Indoor-Lokalisierung Positionsbestimmung in Innenräumen mit Bluetooth
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Mit der 2019 eingeführten „Bluetooth Direction Finding“-Erweiterung eignet sich der günstige Funkstandard auch für genaue Ortungsanwendungen in Innenräumen – wie ein Proof-of-Concept zeigt.

Standortbestimmung ist einer der entscheidenden Vorteile von IoT-Technologie für Unternehmen und Endverbraucher. Für einen moderaten Preis können Fuhrparkmanager ihre Fahrzeuge, Logistikunternehmen ihre Warenlieferungen und Landwirte ihre Viehbestände verfolgen – alles in Echtzeit. Vernetzte IoT-Geräten lassen sich auch nutzen, um etwa einen betagten Angehörigen, Haustiere oder wertvolle Gegenstände wie ein Auto im Auge zu behalten.
Dank globaler Navigationssatellitensysteme (GNSS), einschließlich GPS, GLONASS, BeiDou und Galileo, hat die Ortungstechnologie Einzug in fast alle Bereiche unserer Wirtschaft und unseres täglichen Lebens gehalten. Gleichzeitig hat sich die GNSS-Technologie Jahr für Jahr verbessert, wobei die erreichbare Genauigkeit von Metern auf wenige Zentimeter gestiegen ist, die Zeit bis zur ersten Ortung von einigen zehn Sekunden auf Sekunden verkürzt wurde und die Verfügbarkeit der Dienste selbst in den dichtesten städtischen Gebieten ständig zunimmt.
Doch bis heute weist die hochpräzise Ortung einen großen blinden Fleck auf: großflächige Innenbereiche. Die schwachen GNSS-Signale dringen in die meisten Innenräume nicht mit ausreichender Stärke ein. Die Folge: Anwendungen – und damit Effizienzsteigerungen – durch eine kontinuierliche Standortbestimmung bleiben vielen potenziellen Anwendern verwehrt:
- Krankenhausmanager, die medizinische Geräte, Patienten und Personal verfolgen;
- Flughafenbetreiber, die die Gepäckabfertigung optimieren und verspätete Passagiere schnell ausfindig machen;
- Fertigungsunternehmen, die Produktionsprozesse automatisieren;
- Dienstleistungs- und Einzelhandelsunternehmen, die das Kundenverhalten und Backend-Abläufe verfolgen, oder
- Lagerverwalter, die Abläufe mit autonomen Bodenrobotern verbessern wollen.
Da Satellitensignale in diesen Umgebungen weitgehend nicht zur Verfügung stehen, wurde eine Reihe anderer Technologien vorgeschlagen, um diese Schwachstelle zu beheben. Mit Mobilfunkmodems ausgestattete Geräte können beispielsweise mit Hilfe von Mobilfunksignalen eine Positionsbestimmung in Bezug auf nahe gelegene Mobilfunkmasten vornehmen, indem sie das so genannte Network Fingerprinting oder fortgeschrittene Signallaufzeit-(Time-of-Flight-)Verfahren verwenden. Mit Wi-Fi ausgerüstete Geräte können ähnliche Ansätze nutzen, um ihre Lage in der Nähe von Wi-Fi-Hotspots zu bestimmen. Und Bluetooth-Geräte können die Signalstärkeanzeige (RSSI) nutzen, um eine ungefähre Entfernungsschätzung in Bezug auf Bluetooth-Beacons abzugeben.
Diese Technologien leiden alle unter Mängeln, die ihre Akzeptanz in den oben genannten Anwendungsfällen einschränken, in denen die Genauigkeit, Verfügbarkeit, Benutzerfreundlichkeit und Erschwinglichkeit der GNSS-Technologie einen ambitionierten Maßstab gesetzt haben. Mobilfunk- und Wi-Fi-basierte Ortungstechnologien erfordern relativ hohe Hardwarekosten – und erfüllen in Punkto Genauigkeit oft nicht die gestellten Erwartungen. Trotz seiner geringen Genauigkeit hat Bluetooth RSSI aufgrund seiner niedrigen Kosten, seines geringen Energiebedarfs und seiner Kompatibilität mit der Mehrzahl der im Umlauf befindlichen vernetzten Geräte in Anwendungen Fuß gefasst, die eine raumgenaue Ortung erfordern.
