SPE: Zubringer zur Datenautobahn So beschleunigt Single Pair Ethernet die industrielle Kommunikation
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Single Pair Ethernet ist als durchgängiges Kommunikationsprotokoll äußerst interessant für Anwendungen der Industrie 4.0 und des IIoT. Ein Überblick zu aktuellem Stand der Technik und Standardisierung.

Sie gilt als Megatrend in der industriellen Kommunikation, dabei hat diese Technologie ihren Ursprung im Automotive-Bereich: Die Rede ist von Single Pair Ethernet (SPE). Ein durchgängiges Kommunikationsprotokoll statt mehrerer unterschiedlicher Feldbussysteme – das spart Gateways, Verkabelung und Gewicht. Aber nicht nur das.
Die Vorteile lassen sich auf die Netzwerkinfrastruktur für die Industrie 4.0 und das Industrial Internet of Things (IIoT) übertragen. Der Anwendungsbereich für diese Verbindungstechnik ist sehr breit. Ziele sind Fabrikautomatisierung, Gebäudeautomatisierung und Prozessautomatisierung.
SPE als nächste Evolutionsstufe des Ethernets
Feldbusse wurden aus dem industriellen Anlagenfeld vom SPE-Vorgänger, dem traditionellen Ethernet, vielfach verdrängt. Die Vorteile einer durchgängigen IP-basierten Kommunikation vom Sensor bis zur Cloud kann kein klassischer Feldbus bieten.
Mit Ethernet lassen sich dank eigens entwickelter Protokolle und definierter Reaktionszeiten sichere Anwendungen genauso problemlos realisieren wie Echtzeitlösungen. Die entsprechende Sensorik und Aktorik steht für das Anlagenfeld zur Verfügung. So kann beispielsweise das Signal eines Füllstandsensors nicht nur für die Anlagensteuerung genutzt werden, sondern steht gleichzeitig auch konzernweit zur Verfügung, etwa für einen Einkäufer auf einem anderen Kontinent.
Doch da herkömmliche Ethernet-Standards auf typische IT-Anwendungen abgestimmt sind, stößt es im industriellen Umfeld immer wieder an seine Grenzen. Die Industrie fordert in einigen Bereichen miniaturisierte Steckverbindungen, längere Übertragungsstrecken und eine vereinfachte Verkabelungsstruktur. Selbst intelligente Sensorik in modernen Industrieanlagen benötigt nur einen Bruchteil der Datenmenge, die etwa eine Videokonferenz erzeugt.
SPE: Zukunftssicher und durchgängig vernetzen
Hier kann Single Pair Ethernet punkten. Zudem ermöglicht es eine durchgängige, skalierbare und deterministische Vernetzung von der Sensorik bis in die Cloud. Und das in praktisch jeder Anwendung, ob in der Industrie, in der Logistik, im Gebäude oder wo auch immer Daten anfallen.
Das Konzept dahinter ist eine Erweiterung von Ethernet bis in die Sensorik, also überall dorthin, wo es keine Datenautobahnen, sondern „Feldwege“ bis in den letzten Winkel des Anlagenfeldes braucht – kompakt, flexibel und mit hoher Reichweite (Bild 1).
Bisherige Lösungen benötigen zwei (Fast Ethernet) beziehungsweise vier Adernpaare (Gigabit-Ethernet und höher), während Single Pair Ethernet nur noch eines Adernpaars bedarf.
Gleichzeitig kann die Single-Pair-Ethernet-Technologie neben Daten auch Leistung zur Verfügung stellen. Damit garantiert sie eine wirtschaftliche, zukunftssichere und durchgängige Vernetzung einer Vielzahl an Endgeräten – von der Geräteschnittstelle bis zur aktiven Vernetzung intelligenter Geräte sowie von der Gebäudetechnik bis zur Sensorik im Feld ohne zusätzliche Gateways.
Standards für höhere Reichweiten und Geschwindigkeiten
Die physikalischen Eigenschaften und Übertragungsraten werden international vom Standardisierungsgremium IEEE definiert. Diese neuen Varianten des Ethernets stoßen auch in der Automatisierungstechnik auf großes Interesse, denn SPE erfüllt alle Voraussetzungen für die Industriekommunikation im Zeitalter der Digitalisierung.
Die Übertragungsraten von 10 MBit/s bei einer Übertragungslänge bis zu 1.000 m bis hin zu 1 GBit/s mit einer Übertragungslänge von 40 m sind selbst für eine anspruchsvolle Sensorik oftmals ausreichend.
Zudem gibt es Ansätze, weitere SPE-Standards um die Reichweiten und Übertragungsgeschwindigkeiten noch weiter zu erhöhen. Auch Scanner und Kameras zur Überwachung lassen sich so durchgängig mit Ethernet in das Netzwerk integrieren (Bild 2). Die realisierbaren Reaktionszeiten lassen sogar Time-Sensitive-Networking-Anwendungen zu.
Single Pair Ethernet: Die Energieversorgung
Ein weiterer großer Vorteil von SPE ist die Möglichkeit, die Energieversorgung der angeschlossenen Peripherie via Power over Data Line (PoDL) zu realisieren. PoDL stellt hierbei eine Leistung bis zu 52 W am Power Device (PD) zur Verfügung. So lässt sich die Sensorik selbst unter äußerst beengten Verhältnissen sowohl mit Energie als auch mit einer Datenschnittstelle versorgen. Eine zusätzliche separate Zuleitung entfällt.
