Oszilloskop – Einstellungen und Betriebsarten
Neben einem Multimeter ist das Oszilloskop das wohl wichtigste Messgerät für Elektronikentwickler. Der Text stellt wichtige Einstellungen inklusive der zugrundeliegenden Betriebsarten vor.
Anbieter zum Thema

An einem Oszilloskop werden über sogenannte BNC-Buchsen ein bis höchstens acht Spannungssignale für eine Anzeige im Display angelegt. Die X-Achse stellt im Normalbetrieb die verstrichene Zeit dar (Bild 1). Die vergangene Zeit zwischen zwei hierzu im Display eingeblendeten senkrechten Hilfslinien (Division, div) kann in einem weiten Bereich eingestellt werden. Man spricht von der horizontalen Empfindlichkeit bzw. dem horizontalen Ablenkkoeffizienten.
Gleiches gilt für die Y-Achse, die in Bezug auf die Spannungsdarstellung skaliert werden kann. Damit zusammen hängen auch die Einstellungen des Anfangs der Signaldarstellung in horizontaler Position (t = 0) und der Nulllinie (Ground GND). Für den Signalbeginn bei t = 0 ist eine Triggerbedingung auf Seiten des Signals zu definieren. Die im Display links gezeigten Signalverläufe vor diesem Zeitpunkt stellen somit die Vergangenheit dar. Letzteres ist möglich, da das Oszilloskop kontinuierlich die Signale einliest und dabei immer eine gewisse Signalhistorie speichert.
Für jedes Signal kann dabei die Art der Kopplung parametriert werden. Üblicherweise sind hierbei folgende Optionen möglich: DC = Direct Current, Signal wird unverändert dargestellt, AC = Alternate Current, Signalgleichanteil (Mittelwert) wird heraus gefiltert, GND = es werden für Testzwecke genau 0 V angelegt, Invertiert = das Signal wird negiert, HF-Filter = Tiefpassfilter mit typ. 20 MHz zur Unterdrückung höherfrequenter Störsignale, Tastkopf = es wird ein externer Tastkopf mit entsprechendem Teilerfaktor verwendet. Während die ersten drei Optionen alternativ einstellbar sind, können die drei weiteren beliebig dazu kombiniert werden.
Das Oszilloskop wartet auf ein Trigger-Ereignis
Die Signaldarstellung beginnt an der Stelle t = 0 zum Triggerzeitpunkt, sobald das Signal die Triggerbedingung erfüllt. Diese besteht im einfachsten Fall aus der Konfiguration eines Signalpegels und der Angabe, ob bei steigender oder fallender Signalflanke getriggert werden soll. Erst wenn das für die Triggerung verwendete Signal genau diese Bedingung erfüllt, wird mit der Signaldarstellung begonnen und zwar genau so, dass der Signalwert zum Triggerzeitpunkt an der Stelle t = 0 im Display aufgeführt wird. Daraus resultiert, dass – abgesehen von komplexeren Darstellmöglichkeiten höherwertigerer Oszilloskope – i.d.R. auch bei Darstellung mehrerer Signale nur auf eines getriggert werden kann.
Dieses ist entsprechend als Triggerquelle zu konfigurieren. Alternativ kann als Triggerquelle ein Signal ausgewählt werden, das über eine separate BNC-Buchse („Extern“) nur für diesen Zweck angeschlossen wird. Weitere Alternativen sind üblicherweise eine spezielle Triggerart, die eine auf Standardvideosignale synchronisierte Darstellung erlaubt („Video“) sowie die Triggerung innerhalb des Geräts auf die Wechselspannungsversorgung von 230 V des Oszilloskops.
Ähnlich den Kopplungsarten der Eingangssignale kann speziell für die Auswertung des zur Triggerung vorgesehenen Signals nochmals die Art der Kopplung konfiguriert werden. Darüber hinaus bieten Oszilloskope komplexere Triggervarianten an. Beispielsweise das sogenannte Time Delay, bei dem nach Eintreten der Triggerbedingung noch eine einstellbare Zeit gewartet wird, bevor das Signal bei t = 0 dargestellt wird. Bei der Impulsbreitentriggerung wartet das Oszilloskop auf Impulse mit konfigurierbaren Impulseigenschaften. Ein letztes Beispiel sei die Konfiguration bestimmter Logikmuster (Logic Pattern) speziell bei binären Eingangssignalen, wie sie qualitativ höherwertigere Oszilloskope mitunter anbieten.