Bluetooth Direction Finding verbessert Indoor-Positionsbestimmung
Im Jahr 2019 hat die Bluetooth SIG mit der Einführung von Bluetooth Direction Finding die Indoor-Positionsbestimmung verbessert. Der Ansatz, der eine neue Art von Bluetooth-Signal und Mehrfachantennen-Arrays verwendet, um den Ausbreitungswinkel einer Bluetooth-Nachricht zwischen einem mobilen Tag und einem oder mehreren statischen Ankerpunkten zu messen, stellt eine neue potenzielle Lösung für das Problem der Standortbestimmung im Innenbereich bereit, die wohl zum ersten Mal alle Kriterien erfüllt. Hohe Präzision? Erfüllt. Einfacher Einsatz? Erfüllt. Niedrige Gerätekosten? Erfüllt. Geringer Energiebedarf? Alles erfüllt.
Seit ihrer Einführung sind Bluetooth-basierte Indoor-Positionsbestimmungslösungen auf ein beträchtliches Interesse gestoßen. ABI Research prognostiziert für den Zeitraum von 2019 bis 2025 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate (CAGR) von 28,3 % für die Auslieferung von Bluetooth-Tags, wobei der bei weitem größte Anstieg (64,2 %) in smarten Büros und die größte absolute Anzahl (über 163 Millionen) in der Lager- und Logistikbranche erwartet werden.
Aufgrund der Ergänzung von GNSS-Lösungen für den Außenbereich, des umfangreichen globalen Ökosystems von Unternehmen, die Lösungen auf der Grundlage dieser Technologie entwickeln, des geringen Stromverbrauchs und der geringen Kosten sowie der durch sie gebotenen Positionierungsgenauigkeit im Bereich von unter einem Meter hat u-blox erhebliche F&E-Aktivitäten auf die Förderung der Akzeptanz dieser Technologie konzentriert.
Höhere Ortungsgenauigkeit mit Bluetooth-Peilung
Die Bluetooth-Indoor-Positionsbestimmung basiert auf Bluetooth-Peilung. Dieses in zwei Varianten verfügbare Verfahren ermöglicht das Bestimmen der Ausbreitungsrichtung eines Bluetooth-Signals zwischen einem mobilen Tag und einem festen Ankerpunkt. Im Falle des Ankunftswinkels (AoA, Angle of Arrival) berechnet der Ankerpunkt die Richtung des vom Tag gesendeten, eingehenden Signals. Hingegen sind beim Abgangswinkel (AoD, Angle of Departure) die Rollen vertauscht, und der Tag hat die Aufgabe, den Winkel zu berechnen, unter dem das Signal vom Ankerpunkt gesendet wurde. Dieser Artikel konzentriert sich auf AoA, das besser für Indoor-Ortungslösungen eignet ist, während AoD Vorteile für die Indoor-Navigation bietet.
Zur Evaluierung der Technologie u-blox in seinen Büros in Malmö, Schweden, eine AoA-basierten Demonstrationsaufbau für die Bluetooth-Peilung aufgebaut. Ein an einem Ankerpunkt zur Richtungsbestimmung angebrachtes Servogerät ist so programmiert, dass es einen beweglichen Bluetooth-Tag anhand des in Echtzeit berechneten Ankunftswinkels verfolgt.
Zwei Erweiterungen optimieren die Peilung
Die Bluetooth-Peilung nutzt zwei Erweiterungen. Einerseits ein neues Bluetooth-Peilsignal, das zusätzliche Daten enthält: die so genannte Constant Tone Extension (CTE). Während der Rest der Bluetooth-Nachricht zum Zwecke der Datenübertragung moduliert ist, besteht die CTE nur aus einer Reihe von Einsen. Daher kann der Empfänger diesen Teil der Nachricht verwenden, um die Phasenunterschiede zwischen den Signalen genau zu messen.
Zweitens befindet sich In jedem Ankerpunkt nicht nur eine einzelne Antenne, sondern ein Mehrfach-Antennen-Array. Das Bild oben zeigt, wie das vom mobilen Tag ausgesendete Peilsignal die einzelnen Antennen der Antennengruppe des statischen Ankerpunkts erreicht. Aufgrund der unterschiedlichen zurückgelegten Entfernung empfängt jede Antenne das Signal mit einer leichten Phasenverschiebung im Vergleich zu den anderen, die dank der CTE messbar ist.
Signal-Ankunftswinkel genau berechnen
Algorithmen, die auf einem in den Ankerpunkt eingebetteten Mikrocontroller laufen, können dann diese Daten auswerten, um den Ankunftswinkel des Signals mit einer Genauigkeit von einigen Grad zu berechnen. Werden anstelle eines einzigen Ankerpunkts mehrere Ankerpunkte verwendet, lässt sich mithilfe der kombinierten Berechnung der Ankunftswinkel ungefähre Standort des Peilsenders genauer triangulieren.
