Steckverbinder-Basics: Optimierung von Highspeed-Steckverbindern
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Bei der Optimierung von Steckverbindern kommt es auf jedes einzelne Element an. Am Beispiel eines Leiterplattensteckverbinders zeigen wir, wie sich die Signalintegrität signifikant verbessern lässt.

Die Welleneigenschaften eines hochfrequenten Signals führen dazu, dass auch Einflüsse aus der Analogzeit dem Entwickler digitaler Schaltungen vermehrt begegnen. Hochleistungsfähige Bildverarbeitung und 5G-Mobilfunk erfordern ein einheitliches Verständnis von Einfluss- und Bewertungskriterien von „Highspeed-Performance“. Die Signalintegrität profitiert dabei von einem möglichst gleichmäßigen Impedanz-Verlauf entlang des Übertragungspfades.
In frühen Phasen der Entwicklung kann dies entsprechend der Anwendungsbedingungen durch eine Optimierung des Steckverbinders erreicht werden. Doch auch bereits existierende Steckverbinder sollten bei der schnellsten benötigten Rise Time überprüft werden. Da das Impedanz-Profil immer vom verwendeten Frequenzspektrum abhängt, kann sich auch ein Steckverbinder als optimal erweisen, welcher nominal eine andere Impedanz aufweist.
Was bedeutet Highspeed eigentlich in der Praxis?
Diese Frage ist nicht pauschal zu beantworten. „Highspeed“ muss vielmehr relativ betrachtet werden. Hierzu hilft ein beispielhafter Blick auf die Entwicklung der PCI Express-Spezifikation, kurz PCIe.
Der Wechsel von Gen 4 (16 GBit/s) auf Gen 5 (32 GBit/s) ist gerade erst vollzogen und es wird bereits an der Spezifikation für Gen 6 mit 64 GBit/s gearbeitet. Bezogen auf die Anforderungen der Anwendungen, galt jede PCI/PCIe Generation zu ihrer Zeit als die aktuelle Highspeed-Variante. Jedoch ist die Diskrepanz zwischen 3 MBit/s PCI im Jahr 1992 und 32 GBit/s PCIe 5.x im Jahr 2019 gigantisch (Bild 1). Anforderungen an Eingang und Verarbeitungsleistung von Steckverbindern steigen somit stetig an.
Die Gewährleistung der Signalintegrität erweist sich dabei als immer größere Hürde. Was früher ein Problem für den Hochfrequenz-Entwickler war, begegnet heute dem Hardware-Entwickler digitaler Schaltungen aufgrund moderner Datenraten: Während in Analogzeiten mit größter Vorsicht und Präzision die Datenübertragung optimiert wurde, um keine Störungen zu erleiden, ließ sich lange Zeit das schier unendliche Potenzial der Digitalübertragung mit geringerem Layout-Aufwand ausnutzen.
Doch ähnlich wie in der Halbleiterindustrie, welche sich stets „scheinbaren“ physikalischen Grenzen näherte und dann auf Innovationen angewiesen war, stößt die Digitalübertragung zunehmend auf Probleme. So lässt sich verstärkt beobachten, dass Signalstörungen, welche aus dem längst abgelösten Analogzeitalter bekannt waren, bei immer höherer Datenübertragungsgeschwindigkeit wieder relevant werden.
Es ist dabei wichtig zu wissen, dass jedes digitale Signal aus einer analogen Quelle generiert wurde. Die Interpretation des elektrischen Signals als elektromagnetische Welle führt dazu, dass auch die Einflüsse aus der Analogzeit mit steigenden Ansprüchen an die Leistungsfähigkeit wieder an Bedeutung gewinnen.
Rise Time – Zustandswechsel von digitalen Signalen
Zu Zeiten des weiter zunehmenden Datenaustauschs und Datenübertragungen im Rahmen von Anwendungen wie Imaging und 5G-Mobilfunk ist es essenziell, dass sowohl Steckverbinder-Hersteller als auch Anwender die Einfluss- und Bewertungskriterien von Hochgeschwindigkeitsleistungsfähigkeit verstehen.
