Krieg wird zum Teil mit den Einkünften aus den Minen bezahlt.
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Die Demokratische Republik Kongo ist reich an Bodenschätzen wie Gold, Zinn, Wolfram, Tantal und Diamanten. Gleichzeitig ist der Kongo aber auch ein Beispiel für einen sogenannten „failed state“, einen gescheitertes Staat, der seine grundlegenden Funktionen nicht mehr erfüllen kann. Insbesondere die mineralienreichen Kivu-Provinzen im Osten des Landes sind seit 1998 Schauplatz blutiger Konflikte zwischen dem staatlichen Militär, Rebellentruppen und lokalen Milizen, die um die Kontrolle des Territoriums kämpfen.
Die Konfliktbeteiligten bezahlen den Krieg zu nicht geringen Teilen durch die Einkünfte aus den Minen im Osten des Landes. Der Begriff „Konfliktmineralien“ bezieht sich vor allem auf Gold, Tantal, Wolfram und Zinn, auf Englisch „Tantalum, Tin, Tungsten, Gold“, die unter dem Kürzel 3TG zusammengefasst sind.
Diese Mineralien sind für die Elektronikfertigung bedeutsam. Zinn ist ein wichtiger Bestandteil von Lötmitteln, Tantal wird unter anderem für Kondensatoren eingesetzt, Gold wird für die Leiterplattenproduktion und Bonddrähte genutzt. Der Smartphone-Boom der letzten Jahre hat vor allem die Bedeutung des Minerals Coltan in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit gerückt. Coltan ist das Erz, aus dem das Tantal gewonnen wird, das unter anderem in Smartphones und Laptops Verwendung findet.
Oft wird angenommen, bei den Konflikten in Zentralafrika gehe es um die Mineralien selbst. Das ist nicht der Fall, sagt Jason Stearns, der die Situation im Kongo seit über zehn Jahren erforscht hat. Der Amerikaner wurde 2008 vom damaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan zum Koordinator einer Expertengruppe ernannt, die sich mit den Ursachen der Bürgerkriege beschäftigen sollte. „Der Konflikt im Kongo ist wie eine russische Puppe“, sagt Stearns in einem Interview für den Dokumentarfilm „Obama's Law“, der derzeit produziert wird und sich mit der Situation in der Konfliktregion beschäftigt.
„Es gibt Konflikte innerhalb von Konflikten innerhalb von Konflikten.“, so Stearns: „Auf der einen Seite geht es um lokale Streitigkeiten, darum wer das Land kontrolliert. Der Konflikt steht auch in engem Zusammenhang mit der Stammeszugehörigkeit. Denn die Stammeszugehörigkeit ist das politische Prinzip, das sich hier durch alles andere zieht. Eine Ebene höher geht es um nationale Macht. Das hat mit dem Zusammenbruch der Staatsmacht unter Mobutu zu tun. Es geht um nationale Player, die um Macht und Einfluss kämpfen. Und schließlich geht es um einen regionalen Konflikt zwischen einzelnen Ländern, insbesondere zwischen dem Kongo und Ruanda, obwohl Länder wie Burundi und Uganda in der Vergangenheit auch eine Rolle gespielt haben.“
Ein Diktator tritt ab, ein anderer kommt
Der Krieg im Kongo hat eine lange Geschichte: Als im Jahr 1997 der Diktator Mobutu Sese Seko ins Exil ging, der die heutige Demokratische Republik Kongo seit 1965 beherrscht hatte, hofften die Weltöffentlichkeit und auch die Bevölkerung des zentralafrikanischen Staates auf einen Neuanfang und eine bessere Zukunft. Nach dem Ende von Mobutus korrupter Diktatur wurde sein Nachfolger Laurent Kabila in vielen Teilen des Landes als Retter gefeiert. Eine der ersten Amtshandlungen Kabilas war es, dem Land, das 1960 von Belgien unabhängig geworden war und seit 1971 Zaire hieß, den Namen „Demokratische Republik Kongo“ zurückzugeben.
Doch schon kurz nach Kabilas Amtsübernahme brach der sogenannte Zweite Kongokrieg aus – der erste Kongokrieg hatte zum Sturz des Diktators Mobutu geführt. Die Hintergründe für diesen erneuten Bürgerkrieg sind vielschichtig. Ein Grund für den Ausbruch des Konflikts war die Unzufriedenheit mit Kabilas Amtsführung. Der mit großen Hoffnungen begrüßte neue Präsident hatte bald nach der Amtsübernahme jegliche Oppositionstätigkeit verboten, außerdem verbesserte sich die wirtschaftliche Situation der Menschen nicht. Zudem war Kabilas Befreiungsbewegung AFDL (Alliance des Forces Démocratiques pour la Libération du Congo) von den Nachbarländern Uganda und Ruanda unterstützt worden. Kabila sagte sich aber, als er Präsident geworden war, von seinen vormaligen Verbündeten los.
Zudem spielten die Stammeskriege zwischen den Hutu und den Tutsi im Grenzgebiet zwischen dem Kongo und Ruanda und Burundi eine bedeutende Rolle. Der zweite Kongokrieg dauerte fünf Jahre und kostete nach Hochrechnungen ungefähr drei Millionen Menschen das Leben. Auch Präsident Laurent Kabila wurde ein Opfer des Krieges: Er wurde im Januar 2001 ermordet. Seitdem ist sein Sohn Joseph an der Macht. Doch Frieden und Stabilität stellten sich nicht ein: Auf den Zweiten Kongokrieg folgte der sogenannte Dritte Kongokrieg, der von 2006 bis 2009 dauerte. Und seit 2012 rebelliert in den Kivu-Provinzen die „Bewegung 23. März“ (auch Movement M23 genannt) gegen die kongolesische Zentralregierung.
Ein Ende der bewaffneten Konflikte ist Stand heute nicht in Sicht. Internationale Initiativen haben es sich deshalb immer wieder zum Ziel gesetzt, die Finanzierung der Konfliktparteien im Kongo auszutrocknen. Ein Meilenstein auf diesem Gebiet war der 2010 verabschiedete Dodd-Frank Act. Dieses US-Bundesgesetz sollte einerseits nach der Finanzkrise den Finanzmarkt in den Vereinigten Staaten neu regeln und andererseits den Verbraucherschutz stärken. Der Abschnitt 1502 des nach dem US-Senator Chris Dodd und dem Abgeordneten Barney Frank benannten Gesetzes beschäftigt sich explizit mit den Konfliktmineralien. Unternehmen müssen demnach sicherstellen, dass sie in ihren Produkten keine Rohstoffe verwenden, mit denen die Konflikte im Kongo oder in den benachbarten Ländern finanziert werden.
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