Projektion ergänzt Scheinwerfer Wie Licht Fahrzeugdesign und Funktionen verändern wird

Von Dr. Michael Rosenauer, Dr. Christoph Gärditz und Oliver Hering*

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Licht im und am Fahrzeug ist mehr als Beleuchtung und Sicherheit. Digitale Projektion ergänzt die klassischen Scheinwerfer. Mehr noch: Lichtelemente verschmelzen mit den Fahrzeugbauteilen.

Lichtprojektion: Dank dynamischer Projektion lassen sich Informationen auf die Umgebung des Fahrzeugs projizieren oder die Karosserie wird zum optischen Element.
Lichtprojektion: Dank dynamischer Projektion lassen sich Informationen auf die Umgebung des Fahrzeugs projizieren oder die Karosserie wird zum optischen Element.
(Bild: ams OSRAM AMLS)

In vielen Kino- und TV-Blockbustern seit den 1980er Jahren gibt es visionäre Konzepte für die Automobilbeleuchtung. Doch welche Rolle wird das Licht im und am Fahrzeug in Zukunft spielen? Welche technischen Entwicklungen sind relevant? Wagen wir einen Blick in das Jahr 2030: Basierend auf Echtzeitdaten aus dem Fahrzeug sowie der Cloud passt das Auto seine Beleuchtung automatisch an oder der Nutzer aktiviert je nach Wunsch individuelle Lichtszenarien.

Das Fahrzeug kommuniziert mit seiner Umwelt: nicht sichtbare Projektoren werfen Warnsymbole auf die Straße. Projektionslösungen kommen im Auto der Zukunft eine wichtige Bedeutung zu. Das heißt mit anderen Worten: Das Fahrzeuglicht bricht aus dem klassischen Scheinwerfer aus.

Was sich früher auf zwei manuell ein- oder ausschaltbare Scheinwerfer mit jeweils einer Glühfadenlampe beschränkte, entwickelt sich im Zuge der Digitalisierung zu einem intelligenten, aus mehr als einer Million einzeln ansteuerbaren LED-Lichtpunkten bestehendem System.

Projektionstechnik und Body Shell Lighting

Das gesamte Fahrzeug und seine Umgebung werden zu einer 360-Grad-Leinwand für die Lichtinszenierung. Ermöglicht wird das mit Projektionstechnik und Body Shell Lighting, sowohl außen am Fahrzeug als auch im Innenraum. Beide Techniken sind die nächste Evolutionsstufe automobilen Lichts und werden die Fahrzeugbeleuchtung der kommenden Jahre prägen, was sich exemplarisch an den folgenden Entwicklungen zeigt.

Bild 1: Die Fahrtrichtung des Fahrzeugs wird mit einer zusätzlichen dynamischen Projektion angezeigt.
Bild 1: Die Fahrtrichtung des Fahrzeugs wird mit einer zusätzlichen dynamischen Projektion angezeigt.
(Bild: ams OSRAM AMLS)

Projektionssysteme ergänzen klassische Scheinwerfer und sorgen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Eine mögliche Anwendung ist die Projektion eines erweiterten Fahrtrichtungsanzeigers in das Fahrzeugumfeld. Beim Ausparken aus einer schwer einsehbaren Parklücke oder bei einem Abbiegemanöver kann das projizierte Signal andere Verkehrsteilnehmer intuitiv warnen (Bild 1).

Anforderungen an die Systeme für die Projektion

Dazu hat ams OSRAM Automotive Lighting Systems (AMLS) verschiedene Projektionssysteme entwickelt. Sie verfügen über mehrere LEDs, welche digital geschaltet und sich über Pulsweitenmodulation (PWM) dimmen lassen. Dabei müssen die dynamischen Symbolprojektionen zahlreiche Anforderungen an Lichtfarbe, Helligkeit, Einstrahlwinkel sowie Einbaugröße erfüllen. Wichtig ist daher ein Konzept mit kompaktem Bauraum, beispielsweise auf Basis eines Multi-LED-Chips, bei dem die Emitter zueinander fixiert sind, um die nötige Robustheit bei minimaler Größe zu gewährleisten.

