Gastkommentar Grünen-Politiker Krischer zur 5G-Versteigerung: „Schon heute verschimmeln 4 Mrd. Euro in Förderprogrammen“
Über 6,5 Mrd. Euro müssen die vier erfolgreichen Bieter für die versteigerten Frequenzblöcke im Sub-6-GHz-Band zahlen. Der damit finanzierte Digitalpakt unterstützt primär schnelles Internet per Glasfaser. Das hilft nicht beim Stopfen der Funklöcher im ländlichen Raum und beim Aufbau eines leistungsstarken 5G-Mobilfunknetzes, sagt Oliver Krischer von den Grünen.
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Das Versteigerungsergebnis hätte man auch billiger haben können. Die gleiche Verteilung der Frequenzblöcke zwischen den 4 Netzbetreibern gab es schon bei einer Versteigerungsrunde 4 Mrd. Euro vorher. Die mehr als 6,5 Mrd. Euro werden den Netzbetreibern beim Ausbau des Mobilfunknetzes fehlen, gerade wenn es um die Schließung von Funklöchern im ländlichen Raum geht.
Die Einnahmen der aktuellen Versteigerung müssen in die Ertüchtigung des bestehenden LTE Netzes fließen, das für die nächsten Jahre die Grundlage für den 5G Ausbau ist. Das kann man rechtfertigen. Deutschland hat eine so schlechte Mobilfunk-Abdeckung und eine sehr mittelmäßige Datengeschwindigkeit, weil die Firmen bei früheren Versteigerungen zu viel Geld gezahlt haben.
Bislang sind 60,26 Mrd. Euro im Bundeshaushalt versickert, die beim Ausbau des Mobilfunknetzes gefehlt haben. Nach der UMTS-Versteigerung wurde aufgrund der hohen Versteigerungszahlungen nur ein sehr dünnes Mastennetz aufgebaut. Nachfolgende Standards wie LTE wurden dann hauptsächlich nur on top auf die bestehenden Masten installiert.
Schon heute verschimmeln 4 Mrd. Euro in Glasfaser-Förderprogrammen
Warum wollen wir ein Förderprogramm, aus dem die Netzbetreiber unterstützt werden? Der Mobilfunkausbau im ländlichen Raum ist oftmals nicht wirtschaftlich. Eine Sendeanlage kostet schnell 1 Mio. Euro, weil in der Regel auch ein Glasfaseranschluss gelegt werden muss. Ohne Förderprogramm – das sich aus den aktuellen Versteigerungserlösen speisen sollte – wird es keine wesentlichen Verbesserungen geben, weil es keinen Hebel mehr über Auflagen gibt.
Jetzt sollte es darum gehen, die Versorgunglage in ländlichen Gebieten mit LTE zu verbessern, aber auch die Qualität insgesamt. Wenn ich von Köln in meine Heimatstadt Düren fahre, reißt auf der Strecke mindestens 5mal die Telefonverbindung ab. Egal, ob ich im Zug sitze oder mit dem Auto fahre.
Die Bundesregierung will das Geld aus der gerade zu Ende gegangenen Versteigerung in den Digitalpakt stecken. 70% der Einnahmen sollen dabei in den Ausbau von schnellem Internet mit Glasfaser investiert werden. Das ist nicht zielführend. Dafür gibt es heute schon Förderprogramme, in denen über 4 Mrd. Euro seit Jahren verschimmeln, weil sie nicht abgerufen werden. In den nächsten Jahren wird hier kein zusätzliches Geld gebraucht. Ich befürchte, dass das Geld aus der aktuellen 5G Versteigerung in einigen Jahren in den allgemeinen Haushalt übergeht, weil es nicht beim Glasfaserausbau ausgegeben wird.
Für 5G sollten Netzbetreiber von Anfang an National Roaming einführen
Der flächendeckende Ausbau mit schnellem LTE hat für uns Grüne Priorität. Bei 5G wäre es immens wichtig, wenn die Netzbetreiber von Anfang an das Nationale Roaming einführen, um möglichst schnell eine gute Flächenabdeckung zu erreichen. Es erfolgt eine Absprache, wer wo einen Sendemasten aufstellt, der dann von den anderen drei Netzbetreibern mitgenutzt werden kann.
Das ist aus der technischen Sicht zwar komplex, aber machbar, wie Beispiele aus anderen Ländern zeigen. Das Stichwort ist hier RAN-Sharing, damit es zu keinen Unterbrechungen beim Frequenzwechsel kommt. Auf jeden Fall würde dieser Weg die 5G-Tarife spürbar nach unten beeinflussen. Ansonsten befürchten wir, dass die erste Zeit nur wirtschaftliche Hot-Spots wie der Potsdamer Platz oder das Frankfurter Bankenviertel versorgt werden.
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* Oliver Krischer ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen und MdB
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