Sigfox hat die 0G-Funkspezifikation offengelegt

Alexander Lehmann *

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Das 0G-Funkprotokoll von Sigfox ist seit Februar 2019 veröffentlicht und Hersteller haben die Möglichkeit, die Vorteile für ihre Produkte zu verwenden. Wir zeigen, was das im Detail bedeutet.

Kommunizierende Dinge: Sigfox hat sein 0G-Netz für Dritte geöffnet, die jetzt Hardware an ihre Bedürfnisse anpassen können.
Kommunizierende Dinge: Sigfox hat sein 0G-Netz für Dritte geöffnet, die jetzt Hardware an ihre Bedürfnisse anpassen können.
(Bild: metamorworks - stock.adobe.com)

Sowohl in der Logistik als auch im Supply Chain Management müssen Waren schnell erfasst werden. Das beginnt bei großen Frachtcontainer bis hin zur einzelnen Palette. Dabei ist es nicht nur wichtig zu wissen, wo aktuell die Ware ist, sondern man kann die aktuell vorherrschenden Transportbedingungen überwachen. Hier helfen Sensoren, um konsequent die Temperatur und Luftfeuchte im Ladebehälter zu überwachen. Mit dem sensorischen Monitoring lässt sich auf kritische Abweichungen von den geforderten Rahmenbedingungen reagieren, um beispielsweise Lebensmittel, Medikamente und andere empfindliche Waren vor Schäden durch Überhitzung oder Feuchtigkeit zu bewahren.

Hilfe verspricht Sigfox mit seinem weltweit verfügbaren 0G-Netz, das auf einer energieeffizienten Datenübertragung basiert, um Milliarden solcher Sensoren flächendeckend mit dem Internet zu verbinden. Das Tracking und Monitoring von Waren und Geräten stellt dabei nur eines von unzähligen Anwendungsgebieten für IoT-Geräte dar. Im Netzwerk sind aktuell über 650 Hersteller mit rund 1070 Sigfox-fähigen Produkten gelistet.

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In Zukunft soll das Angebot noch deutlich ansteigen, was Sigfox im Februar dieses Jahres mit der Veröffentlichung seines Funkstandards nachhaltig forciert hat. Denn bis zu diesem Zeitpunkt war das Sigfox-0G-Netz und alle dafür entwickelten Komponenten und Dienste ein nahezu komplett geschlossenes System. Details zum Funkstandard samt Übertragungsprotokollen wurden bis dahin nur an die Partner oder auf Anfrage und nach Unterzeichnung eines Non Disclosure Agreements weitergegeben. Damit hatte Sigfox die Möglichkeit, auf die Anzahl neuer Geräte einzuwirken, was vor allem in der Aufbauphase des LPWANs für Planungssicherheit sorgte. Doch Einsatz findet das das 0G-Netz weltweit in den unterschiedlichsten Anwendungsfällen.

Günstige ASIC-Entwicklung wird möglich

Bisher waren es vor allem die großen Halbleiterhersteller, die sich mit der Entwicklung und Fertigung von ICs für Sigfox in entsprechend großen Stückzahlen befassten. Doch solche Standardkomponenten sind nicht immer das Mittel der Wahl, da sie zur Entwicklung spezieller ASIC-Designs zu groß oder schlicht zu teuer sind. Durch die Offenlegung der Funkspezifikation lässt sich diese Problematik lösen. Laut Sigfox-Geschäftsführer Wosylus werden davon vor allem ASIC-Hersteller profitieren, die mit ihren Produkten auf einen Markt zwischen 20 Cent und zwei Euro abzielen.

Mit den notwendigen Spezifikationen lassen sich eigene ASICs mit integrierter Sigfox-Technik entwerfen und mit unterschiedlichen oder angepassten Funktionsblöcken testen. Hat sich ein Kunde für ein Design entschieden, kann das ASIC auch in entsprechend großer Stückzahl produziert werden. Dank der offenen Spezifikationen verspricht sich der 0G-Netzbetreiber viele neue Akteure mit zusätzlichen spannenden Anwendungsmöglichkeiten.

