Angemerkt Wann setzt sich Wasserstoff in der modernen Mobilität durch?

Von Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kuther Lesedauer: 4 min

Wasserstoff-Mobilität ist eine Technologie, die uns sowohl im industriellen Sektor als auch im Einsatz für PKWs vielversprechende Optionen für nachhaltigere Antriebe bietet. Doch kann sich Wasserstoff in der Breite durchsetzen? Christian Reinwald, Head of Product Management und Marketing bei reichelt elektronik schätzt ein, was noch getan werden muss, damit sich H₂-Antriebe durchsetzen in der modernen Mobilität.

Christian Reinwald: „Wenn Wasserstoff und Brennstoffzellenfahrzeuge in der Massenproduktion hergestellt werden, sinken sie im Preis und haben die Chance, breiten Anklang zu finden.“
Christian Reinwald: „Wenn Wasserstoff und Brennstoffzellenfahrzeuge in der Massenproduktion hergestellt werden, sinken sie im Preis und haben die Chance, breiten Anklang zu finden.“
(Bild: reichelt elektronik)

Wasserstoff spielt eine zunehmend wichtige Rolle als Stromquelle für die moderne Mobilität. Das brennbare Gas H wird unter hohem Druck in einem Tank gespeichert und reagiert in einer Brennstoffzelle mit Sauerstoff, wobei Wasserdampf entsteht. Die dabei freigesetzte Energie wird zu elektrischem Strom umgewandelt. Ein Akku speichert den gewonnenen Strom und betreibt den Motor, ohne umweltschädliche Emissionen zu verursachen. Dabei bietet die wasserstoffbetriebene -Mobilität mit Brennstoffzellen sowohl Vorteile als auch Nachteile, sowie attraktive Einsatzszenarien und Forschungsprojekte.

Wasserstoffantriebe: Sicher, nachhaltig und nutzerfreundlich

Die Reichweite wasserstoffbetriebener Brennstoffzellenfahrzeuge beträgt mehrere hundert Kilometer. Sie ist vergleichbar mit der Reichweite herkömmlicher Verbrenner und ist damit besonders für LKWs und Fahrer langer Strecken eine echte Alternative zu vollelektrischen Fahrzeugen.

Auch bei der Sicherheit kann Wasserstoff punkten: Da das flüchtige Gas H₂ schnell entweicht, besteht bei Beschädigungen am Tank eine geringere Brandgefahr als bei Verbrennern. Die Tanktechnik ist so weit fortgeschritten, dass Verluste durch Diffundieren und Entweichen in unbeschädigten Tanks inzwischen nahezu ausgeschlossen sind.

Eine entscheidende Gesamtbetrachtung für den Wirkungsgrad von Energieträgern ist die Well-to-wheel-Betrachtung: Vom Gewinnen des Energieträgers bis zum Umwandeln in Bewegungsenergie werden dabei alle direkten und indirekten Emissionen ermittelt. Bei dieser Well-to-wheel-Betrachtung ist der Wirkungsgrad von Wasserstoffantrieben deutlich besser als der von Verbrennern – selbst, wenn der Wasserstoff aus Erdgas gewonnen wird. Wird dieser stattdessen mittels Elektrolyseur gewonnen, und der Energiebedarf für die Elektrolyse aus erneuerbaren Energien, ist das Fahrzeug CO₂-neutral. Für Verbraucher bedeutet das ebenso je nach Wasserstoffpreis geringere Tankkosten, da sie im Vergleich weniger Wasserstoff für die gleiche Leistung benötigen als Benzin oder Diesel.

Zudem lassen sich Brennstoffzellenfahrzeuge schnell für große Reichweiten auftanken, ohne dass dabei schwere Batterien mitfahren müssen. Während des Tankens wächst der Druck von 220 bar auf 700 bar, wodurch rund ein Kilogramm Wasserstoff pro Minute getankt wird. In diesem Sinne sind Wasserstoffantriebe praktisch, nutzerfreundlich, sicher und eine deutlich geringere Belastung für die Umwelt als vergleichbare Verbrenner.

Eine bessere Infrastruktur ist nötig

Auf der anderen Seite gibt es mehrere Punkte, die noch gelöst werden müssen, damit sich Wasserstoffantriebe tatsächlich durchsetzen. Der Wasserstoff muss unter hohem Druck gelagert werden, was nur mit aufwendiger Technik gelingt. Das führt zu einem hohen Herstellungspreis. Zudem ist die Herstellung von Wasserstoff sehr energieintensiv, auch wenn er grün, also aus erneuerbaren Energiequellen wie Solar-Energie produziert wird.

Der Well-to-wheel-Wirkungsgrad von Wasserstoff ist zwar besser als bei Verbrennungsmotoren, jedoch schlechter als bei batterieelektrischen Fahrzeugen. Das heißt, Brennstoffzellenfahrzeuge müssen für die gleiche Laufleistung aus Wasserstoff mehr Strom erzeugen, als batterieelektrische Fahrzeuge dafür speichern müssen.

Luft nach oben gibt es auch beim Tanken. Aktuell ist das H₂-Tanknetz in Europa noch dünn. Zurzeit sind lediglich 163 H₂-Tankstellen eröffnet – allein 92 davon in Deutschland. Fahrten außerhalb der Ballungsgebiete müssen also gut geplant werden. Zudem ist Wasserstoff wegen der hohen industriellen Nachfrage derzeit teuer. So kostet ein Kilogramm Wasserstoff aktuell 13,85 Euro (Stand April 2023).

Erste Beispiele aus der Praxis lassen auf mehr hoffen

Dennoch gibt es bereits vielversprechende Beispiele aus der Praxis, die zeigen, wie Wasserstoffantriebe eingesetzt werden können. Im Rahmen vieler Forschungsprojekte werden zusätzliche Einsatzszenarien erforscht und entwickelt.

Da sich Wasserstoff sehr gut speichern lässt und hohe Reichweiten ermöglicht, ist der Brennstoffzellenantrieb gut geeignet für große Nutzfahrzeuge, die regelmäßig lange Strecken zurücklegen, zum Beispiel Schiffe, Züge und LKW. So rüstete der Zughersteller Alstom in der Hansestadt Stendal etwa eine Lok um: vom Hybridmotor mit Batterie- und Diesel zum hybriden Kreislaufmotor mit Batterie und Wasserstoff. Besonders attraktiv ist die Alternative zu Diesel-Loks auf nicht-elektrifizierten Strecken.

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Andere Forschungsprojekte testen, wie Schiffe am besten umweltfreundlich mit Brennstoffzellen fahren können und Flugzeuge wasserstoffbetrieben fliegen können. Aktuell forscht und entwickelt der europäische Flugzeugbauer an einem klimaneutralen Wasserstoff-Jet. Besondere Herausforderung dürften hierbei die Energieeffizienz, Kondensstreifen, die das Klima negativ beeinflussen, und das Speichern des Wasserstoffs sein.

CO₂-Einsparung als Anreiz

Die Vorteile der wasserstoffbetriebenen Mobilität überzeugen umso mehr, je lukrativer das Einsparen von CO₂ wird und je günstiger dadurch grüner Wasserstoff wird. Wenn Wasserstoff und Brennstoffzellenfahrzeuge in der Massenproduktion hergestellt werden, sinken sie im Preis und haben die Chance, breiten Anklang zu finden. Bis dahin machen vielversprechende Forschungs- und Entwicklungsprojekte Hoffnung, dass die saubere Antriebtechnik in neuen Szenarien eingesetzt wird.

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