IEC 61918 und Single Pair Ethernet Gemeinsamer Nenner für alle Automatisierungsprotokolle
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Die Norm IEC 61918 beschreibt den Aufbau der Kommunikationsnetzwerke in industriellen Anlagen. In der neuen Version sind wichtige Eckpunkte zu Verkabelungsstrukturen auf Basis von Single Pair Ethernet enthalten. Drei Fragen an Matthias Fritsche, SPE Partner.

Mit Single Pair Ethernet (SPE) steht Industrieanwendungen eine Infrastruktur zur Verfügung, die die Nutzung des Ethernet-Protokolls von der Cloud bis an jeden Sensor der Feldebene ermöglicht. Platz- und ressourcenschonend können Daten und Leistung in Bereiche übertragen werden, die bisher für Ethernet unerreichbar waren. Um SPE zuverlässig und nach prüfbaren Regeln zu implementieren, sind internationale Normen notwendig, die die Verwendung von SPE festlegen. Einen wichtigen Beitrag leistet die aktuelle Ausgabe der IEC 61918.
Im Kurzinterview beantwortet Matthias Fritsche, Head of Technical Working Group im SPE Industrial Partner Network e.V. drei Fragen rund um die neue Ausgabe der IEC 61918.
Herr Fritsche, was beschreibt die neue Ausgabe der Norm und welche Auswirkungen hat sie auf die Markteinführung von SPE?
Die IEC 61918 beschreibt die Installation von Kommunikationsnetzen in Industrieanlagen, ganz speziell in den sogenannten „automation islands“. Darunter versteht man die Datenverkabelung innerhalb von Maschinen und Anlagen. Die neue Ausgabe enthält jetzt auch die Vorgaben zur Nutzung von SPE und gibt dem Anwender genaue Informationen, welche Kabel und Steckverbinder er einsetzen muss und wie die Verkabelung auszuführen ist. Auch Angaben zu der zulässigen Anzahl von Verbindungsstellen, der Steckverbinderbelegung, dem Aderquerschnitt und der Kabellänge und viele weitere Details sind hier zu finden.
Welchen Bezug hat die neue 61918 auf bestehende Connectivity-Normen wie die IEC-63171-Reihe?
Die IEC 61918 referenziert auf die „Industrial Style“-SPE-Steckverbinder der IEC 63171-6 und gibt auch Hinweise, welche dieser M8- oder M12-Varianten je nach Kabeltyp optimal geeignet ist. Damit werden, wie auch in der neuen Ausgabe der ISO/IEC 11801-3 für die Industriegebäudeverkabelung, die gleichen Steckerbindertypen spezifiziert und damit gibt es für alle industriellen Anwendungen eine klare und einheitliche Definition der Schnittstellen. Das ist sehr wichtig für die Geräteentwickler und Anwender, denn eine einheitliche Schnittstellendefinition ist elementar wichtig für die Markteinführung von SPE.
Was ist Ihre persönliche Einschätzung hinsichtlich der Marktentwicklung von SPE in der Industrie?
Aktuell wird die neue Technik sehr intensiv im Markt, in den Nutzergruppen und bei den Herstellern diskutiert. Nach einer ersten, sagen wir mal Hype-Phase, kühlt sich die Wahrnehmung von SPE am Markt nun etwas ab und wir sehen wirklich erste Projekte und die ersten realen Produkte mit SPE-Technologie im Markt. Um relevante Umsätze zu generieren, benötigt man üblicherweise 8 bis 10 Jahre. Nach meiner Einschätzung wird man somit ab 2025 in der Industrie nennenswerte Umsätze mit SPE-Produkten sehen.
Hintergrund zur IEC 61918
Die aktuelle Ausgabe der IEC 61918:2018/AMD1:2022 Amendment 1 ist der Installationsstandard für Kommunikationsnetzwerke in industriellen Anlagen, Maschinen und Automatisierungsinseln. Sowohl die Verkabelungsinfrastruktur als auch die zu verwendenden Komponenten wie Kabel und Verbinder werden für alle Automatisierungsprofile klar definiert. Dabei werden Verkabelungslösungen mittels Glasfaserkabel, symmetrischen Kupferkabeln und für Wireless Medien betrachtet.
Das neue Amendment zur IEC 61918 adressiert die 1-paarigen Verkabelungsstrukturen für Single Pair Ethernet (SPE) und die dazugehörige Fernspeisung PoDL (Power over Data Line). Damit wird die Lücke zwischen klassische IT-Infrastruktur und Industrie, IoT/IIoT geschlossen.
Anwender erhalten damit konsistent mit der ISO/IEC 11801-3 (Industriegebäude) klare Vorgaben für die Infrastrukturkomponenten. Der Anhang 1 (AMD1) referenziert auf die Kabelstandards für 1-paarige Datenkabel nach IEC 61156-11/12/13/14 und den Standard für die 1-paarigen Datensteckverbinder nach IEC 63171-6. Damit haben die Systemdesigner und Anwender eine stabile Basis für die Auswahl der geeigneten Kabel und Schnittstellen und somit für die Implementierung der SPE- Technik in die Automatisierungswelt.
Mit der neuen Version der IEC 61918 ist somit normativ klar und eindeutig beschrieben, wie und mit welchen Komponenten eine Sensor-to-cloud-Dateninfrastruktur in industrieller Anwendung aussehen muss, damit die Kompatibilität zu den angrenzenden Netzwerkbereichen und den angebundenen Geräten sichergestellt ist. IIoT-Geräteanbieter können nun mit international abgestimmten Standards bei hoher Investitionssicherheit in die Entwicklung und Produktion von SPE-Geräten starten.
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