Von Aufbau und Inhalt der Spezifikation

Tatsächlich bezieht sich die veröffentlichte Spezifikation nicht auf das gesamte Netzwerk von Sigfox, sondern ausschließlich auf die Kommunikation der einzelnen Geräte mit den Basisstationen. Und das sind auch genau die Informationen, die ein Unternehmen benötigt, um eigene ASICs entwickeln und herstellen zu können. Die gesamte Infrastruktur inklusive den Basisstationen, der entsprechenden Cloud und den Schnittstellen zu den Kundenanwendungen sind auch weiterhin durch Patente geschützt. Somit bezieht sich der Inhalt der veröffentlichten Spezifikationen zum einen auf die technischen Voraussetzungen, die das Funk-Modul eines einzelnen Geräts erfüllen muss, und zum anderen auf den Protokoll-Stack, der für Uplink- und Downlink-Übertragungen genutzt wird.

Der erste umfassende Abschnitt in der veröffentlichten Spezifikation bezieht sich auf das Design des Funk-Frontends. Unter „Radio Hardware Engineering“ in Sektion 2 werden alle grundlegenden Informationen zusammengefasst, die für das Design des Sigfox-Funk-Moduls erforderlich sind. Hier geht es um die Nutzung der lizenzfreien Frequenzbänder, die in verschiedenen Regionen an unterschiedliche Restriktionen geknüpft ist.

Im Mai 2019 sind bereits 1067 Sigfox-fähige Produkte von 651 Unternehmen gelistet – Tendenz steigend.
Im Mai 2019 sind bereits 1067 Sigfox-fähige Produkte von 651 Unternehmen gelistet – Tendenz steigend.
(Bild: Sigfox)

In Europa beispielsweise muss eine relative Frequenzbelegungsdauer eingehalten werden, die auch als Duty Circle (DC) bezeichnet wird. Ein solches Endgerät nutzt für Uplink-Übertragungen den in etwa 200 kHz breiten Korridor zwischen 868,030 und 868,230 MHz, und das Spektrum mit einer Breite von 100 Hz darf nicht länger als 36 Sekunden pro Stunde belegen. In anderen Ländern oder Kontinenten sind nicht nur die zur Nutzung freigegeben Frequenzbänder unterschiedlich, sondern ebenso die Reglementierung der Frequenznutzung. In Nordamerika ist das Frequency Hopping (FH) beispielsweise Pflicht, während Japan die Nutzung seiner lizenzfreien Bänder per Listen Before Talk (LBT) reglementiert.

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Die Endgeräte müssen deshalb je nach Einsatzort mit den geforderten Frequenznutzungsverfahren und den zur Nutzung freigegebenen Frequenzbändern klarkommen. Außerdem müssen sie sich an die jeweilige maximale Leistungsbeschränkung halten. In der Spezifikation werden diese regional abweichenden Frequency Ranges in sechs verschiedene Radio Spezifications aufgeteilt, die mit RC1 bis RC6 abgekürzt werden.

Zu beachten ist außerdem, dass es Frequency Ranges für den Uplink, also für das Versenden von Daten zu den Basisstationen, und solche für den Downlink gibt, wenn Daten vom empfangen werden sollen. Im Abschnitt 2.4 geht die Sigfox-Spezifikation auf die Sendecharakteristiken wie Sendeleistung, Uplink-Modulation oder Tx-Spektrum und auf die Empfangscharakteristiken wie Empfindlichkeit oder Störresistenz eines Endgeräts ein.

Der Uplink-Protocol-Stack beschreibt  wie eine Nachricht (Message) verpackt wird und per Funksignal (Modulation) vom Sigfox-Endgerät an die Sigfox-Basisstationen gesendet wird.
Der Uplink-Protocol-Stack beschreibt wie eine Nachricht (Message) verpackt wird und per Funksignal (Modulation) vom Sigfox-Endgerät an die Sigfox-Basisstationen gesendet wird.
(Bild: Sigfox)