Eine Möglichkeit, sich dem Begriff „HighSpeed“ anzunähern, bietet die sogenannte „Rise Time“ (Anstiegszeit). Darunter wird die Zeit verstanden, die ein logisches System benötigt, um seinen Zustand zu wechseln.
Digitale Systeme operieren idealisiert auf rechteckförmigen Signalen, welche ihren Zustand instantan wechseln können. In der Realität benötigt der Zustandswechsel jedoch Zeit. Die Rise Time beschreibt die Zeit, in der das Signal zwischen zwei definierten Amplituden-Werten (in der Regel 10% und 90%) liegt. Je geringer die Anstiegszeit, desto größer die Bandbreite (Bild 2).
Welcher Steckverbinder für welche Anwendung?
Einen Teil dieser Frage sollen die Angaben zur Leistungsfähigkeit der Steckverbinder-Hersteller beantworten. Doch hier gehen die Spezifikationen keinen einheitlichen Weg. Einige Hersteller spezifizieren im analogen Frequenzspektrum (GHz), während andere die digitale Datenübertragungsrate (GBit/s) angeben. Beide Werte werden üblicherweise über Einfügedämpfungsmessungen ermittelt.
Häufig wird der Frequenzbereich bis zum Erreichen einer Einfügedämpfung von –3 dB verwendet. An diesem Punkt liegt die entsprechende Grenzfrequenz. Beim Signal mit zwei logischen Zuständen pro Amplitude ergibt sich eine Datenübertragungsrate aus der Verdopplung der Grenzfrequenz.
Bei Neuentwicklungen ohne eine Zielspezifikation ist eine enge Abstimmung mit den Kunden unerlässlich für die Steckverbinder-Hersteller. Je genauer die Einsatzbedingungen und Anforderungen bekannt sind, desto besser kann der Steckverbinder darauf abgestimmt werden. Von zentraler Relevanz sind der auf dem Modul zur Verfügung stehende Platz, die Vorstellungen bezüglich Steckverbinder-Design, die gewünschte Anschlusstechnologie, der Pin-Bedarf sowie die Pin-Belegung und die Ansprüche an die Leistungsfähigkeit.
Wie sich Steckverbinder optimieren lassen
Eine Herausforderung im Highspeed-Steckverbinder-Design liegt in der Steuerung der Impedanz des Steckverbinders. Sie wird von induktiven und kapazitiven Eigenschaften bestimmt, welche wiederum u.a. von Größe, Anordnung und Design der Pins abhängt. Dielektrika verändern die Signalausbreitung und beeinflussen dadurch die Signalintegrität. Deswegen muss der Einsatz von Dielektrika im Steckverbinder genau evaluiert werden.
Zur Berechnung der Impedanz gilt folgende Formel: Z = (L/C)–1/2 Dabei sind Z die Impedanz, L die Induktivität und C die Kapazität. Es ist zu beachten, dass sich die Impedanz entlang des Signalpfades im Steckverbinder ändert, abhängig von Geometrie- und Querschnittsänderungen.
Bei der Steuerung der Impedanz zeigen sich deshalb mehrere Einflüsse. Eine sinkende Impedanz wird durch eine Reduktion des induktiven Anteils bzw. durch eine Erhöhung des kapazitiven Anteils innerhalb des Steckverbinders erreicht. Ein gängiges Beispiel sind dickere Signal-Pins.
Steigende Impedanzen werden durch eine Erhöhung des Pin-Abstandes realisiert. Der Werkstoff des Isolierkörpers beeinflusst die Kapazität, da die dielektrische Leitfähigkeit (Durchlässigkeit eines Werkstoffs) mit der Kapazität zusammenhängt. Ein höherer Dielektrizitäts-Wert senkt die Impedanz. Eine Impedanz-Fehlanpassung hat zur Folge, dass ein Teil der Signale reflektiert wird und sie ihr Ziel nicht erreichen.