Unterschiedliche Betriebsmodi eines Oszilloskops
Bei dem in Bild 1 gezeigten Display handelt es sich um den Ausschnitt eines sich wie auch immer weiter entwickelnden einmaligen Signals. Derartige Signalausschnitte werden im sogenannten Single Sweep Mode des Oszilloskops erfasst. Darunter versteht man, dass das Display nach Erfüllung der Triggerbedingung genau einmal beschrieben wird. Die Signaldarstellung bleibt dann so erhalten, bis sie manuell wieder gelöscht wird und das Oszilloskop für einen neuen Triggervorgang „scharf“ gemacht wird.
Dieser Betriebsmodus ist in Bild 2 als einer von vier typischerweise einstellbaren angedeutet. Periodische Signale werden dagegen im „Continous Mode“ dargestellt. Das Gerät wartet nach einem Signalschrieb im Display erneut auf das Eintreffen der konfigurierten Triggerbedingung, um dann sofort eine neue Displaydarstellung durchzuführen. Die Signaldarstellung wird also kontinuierlich erneuert. Aufgrund der Periodizität der Signale sieht man bei gleichbleibenden Signalparametern (wie Amplitude und Frequenz) dennoch ein stehendes Bild.
Wenn die Triggerbedingung erfüllt ist
Unter „Roll“ als Modus versteht man, dass ohne Warten auf Erfüllen einer Triggerbedingung der aktuelle Signalwert immer am rechten Displayrand dargestellt wird und entsprechend der eingestellten Zeitskalierung mit der Zeit nach links verschoben wird; das Signal läuft also von rechts nach links kontinuierlich weiter, was insbesondere bei sich relativ langsam im Sekunden- oder Minutenbereich ändernden Signalen eine sinnvolle Darstellungsform ist. Bei allen bisher erläuterten Betriebsmodi ermittelt das Oszilloskop intern automatisch eine passende Abtastrate, so dass ein lückenloser Verlauf der Signaldarstellung gewährleistet ist.
„XY-Mode“ schließlich meint, dass nicht mehr Signale über der Zeit t dargestellt werden, wie bei den bisherigen drei Betriebsmodi, sondern vielmehr mit einer gewissen Abtastrate an zwei verschiedenen Eingangskanälen eingelesene Spannungssignale eine Koordinate (X, Y) ergeben, die als Punkt dargestellt wird. Die X-Achse ist hierbei als Spannungsachse ausgeführt und über die diesbezüglichen Einstellungen des zugehörigen Eingangskanals skalierbar.
Die Abtastrate wird intern nach wie vor passend zur Skalierung der (nicht mehr sichtbaren) Zeitachse gewählt. Das Bild zeigt exemplarisch die sich ergebende Darstellung, wenn X- und Y-Achse jeweils von einem gleichanteilsfreien Sinussignal bedient werden, zwischen diesen jedoch eine gewisse Phasenverschiebung besteht. Nachfolgend soll ein Überblick über die wesentlichen Kenndaten eines Oszilloskops gegeben werden. Oszilloskope sind heute in einem weiten Preisbereich von etwa 150 Euro bis zum Preis eines Autos der Kompaktklasse erhältlich. Entsprechend unterscheiden sich die wichtigsten Kenndaten:
- Anzahl Kanäle: meist 2 bis 8
- Grenzfrequenz: ca. 50 MHz bis 5 GHz
- Abtastrate: ca. 1 MSa/s bis 10 GSa/s
- Speichertiefe: ca. 10 kPts bis 1 GPts
- Auflösung: ca. 8 bis 12 Bits
- Horizontale Empfindlichkeit: ca. 100 ps/div bis 1000 s/div
- Vertikale Empfindlichkeit: ca. 1 mV/div bis 10 V/div
- Eingangsimpedanz: meist 1 MΩ (ggf. auf 50 Ω umschaltbar), ca. 20 pF
- Auflösung Display: ca. 320 x 240 bis 1024 x 768 Pixel
- Digitale Schnittstellen: USB, IEEE-Laborbus, Ethernet oder LXI
- Auswertefunktionen: Multimeterfunktionen, FFT oder MSO
Im praktischen Einsatz eines Oszilloskops befindet sich zwischen der eigentlichen Messstelle und dem Kanaleingang ein mehr oder weniger langes Kabel, dessen eigene elektrische Eigenschaften eine Signalverfälschung herbeiführen können. Genauer gesagt ist es die Kapazität zwischen den beiden Leitern des Kabels, die sich hier parallel zum Messeingang auswirkt. Aus diesem Grund wird bei der Messung von Signalen mit etwas höheren Frequenzen statt eines einfachen Kabels ein Tastkopf zwischen Messstelle und Messeingang geschaltet.