Bild 2: Das Blockschaltbild der Elektronik mit LIN-Bus und der entsprechenden Schnittstelle.
Bild 2: Das Blockschaltbild der Elektronik mit LIN-Bus und der entsprechenden Schnittstelle.
(Bild: ams OSRAM AMLS)

Zudem bietet das Modul die Option einer gemeinsamen abbildenden Optik, wodurch sich der Bauraum und die Kosten weiter reduzieren lassen. Das Kernstück der Elektronik (Bild 2) ist ein kompakter Mikrocontroller, der neben der Ansteuerung der LEDs und der Kommunikation zum Fahrzeug zudem das Thermomanagement übernimmt. Die LEDs werden dabei über eine Konstantstromquelle versorgt, wobei durch eine entsprechende Kontrolllogik die individuelle Ansteuerung der einzelnen LEDs oder LED-Segmente möglich ist.

Eine komplexere Ansteuerelektronik

Mit zunehmender Anzahl an LEDs und damit realisierbaren Lichtfunktionen steigt die Komplexität der Ansteuerelektronik. Für die Schnittstelle zum Bordnetz gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wird eine lokal gespeicherte Sequenz im Mikrocontroller abgerufen (12 V on/off), die beim Einschalten des Moduls aktiviert wird, oder die Sequenz wird über eine LIN-Schnittstelle parametrisiert. Dadurch kann jedes LED-Segment vom LIN-Master gesteuert werden.

Die nächste Entwicklungsstufe der Automobilbeleuchtung sind digitale Projektionen, mit denen sich individuelle Inhalte wie beispielsweise animierte Wolken auf dem Dachhimmel oder anderen Fahrzeugoberflächen abbilden lassen. Die Bausteine für ein entsprechendes Modul sind ein effizientes optisches System mit leistungsstarken LEDs, ein Digital Micromirror Device (DMD) sowie die Elektronik inklusive der Hard- und Software zur Ansteuerung der Komponenten. Herzstück der digitalen Projektionseinheit ist der DMD, der in unterschiedlichen Varianten zur Verfügung steht.

Kommunikation über LIN bis Ethernet-Schnittstelle

Beispielsweise verfügt ein Automotive DMD mit 0,3 Zoll Bilddiagonale über eine Auflösung von 864 x 480 Pixel und somit über rund 400.000 mikroskopisch kleine Spiegel, die im Zusammenspiel das Projektionsbild erzeugen. Eine hochfrequente Modulation der Spiegel erlaubt eine flüssige Wiedergabe von Bildern und Filmsequenzen. Dabei wird je nach Modul ein optischer Output von 25 bis 200 lm erreicht. Eine Modulvariante mit etwa 150 lm kann beispielsweise genutzt werden, um auf dem Dachhimmel auch bei Tag oder bei Sonneneinstrahlung gut sichtbare Projektionen abzubilden.

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Die Bandbreite der Kommunikationsschnittstellen vom Fahrzeug zum Projektionsmodul reichen von einfacher LIN- bis hin zur Ethernet-Kommunikation, um zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden. Erstere ermöglicht die Konzeption eines kosteneffizienten Systems, bei dem vor-gefertigte Bilddaten und Videosequenzen auf dem bis zu 2 GBit großen Flash-Baustein abgespeichert und mittels der Kontrolllogik an den DMD übermittelt werden.

Licht integriert in die Fahrzeugoberfläche

Bild 3: Das Blockschaltbild des DMD-Controllers.
Bild 3: Das Blockschaltbild des DMD-Controllers.
(Bild: ams OSRAM AMLS)

Der Mikrocontroller übernimmt dabei sowohl die Aufgabe der Kommunikation zum Fahrzeug als auch die Parametrisierung der Systemkomponenten. Per Ethernet-Verbindung lassen sich Videodaten aus dem Fahrzeug-Ökosystem per Livestream an einen performanten Mikrocontroller mit GPU (Graphic Processing Unit) übermitteln. Der SRAM-Buffer als Zwischenspeicher unterstützt bei der Aufbereitung der Videodaten im DMD-Controller, um das erforderliche Timing im DMD-Chip zu gewährleisten (Bild 3).

