Neuronale Netze auf Arm-Prozessoren
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Eta Compute will das Edge und mobile Endgeräte mit mehr künstlicher Intelligenz ausstatten. Dazu nutzt das Start-up einen Prozessor, der gar nicht dafür optimiert ist. Kann das funktionieren?

„Kunden wollten mehr Intelligenz für das Edge“, erklärt Laut Paul Washkewicz, Vice President und Mitgründer des Start-ups Eta Compute. Daher habe sein Unternehmen die „industrieweit erste neuromorphe Plattform“ entwickelt, die jetzt verfügbar sei. Hinter der vollmundigen Ankündigung steckt ein modulares SoC-System, das Auftragsfertiger TSMC im 55-nm-ULP-Prozess (Ultra Low Power) herstellt. Es basiert auf einem sehr sparsamen Mikrocontroller, den Eta Compute im Herbst 2017 vorgestellt hatte. Laut eigenen Angaben arbeitet der Chip mit asynchron getakteten Schaltkreisen, die mit minimal 0,25 V Versorgungsspannung auskommen. Dadurch würde das SoC auf Basis eines Cortex-M3 von Arm lediglich fünf Mikrowatt Leistung aufnehmen.
Interessanterweise nutzt Eta Compute für seine Entwicklung nicht die Vorarbeit, die Arm durch sein "Trillium" genanntes KI-Projekt bereitstellt. Stattdessen fußt der eigene Ansatz für neuromorphes Computing auf zwei Säulen: eine asynchrone, ereignisgetriebene Logikarchitektur (Delay Insensitive Asynchronous Logic, DIAL) sowie eine selbstentwickelte Software für neuronale Netze (Spiking Neural Network Software). Diese DIAL-Architektur hat sich Eta mittlerweile patentieren lassen. Mithilfe eines neuartigen Handshakes soll sie in der Lage sein, im Tiefschlaf befindliche Schaltkreise zuverlässig aufzuwecken. Dadurch könne das System Geräte ohne die bei synchronen Schaltungen nötigen Konfigurations- und Wartezyklen aktivieren.
„Vollständig konfigurierbare Algorithmen für neuronales Rechnen“
Während beim ursprünglichen SoC die extrem geringe Leistungsaufnahme im Fokus stand, stellt Eta Compute nun marketingwirksam die künstliche Intelligenz heraus. Demnach kombiniert der Chip DIAL mit „vollständig konfigurierbaren Algorithmen für neuronales Rechnen“ erklärt Nara Srinivasa. Der KI-Spezialist und Chief Technical Officer von Eta Compute war bis Herbst letzten Jahres Senior Principal Engineer bei Intel und Chief Scientist der Intel Labs.
In dieser Funktion entwickelte er selbstlernende, neuromorphe Architekturen, die breitere KI-Fragestellungen adressieren sollten. Noch im September stellte Intel Loihi vor, einen Testchip, der Gehirnfunktionen nachbilden sollte, indem er in seiner Umgebung erzeugte Daten verarbeitet. Srinivasa ist überzeugt, dass sich Etas Ansatz für ein breites Spektrum an Applikationen eignet, die mehr Maschinenintelligenz im Edge von Netzwerken benötigen – Spracherkennung, Herzfrequenzmonitore oder auch das Identifizieren von .
Skepsis ist angebracht
Linley Gwennap, sieht diese Aussage eher skeptisch. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin eetimes äußerte sich der Principal Analyst der Linley Group: „Beim neuromorphen Rechnen geht es darum, mit integrierten Schaltkreisen die Strukturen von Gehirnen nachzubilden.“ Typische neuromorphe Systeme würden künstliche Neuronen einsetzen, mit denen sich unterschiedliche Typen neuronaler Netze aufbauen ließen. „Dieser Ansatz unterscheidet sich fundamental von einer klassischen Von-Neumann-Prozessorarchitektur, auf der auch ein Arm Cortex-M3 basiert.“ Was Eta Computing letztlich ankündige, sei „ein Cortex-M3-Prozessordesign und einige weitere IP-Cores mit extrem geringer Stromaufnahme.“ Für den wachsenden Markt der IoT-Sensoren seien diese gut geeignet.
Zum aktuellen 55-nm-IP-Portfolio von Eta Compute gehört neben der Cortex-M3-CPU ein von NXP entwickelter CoolFlux-DSP, ein SAR-(Successive Approximation Register)-Analog-Digital-Wandler mit 12 Bit Auflösung und optimierte Spannungsregler mit Unterstützung für Analog-Schaltungsteile mit geringer Leistungsaufnahme. Der NXP-DSP würde die „für künstliche Intelligenz wichtige Signalverarbeitung übernehmen“, sagt Washkewicz. Bislang bietet Eta Compute keine vollständige Software-Entwicklungsumgebung an. Stattdessen „verfolgen wir einen ASIC-ähnlichen Ansatz, der die KI-Engine im Arm-Prozessor ‚festverdrahtet‘“, sagt Washkewicz. Mit diesem Ansatz habe man bereits einige wichtige Kunden gewonnen, die derzeit die IP-Cores in ihre Designs integrieren würden.
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