Dazu müssen die genauen Positionen und Ausrichtungen der Ankerpunkte in das Ortungssystem eingegeben werden, das dann einen weiteren Algorithmus ausführt, um den Standort des markierten Objekts – in 2D oder 3D – auf Grundlage der von jedem Ankerpunkt berechneten Ankunftswinkel zu berechnen. In einem einfachen 8 mal 6 Meter großen Büro mit vier in den Ecken angebrachten Ankerpunkten lässt sich beispielsweise mit 95%iger Wahrscheinlichkeit eine durchschnittliche Genauigkeit von unter 1 Meter erreichen.
Erprobung der Technologie in einem industriellen Lagerhaus
U-Blox hat seine Bluetooth-Positionierungslösung für den Innenbereich in einem realen Industrielager getestet – einem typischen Einsatzszenario für Asset-Tracking- Anwendungen. Das 30 mal 50 Meter große Lagerhaus verfügte über Metallregale zur Lagerung von Geräten und Behältern. In der Bluetooth-Spezifikation sind zwar die unteren Schichten für die Verarbeitung der HF-Rohdaten definiert, der Algorithmus zur Berechnung des tatsächlichen Ankunftswinkels ist jedoch nicht angegeben.
Für den Versuch hat u-blox einen effizienten Algorithmus entwickelt, der auf dem Embedded-Mikrocontroller im Bluetooth-Chip läuft und eine hohe Genauigkeit und Aktualisierungsrate erreicht. Insbesondere hat u-blox das HF-Frontend, die Antennen, die eingebetteten Algorithmen, die in den Bluetooth-Modulen der Ankerpunkte laufen, sowie das drahtlose Konnektivitäts-Backbone, das die Ankerpunkte mit einem Netzwerk verbindet, optimiert.
Für den Versuch kamen zehn Ankerpunkte zum Einsatz, um ein sechs Meter hohes Volumen mit einer Grundfläche von etwa 1.000 Quadratmetern abzudecken. Nach sorgfältiger Planung und Vorbereitung dauerte war die Installation des Positionsbestimmungssystems nur etwa zwei Stunden.
Um die Sichtlinie zwischen den Tracker-Tags und den Multiantennen-Arrays zu maximieren, wurden die Ankerpunkte drei bis fünf Meter über dem Boden angebracht. Als Tracking-Software kam Traxmate, die Lösung eines Drittanbieters zum Einsatz. Darin wurden die Positionen und Ausrichtungen der Ankerpunkte eingeben und die Positionierungseinheit über eine integrierte API konfiguriert. Ein Wi-Fi-Kommunikations-Backbone zwischen jedem Ankerpunkt und dem Lokalisierungssystem komplettierte die Installation.
Ideal: Freie „Sicht“ auf mindestens drei Ankerpunkte
Der Aufbau sollte einen realen Anwendungsfall spiegeln, also auch bei verwinkelten Innenbereichen mit zahlreichen typischen Hindernissen wie Regalen eine zuverlässige Leistung liefern. Zunächst platzierten die u-blox-Techniker die Ankerpunkte strategisch so, dass die Wahrscheinlichkeit einer Sichtverbindung zwischen allen wahrscheinlichen Tag-Positionen und mindestens drei Ankerpunkten maximiert wurde.
Darüber hinaus mussten man mit Dopplereffekten rechnen, die z. B. entstehen, wenn Funksignale an Wänden reflektiert werden. Die Algorithmen, die in den Ankerpunkten zur Berechnung der Winkel laufen, beinhalten eine Abschwächung dieser Mehrwegestörungen und liefern selbst in der schwierigen Funkumgebung eines Lagers eine verlässliche Performance.
Bluetooth-Peilfunktion ist überzeugende Lösung
Die Erfahrungen mit diesem Proof-of-Concept haben gezeigt, dass die hochgenaue Bluetooth-Indoor-Ortung hält, was sie verspricht. Zum einen kann sie, wenn sie gut umgesetzt wird, Genauigkeiten im Sub-Meter-Bereich liefern. Wie für Bluetooth-Geräte typisch liegen die Kosten für die erforderliche Hardware deutlich unter denen konkurrierender Technologien.
Gleiches gilt für den Energiebedarf. Der Einsatz von Positionsbestimmungslösungen im Innenbereich war lange Zeit eine besondere Herausforderung. Die Integration der von u-blox verwendeten Hardware mit Web-Schnittstellen hat die Bereitstellung erheblich vereinfacht.
Mit der Freigabe der Bluetooth-Peilfunktion hat die Bluetooth SIG eine überzeugende Lösung für das Problem der Positionsbestimmung im Innenbereich von Gebäuden bereitgestellt, die viele der Unzulänglichkeiten der derzeit auf dem Markt befindlichen Lösungen beseitigt.
* Erik Carlberg ... ist Senior Product Manager für Produktstrategie Kurzstreckenfunk bei u-blox
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