Tastkopf als Schnittstelle von Oszilloskop und Messobjekt
Der Tastkopf hat eine Tastspitze zum Abgreifen des Spannungssignals und eine als Klemme ausgeführte Nebenleitung, die mit der Masse (Minuspol) des Messobjekts zu verbinden ist. Tastköpfe sind meist als passive Tastköpfe ausgeführt. Sie schalten in den Signalpfad lediglich eine Parallelschaltung einer über einen kleinen Trimmstift einstellbaren Kapazität CT und eines festen Widerstands RT (Bild 3). Das nachfolgende Kabel - typischerweise als fest am Tastkopf montiertes Koaxialkabel mit BNC-Stecker ausgeführt - habe eine Kabelkapazität von CK. Betrachtet man die sich ergebenden Schaltungsverhältnisse zunächst rein auf Gleichspannungsbasis, so sieht man, dass durch RT und Ri ein Spannungsteiler entsteht, der die zu messende Spannung an der Tastkopfspitze um den Teilerfaktor: Formel 1
herabsetzt, weshalb ein Tastkopf auch als „Tastteiler“ bezeichnet wird. Sehr weit verbreitet ist ein RT von 9 MΩ, so dass sich mit einem Ri von 1 MΩ, wie ihn die meisten Oszilloskopeingänge aufweisen, für den Faktor k der Wert 0,1 ergibt. Das Teilerverhältnis beträgt 10:1. Auch wenn die meisten passiven Tastköpfe solch ein Teilerverhältnis aufweisen, so finden sich andere zwischen 2:1 bis etwa 1000:1. Oftmals kann über einen Schalter auf das Tastverhältnis 1:1 gewechselt werden, wobei das Spannungssignal an der Tastkopfspitze einfach durchgeschaltet wird. Um auf den eigentlichen Einsatzzweck von Tastköpfen bei der Messung von Wechselspannungen wieder zurück zu kommen, müssen die Spannungsteilerverhältnisse unter zusätzlicher Berücksichtigung der Kapazitäten analysiert werden: Formel 2
wobei sich die Parallelschaltung von CK und Ci durch eine Addition der Kapazitäten darstellen lässt. Nach Auflösung der darin enthaltenen Parallelschaltungen ergibt sich: Formel 3
Speziell für den Fall RTCT = Ri(CK + Ci) wird k(ω) unabhängig von ω und entspricht wieder dem Teilerfaktor. Und genau das wird bei einem passiven Tastkopf ausgenutzt: Der einstellbare Widerstand RT wird durch den Nutzer so eingestellt, dass diese Bedingung erfüllt ist, was durch entsprechendes Drehen mit dem Trimmstift erfolgt. Der Nutzer nimmt die korrekte Einstellung von RT nicht aufgrund einer theoretischen Berechnung vor, sondern legt ein vom Oszilloskop zur Verfügung gestelltes Rechteck-Kalibriersignal mit einem Kilohertz an die Tastkopfspitze. Der Trimmstift wird solange verdreht, bis im Display das Rechtecksignal ohne Verfälschungen zu sehen ist. Bei einem zu kleinen CT zeigen sich abgerundete Ecken, man spricht von einer Unterkompensation. Bei zu großem CT ergibt sich dagegen ein Überschwingen oder Überkompensation.
Jörg Böttcher: Kompendium Messtechnik und Sensorik. ISBN 978-3-7448-5626-3 (Paperback), Verlag: Books on Demand.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1321100/1321183/original.jpg)
Grundlagenüberblick im „Kompendium Messtechnik und Sensorik“
* Prof. Dr.-Ing. Jörg Böttcher hat eine Professur für Regelungstechnik und Elektrische Messtechnik an der Universität der Bundeswehr in München inne.
(ID:45256191)