Mit der 52-W-Marke ist noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht: Die Phoenix-Contact-Gruppe hat einen Entwicklungsvertrag mit TE Connectivity unterzeichnet. Die Zusammenarbeit sieht die gemeinsame Entwicklung von neuen SPE-M12-Hybridsteckverbindern nach IEC 63171-7 vor.
Der Standard wurde Anfang 2021 auf Vorschlag von TE in die IEC-Norm eingebracht. Die Norm IEC 63171-7 spezifiziert hybride Schnittstellen mit SPE- und Power-Kontakten im M12-Format. Der Standard beschreibt sieben Kodierungen für unterschiedliche Applikationen mit Leistungsklassen von 8 bis 16 A und von 50 bis 600 V. Die Entwicklungsaktivitäten fokussieren sich im ersten Schritt auf die Kodierung 2 (2 x 8 A / 63 V DC). Erste Serienprodukte sind für Anfang 2023 geplant.
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Single Pair Ethernet IEC 63171-7
SPE-M12-Hybridsteckverbinder für Anwendungen an der Edge
Bei der Kommunikation Machine-to-Machine bietet SPE völlig neue Möglichkeiten, da die Technik intelligente Maschinen optimal vernetzen kann. Ohne Gateways oder viele unterschiedliche Kommunikationsarten lassen sich Prozesse über die gesamte Anlage hinweg äußerst wirtschaftlich visualisieren und optimieren.
Besonders beim Einsatz von Robotik kann SPE seine Vorteile ausspielen, denn hier ist eine äußerst flexible und platzsparende Verdrahtung in Kombination mit kürzesten Reaktionszeiten gefragt.
IP-20-Steckverbinder für eine leichtere Installation
In Blomberg wurden bereits Steckverbinder für SPE entsprechend der IEC 63171-2 für die Umgebung IP20 und der IEC 63171-5 in M8- und M12-Ausführungen für die Umgebung IP67 entwickelt (Bild 3). Das Produktportfolio erweitert man kontinuierlich.
Mit dem Fokus auf Querschnitte im Bereich AWG 26 bis AWG 22 sind besonders anwenderfreundliche Steckverbinder bereits verfügbar, die sowohl als Patch-Kabel aber auch als frei konfektionierbare Varianten realisiert werden.
Die Steckverbinder erfüllen alle Anforderungen an Impedanz, Spannungsfestigkeit, Rückfluss- und Kopplungsdämpfung, die in einer Industrieumgebung gefragt sind. Das Steckgesicht kann aufgrund seiner HF-Leistungsfähigkeit auch applikationsunabhängig vom Arbeitsplatz über Rechenzentren und Industrieverkabelung bis zur Cloud genutzt werden.
Ein robuster Verriegelungsmechanismus garantiert eine uneingeschränkte Industrietauglichkeit auch bei IP20-Varianten, die Ausziehkraft beträgt mindestens 50 N. Durch die Doppelkontaktierung des Steckverbinders werden auch höchste Ansprüche an Schock- und Vibrationsfestigkeit erfüllt.
Der sehr kompakte IP20-Steckverbinder ist mit einem Rastermaß von 7,62 mm nur halb so groß wie ein RJ45-Verbinder. Somit können in der Baugröße eines RJ45-Leiterplattenverbinders zwei Single-Pair-Ethernet-Ports verbaut werden, was die Portdichte auf den Geräten verdoppelt.
Betrachtet man das Volumen der Geräteschnittstelle, wird nur noch ein Raum von etwa 20 Prozent im Vergleich zu einem RJ45 benötigt. Damit stehen deutlich kompaktere IP20-Geräteschnittstellen für Single Pair Ethernet zur Verfügung, die wiederum entsprechend kompaktere Geräte ermöglichen.
SPE-Steckgesichter der Normen IEC63171-2 und -5
Die IP20- und IP65/67-Steckverbinder der Normen nach IEC63171-2 und -5 haben ein einheitliches Steckgesicht. Ein IP20-Patchkabel der -2 passt ohne Adapter in einen M8- oder M12-Anschluss, der in der -5 beschrieben ist. Das reduziert die Komplexität für den Anwender und erleichtert Service- und Installationsarbeiten.
Die robusten feldkonfektionierbaren IP20-Steckverbinder lassen sich dank IDC-Anschluss sehr einfach konfektionieren – auch direkt im Anlagenfeld.
Durch die Verwendung von standardisierten M8- und M12-Gehäuseverschraubungen lassen sich auch bestehende Gehäusekonturen weiternutzen und der Design-In Prozess wird deutlich vereinfacht (Bild 4).
Das erleichtert den Wechsel von bisherigen Ethernet- bzw. Bussystemen. Die Steckverbinder eignen sich für Datenübertragungsraten bis in den Gigabit-Bereich und decken auch Anforderungen zukünftiger SPE-Standards ab. Damit setzt das Unternehmen aus Blomberg starke Impulse für den Einsatz von SPE in Industrie-4.0-Umgebungen und vielen weiteren Applikationsfeldern.
* Dipl.-Ing. Verena Neuhaus arbeitet im Product Management Data Connectors der Business Unit Field Device Connectors bei Phoenix Contact in Blomberg.
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