Wie die Endgeräte ihre Nachrichten versenden

In der Sektion 3 der Spezifikation wird beschrieben, wie eine Nachricht von einem Endgerät über den Uplink-Protokoll-Stack an die Basisstationen von Sigfox verschickt wird. Die Kommunikation wird in einem von oben nach unten laufenden Schichtmodell dargestellt, das ganz oben von der Anwendungsebene mit dem Inhalt der zu übertragenden Daten startet und bis ganz unten zur physikalischen Übertagungsebene durchläuft, in der die Informationen auf die Trägerfrequenz moduliert werden. Die zu übertragende Nachricht wird als UL Message Content oder UL-Payload bezeichnet (UL = Uplink) und zunächst mit einem Header versehen. Danach wird das Frame mit dem UL-Auth-Parameter versehen, sodass der Empfänger im Sigfox-Backend die Integrität und Authentizität des übertragenen Frames prüfen kann.

Im Bereich „CRC“ und „Convolution“ geht es um die Erkennung von Übertragungsfehlern mit Prüfsummen und um das korrekte Zusammenführung von Nachrichten, die sich aus mehreren Frames zusammensetzen. Über die Preamble lässt sich der Anfang einer Nachricht detektieren. Über das Frame-Type-Feld sind Details über die Länge und den Typ des Uplink-Frames ersichtlich. Die letzte Protokollebene, die Modulation, in der die Nachricht über das Funkband gesendet wird, entspricht dem zuvor besprochenen Abschnitt 2 der Spezifikation.

Jede UL-Message wird dreimal verschickt. Je länger die Frame-Länge ist, umso länger wird das Funkband belegt; maximal 2,08 s bei eineim UL-Payload von 12 Byte.
Jede UL-Message wird dreimal verschickt. Je länger die Frame-Länge ist, umso länger wird das Funkband belegt; maximal 2,08 s bei eineim UL-Payload von 12 Byte.
(Bild: Sigfox)

Die Downloads werden per Uplink-Message gesteuert

Die Endgeräte für Sigfox können nicht nur Daten versenden (Uplink), sondern auch empfangen (Downlink). Der Nachrichtenempfang wird über den Downlink-Protocol-Stack geregelt. Entscheidend für eine Downlink-Übertragung ist, dass diese grundsätzlich von dem Endgerät eingeleitet wird, das den Download erhalten soll. Dadurch sind Downloads im Netz von Sigfox energiesparend für das Sigfox-Device, da es nicht ständig empfangsbereit sein muss. Der DL-Protokoll-Stack ist mit einer Fehlerkorrektur ausgestattet, womit sich das erneute Versenden einer Downlink-Message vermeiden lässt. Konkrete Details nennt die Bidirectional Procedure, die mit B-Procedure abgekürzt wird und beschreibt, wie eine Downlink-Übertragung von einem Endgerät initiiert wird. Dabei sind, abhängig von der jeweiligen Region und dem dort verwendeten Frequenzverfahren (DC, FH, LBT), insgesamt zwölf verschiedenen Zeitintervallkonfigurationen möglich.

Im letzten größeren Abschnitt der Spezifikation geht es um die unterschiedlichen Arten von Nachrichten zwischen den Sigfox-Endgeräten und -Backend, wie sich diese Nachrichten oder Endpoint-Messages zusammensetzen und welche Informationen oder Payload der Nachricht enthalten oder enthalten können. Die maximal mögliche Payload liegt beispielsweise bei einem Wert von 12 Bytes. Eine Keep-Alive-Control-Message hingegen hat eine Payload von 0 Byte, da in diesem Fall die Nachricht selbst die Information darstellt = „Ich bin aktiv“.

Für die Zukunft wird es interessant zu sehen sein, welche neuen Produkte insbesondere die Hersteller von ASICs durch die Öffnung des Sigfox-Standards entwickeln werden. Natürlich werden die neuen Akteure ihre Endgeräte für Sigfox zertifizieren müssen, damit sie über das Netzwerk kommunizieren können. Es ist davon auszugehen, dass die Zertifizierung selbst schneller und kostengünstiger werden wird.

Sensor-Kit: Schneller Start mit Sigfox

* Alexander Lehmann ist Technischer Manager PreSales bei Sigfox in Grasbrunn bei München.

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