Gefälschte Inspektionsdaten: Erneuter Materialbetrug in Japan

Von Sebastian Gerstl

Schon im Oktober mussten die Autohersteller Mitsubishi und Nissan zugegen, jahrelang Inspektionsdaten bei Materialkomponenten gefälscht zu haben. Nun trifft es auch das Chemie-Unternehmen Toray Industries: Die Firma räumte ein, dass eine seiner Tochterfirmen jahrelang bei Inspektionsdaten für Reifenmaterialien geschummelt habe.

Japans Industrie war für seine gute Produktqualität bekannt. Jetzt liegt ein immer dunkler werdender Schatten über der Branche: Nach Nissan, Mitsubishi, Kobe Steel und Subare musste nun mit Toray Industries ein weiterer Materialbeschaffer der Automobilindustrie Manipulationen bei Inspektionsdaten einräumen.
Japans Industrie war für seine gute Produktqualität bekannt. Jetzt liegt ein immer dunkler werdender Schatten über der Branche: Nach Nissan, Mitsubishi, Kobe Steel und Subare musste nun mit Toray Industries ein weiterer Materialbeschaffer der Automobilindustrie Manipulationen bei Inspektionsdaten einräumen.
(Bild: EPA/FRANCK ROBICHON)

Toray Industries ist der weltgrößte Hersteller von Kohlefaser-Verbundwerkstoffen. Wie ein Sprecher des Unternehmens am Dienstag zugab, hatte die Tochterfirma Toray Hybrid Cord Inc. zwischen April 2008 und Juli 2016 in mindestens 149 Fällen Inspektionsdaten für Reifenmaterialien manipuliert. Betroffene Produkte wurden demnach in diesem Zeitraum an 13 Reifenhersteller und andere Unternehmen geliefert.

"Es gab keine Rechtsverstöße oder Sicherheitsprobleme; das war zwischen uns und unseren Kunden, und so gab es keine Notwendigkeit, sie offen zu legen", sagte Toray-Präsident Akihiro Nikkaku auf einer Pressekonferenz. Der Mutterkonzern habe erst im Oktober von den Manipulationen erfahren. Er entschied nur, den Betrug öffentlich bekannt zu geben, nachdem Gerüchte Anfang des Monats in einem anonymen Online-Posting erschienen waren. Der Internet-Post zwang das Unternehmen, "eine angemessene Erklärung abzugeben, bevor Gerüchte verbreitet werden", sagte Nikkaku.

Das Qualitätssiegel Made in Japan leidet derzeit massiv unter den Manipulationsvorwürfen, die bei zahlreichen führenden Konzernen seit Anfang Oktober ans Licht gekommen sind. Japanische Unternehmen sehen sich einem wachsenden Druck ausgesetzt, Qualitätssicherungsmängel aufzudecken.

Eines der ersten Unternehmen, dem Datenfälschung nachgewiesen wurden, war der Traditionskonzern Kobe Steel Ltd. Das Unternehmen produziert hauptsächlich Stahl und Maschinen, die weltweit unter der Marke Kobelco vermarktet werden. Der Vorstandsvorsitzende Hiroya Kawasaki gab zu, dass man jahrelang falsche Angaben zu Festigkeit und Haltbarkeit von Aluminium-, Kupfer- und Stahlprodukten gemacht habe. Der Konzern beliefert unter anderem zahlreiche Automobilhersteller mit diesen Materialien.

Erst vergangene Woche gab auch der japanische Megakonzern Mitsubishi Materials Corp zu, dass es Produkte mit gefälschten Daten an eine Vielzahl von Kunden geschickt haben könnte, nachdem Unregelmäßigkeiten bei dreien seiner Tochterfirmen entdeckt worden waren. Tatsächlich versandte das Unternehmen diese Produkte möglicherweise noch monatelang, nachdem das Fehlverhalten entdeckt wurde.

Auch die Automobilhersteller Nissan Motor Co Ltd und Subaru Corp sind von Compliance-Skandalen betroffen. Im Falle Nissan hatte das Unternehmen bereits im Oktober zugegeben, dass abschließende Inspektionen an Autos nicht wie in Japan vorgeschrieben von amtlich geprüften Kontrolleuren vorgenommen worden waren. Daraufhin musste Nissan, immerhin der zweitgrößte Automobilhersteller Japans, im vergangenen Monat auf dem Heimatmarkt rund 1,2 Millionen Fahrzeuge zurückrufen.

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