Bild 4: Licht verschmilzt mit dem Fahrzeug. Das Body Shell Lighting auf der Oberfläche der Karosserie. Im Bild zeigt es die Fahrtrichtung an.
Bild 4: Licht verschmilzt mit dem Fahrzeug. Das Body Shell Lighting auf der Oberfläche der Karosserie. Im Bild zeigt es die Fahrtrichtung an.
(Bild: ams OSRAM AMLS)

Licht bricht nicht nur aus den Scheinwerfern aus, es verschmilzt zudem immer stärker mit dem Fahrzeug und ermöglicht gänzlich neue Designs für den Außen- und Innenraum. Body Shell Lighting bezeichnet die Integration von Licht in die Fahrzeugoberfläche und deren Anbauteile (Bild 4). Eine spezielle Variante ist Shytech. Die Lichtfunktionen treten erst dann in Erscheinung, wenn sie aktiviert werden.

Bild 5: Mit Body Shell Lighting wird die Fahrzeughülle zu einem optischen Element. Die Grafik zeigt Lichtweg und -steuerung.
Bild 5: Mit Body Shell Lighting wird die Fahrzeughülle zu einem optischen Element. Die Grafik zeigt Lichtweg und -steuerung.
(Bild: ams OSRAM AMLS)

Der im vorherigen Anwendungsfall beschriebene Fahrtrichtungsanzeiger wird auf die Fahrzeugoberfläche erweitert. Die Fahrzeughülle, also die Body Shell, wird zu einem optischen Element, das bestehende Funktionen ergänzt oder eigenständige Funktionen übernimmt. Dabei wird das Erscheinungsbild der Body Shell bei Umgebungslicht sowie aktiver Beleuchtung vom genauen Verhältnis von Reflektion, Transmission und Absorption bestimmt.

Werden zum Beispiel spezifische Wellenlängen durch die Oberflächenbehandlung der Anbauteile absorbiert, verändern sich der Farbeindruck und die Helligkeit. Wird das Spektrum gleichmäßig absorbiert, verändert sich nur die Helligkeit (Bild 5).

Elektronische, thermische und optische Eigenschaften

Für eine optimale Systemeffizienz müssen elektronische, thermische und optische Eigenschaften berücksichtigt und simuliert werden. Eine geringere Effizienz wirkt sich in einem höheren Energieverbrauch und somit höheren Systemtemperaturen aus. Eine höhere Temperatur verringert die Helligkeit der LEDs und ihre maximale Bestromung.

Alternativ kann mehr Aufwand in die Kühlung des Gesamtsystems investiert werden. Eine Abwägung aller Einflüsse und Parameter ist daher unabdingbar. In Kombination mit einzeln ansteuerbaren Lichtquellen (LEDs) und optischen Elementen können verschiedenste Lichtszenarien und Designs verwirklicht werden.

Durch den Einsatz von RGB-LEDs und einer entsprechenden Ansteuerung lassen sich beispielsweise das verwendete Spektrum der Lichtquellen und dadurch das Erscheinungsbild oder die Funktion verändern. Optische Elemente wie Lichtleiter erlauben es, die Lichtmenge dezidiert an andere Orte zu bringen oder das Licht großflächig zu verteilen.

Die Technik der Zukunft wird schon heute entwickelt

Adaptive und intelligente Fahrzeugbeleuchtung wird das Fahrerlebnis in Zukunft grundlegend verändern. Mögliche Anwendungen werden weit über die traditionellen Funktionen hinausgehen. Es werden vor allem dynamische und digitale Projektionen sowie Karosseriebeleuchtung sein, die Funktionalitäten des klassischen Scheinwerfers erweitern und so einerseits zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr und andererseits zu wesentlich mehr Freiheit im Fahrzeugdesign beitragen. Damit eröffnen sich OEMs neue Möglichkeiten zur Inszenierung und Differenzierung ihrer Marken.

In welchem Ausmaß Fahrzeuge 2030 tatsächlich mit ihrer Umgebung kommunizieren und interagieren werden, liegt auch im Ermessen des Gesetzgebers. Bereits heute arbeiten Ingenieure an der dafür notwendigen Technik, um die beschriebenen Szenarien in Zukunft umsetzen zu können.

* Dr. Michael Rosenauer ist Leiter R&D Projection & Vorentwicklung, Dr. Christoph Gärditz ist Leiter R&D Interior Lighting und Oliver Hering ist Leiter R&D Body Shell Lighting. Die Autoren arbeiten bei ams OSRAM Automotive Lighting Systems.

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