Wie wird die Impedanz gemessen?
Impedanzen werden über die sogenannte Zeitbereichs-Reflektometrie (Time Domain Reflectometry, TDR) ermittelt. Diese ermöglicht eine Betrachtung der Signalübertragungsumgebung über einen Zeitbereich hinweg, indem Lauflängen und Reflexionen von elektrischen Signalen erkannt werden.
Hierfür wird ein Impuls in den Signalpfad gegeben. Solange sich das Medium nicht verändert, bleibt die Wellenimpedanz entlang des Signalpfades gleich. Jede Querschnitt- oder Materialänderung hat zur Folge, dass sich die Impedanz verändert. Dabei entstehen Reflexionen, welche entlang des Signalpfades zurückgeworfen werden. Stärke und Ankunftszeit der Reflexionen ermöglichen es, Rückschlüsse auf die jeweilige Impedanz entlang des Signalpfades zu ziehen (Bild 3).
Wie verändert sich die Impedanz?
Die Optimierung eines Steckverbinders für ein bestimmtes Impedanzprofil bedeutet jedoch nicht, dass er in einer anderen Umgebung keinesfalls eingesetzt werden kann. Das Impedanzprofil einer Signalkette oder eines Steckverbinders entsteht immer aus dem Zusammenspiel der zuvor definierten Einflüsse (Querschnittsänderung, Materialänderungen) und dem anliegenden Signal.
Je länger die Anstiegszeit, desto geringer sind die damit verbundenen Einflüsse und desto näher liegt die Impedanz an jener des restlichen Systems. Für den Anwender ist dies besonders wichtig, da nicht zwangsweise ein Steckverbinder mit einer zum System passenden Impedanz verwendet werden muss. Vielmehr muss die schnellste Anstiegszeit für die Systemanwendung ermittelt und die entsprechend vorliegende Impedanz des Steckverbinders evaluiert werden.
Wie zuvor beschrieben, haben Impedanzabweichungen Signalreflektionen zur Folge. Dies wird hauptsächlich in Form von Insertion Loss (Einfügedämpfung) und Return Loss (Rückflussdämpfung) beobachtet.
Die Einfügedämpfung beschreibt den Signal- bzw. Leistungsverlust entlang des Signalpfades als Verhältnis von ausgehendem zu eingehendem Signal. Die Einfügedämpfung setzt sich aus unterschiedlichen Komponenten zusammen. So spielen Kopplungsverluste, dielektrische Verluste, Reflektionsverluste, Leiter- und Strahlungsverluste eine Rolle.
Als Rückflussdämpfung wird der Anteil des zurückgeworfen Signals am eingefügten Signal verstanden. Hier ist wichtig, dass bei Betrachtung der Rückflussdämpfung unbedingt der gesamte Signalpfad betrachtet werden muss, da der Return Loss tendenziell mit der Länge des Signalpfades sinkt.
Bewertung der Signalqualität anhand des Augendiagramms
Eine anschauliche Möglichkeit zur Beurteilung der „Lesbarkeit“ eines Signals bietet das Augendiagramm. Es zeigt, ob ein übertragenes Signal im Empfänger eindeutig den digitalen Zuständen 1 oder 0 zugeordnet werden kann.
Hierfür durchläuft ein Signal eine definierte Übertragungsstrecke, wird dabei mit einem Oszilloskop aufgenommen, überlagert und dargestellt. So werden sämtliche möglichen Signalverläufe „übereinander“ dargestellt. In der Theorie sind die Übergänge der logischen Zustände unendlich steil und die Signallinien exakt übereinander dargestellt.
Die Realität sieht anders aus. Durch Signaleinflüsse und -störungen flacht der Signalanstieg ab und die Amplitudenhöhe verändert sich. Dadurch wird die namensgebende Form eines Auges erreicht.
Der rote Bereich in der Mitte des Diagramms ist die sogenannte „Eye Mask“. In diesem Bereich kann ein Signal nicht eindeutig zugeordnet werden. Die Breite des Auges gibt den möglichen Zeitraum zum Abtasten des Signals an, der durch Jitter und Symbol-Übersprechen limitiert wird.
Die beiden Augendiagramme in Bild 4 zeigen die Einflüsse von Leitungslänge und Impedanz am Beispiel der Colibri-Steckverbinder. Während das erste Auge durch eine kurze Leitungslänge und eine Impedanz von 100 Ω schön ausgebildet wird, zeigt sich beim zweiten Auge durch eine höhere Leitungslänge und unterschiedliche Impedanzen auf beiden Boards (100 Ω und 110 Ω) eine schlechtere Signalqualität.
Warum exakte Anforderungen des Kunden wichtig sind
Die vielfältigen Einflusskriterien, Spannungsfelder und Abhängigkeiten erschweren die Planung neuer Highspeed-Steckverbinder. Deshalb wird in frühen Entwicklungsphasen ein hoher Aufwand in die Evaluierung der exakten Anforderungen (auch in Kooperation mit Kunden) und in die Simulation möglicher Designs investiert.
Je exakter die Anforderungen bekannt sind, desto zielgerichteter lässt sich der Steckverbinder optimieren. Die festgelegten Pinouts vieler Übertragungsstandards sind dabei von großer Hilfe. So lässt sich mit bereits berücksichtigten Ground-Kanälen das Übersprechen reduzieren, ohne beispielsweise die Pin-Abstände zu groß werden zu lassen.
Das ist bei S-Parametern zu beachten
Der Steckverbinder-Hersteller generiert aus seinen 3D-Daten die Streu-Parameter (S-Parameter) und erfasst somit den Entwicklungsfortschritt. Im Regelfall erhalten die Kunden die S-Parameter des Endproduktes, um damit das eigene Design zu simulieren. Idealerweise beinhalten die S-Parameter nur das Verhalten des Steckverbinders, da sämtliche anderen Einflussparameter vom Anwender definiert werden.
Mit Hilfe von Simulationen lässt sich verhältnismäßig genau ein späteres Verhalten der Steckverbinder analysieren sowie auch die Sensitivität der Steckverbinder auf die Umgebungsbedingungen verifizieren. Die ersten Entwicklungsiterationen finden also noch vor dem Auftrag für Prototypen-Werkzeuge statt.
Ausgeklügelte Optimierungen im Kontaktdesign beim Highspeed-SMT-Leiterplatten-Steckverbinder Colibri 16+ sorgten für die Releases der 10+ GBit/s und seit Ende 2018 auch der 16+ GBit/s Versionen, alles bei Aufrechterhaltung der Steckkompatibilität.
Dieser Beitrag ist im Sonderheft Elektromechanik III der ELEKTRONIKPRAXIS (Download PDF) erschienen.
Seit 2020 sind auch die Versionen mit 40 bis 160 Pins des bewährten COM-Express Steckverbinders aus Peiting als 16+-Versionen verfügbar. Bild 5 zeigt die deutliche Verbesserung der Einfügedämpfung des Colibri-Steckverbinders für Anwendungen mit 16+ GBit/s.
Durch die Optimierung des Kontakt-Designs des Steckverbinders konnte eine Verbesserung bis zu 35% erreicht werden. Damit ermöglicht der Colibri-Steckvebinder 16+ eine hervorragende Datenübertragung von USB-3.1-Gen2- und PCI-Express-4.0-Signalen. Dies zeigt, wie groß der Einfluss jedes einzelnen Elements im Zusammenspiel des Steckverbinders sein kann.
* Jan Lehmann arbeitet als Produktmanager für Verbindungstechnologie bei ept in Peiting.
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