Umsatz mit Automotive-Chips boomt

Redakteur: Michael Eckstein

Beschleunigen auf der Überholspur: Der Anteil von Automotiv-Halbleitern am Chipmarkt wächst. 2023 wird der Umsatz damit voraussichtlich rund 73 Mrd. Dollar betragen. SoCs werden allerdings immer teurer.

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Vorwärtsdrang: Immer mehr Bordelektronik, immer mehr Käufer – Automotive-Halbleiter sind gefragt wie nie.
Vorwärtsdrang: Immer mehr Bordelektronik, immer mehr Käufer – Automotive-Halbleiter sind gefragt wie nie.
(Bild: gemeinfrei / CC0 )

Seit Jahren schrumpft der PC-Markt, auch die Verkäufe von Smartphones nehmen nicht mehr so rasant zu wie in den vergangenen Jahren, da der Markt zunehmend gesättigt ist. In dieser Situation ist die Automobilelektronik ein heller Stern am Firmament der Halbleiterproduzenten.

Auguren wie Semico Research gehen davon aus, dass die Automotive-Branche zum nächsten großen Technologietreiber avanciert. Einer aktuellen Untersuchung zufolge wird der Markt für Automobilhalbleiter stärker wachsen als andere Branchen. Auch der ZVEI hatte in einer früheren Analyse weltweit eine Fokussierung der Halbleiterbranche auf den wichtigen Bereich Automotive festgestellt.

Das Ziel, immer selbständigere und letztlich selbstfahrende Fahrzeuge auf die Straße zu bringen, erfordert innovative Halbleiterlösungen, die viele Funktionen vereinen und sehr hohe Anforderungen an die Funktionssicherheit (Safety) und IT-Sicherheit (Security) erfüllen. Gleichzeitig sind in vielen Ländern viele Menschen erstmals in der Lage, sich den Wunsch nach individueller Mobilität zu erfüllen und eigene Autos zu kaufen. So entstehen riesige Absatzmärkte für die Automobilproduzenten.

Mehr Bordelektronik, mehr Nachfrage

Die rasant zunehmenden Verkäufe von Fahrzeugen, die gleichzeitig immer mehr Elektronik an Bord haben, lassen die Nachfrage nach Halbleitern nach oben schnellen. Im Jahr

2017 steckten in jedem Auto durchschnittlich Elektronikkomponenten für 350 Dollar, hatte der Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) ermittelt – Tendenz stark steigend. So sollen es 2021 bereits über 400 Dollar sein.

In seiner aktuellen Marktanalyse „Automotive Semiconductors: Accelerating in the Fast Lane“ berichtet Semico Research, dass das Automobilsegment der Halbleiterindustrie bis 2023 auf 73 Milliarden US-Dollar wachsen wird. Das Gesamtvolumen des Halbleitermarkts wird 2018 laut ZVEI bei rund 423 Mrd. Dollar liegen, 2023 voraussichtlich signifikant höher.

Enormer Bedarf für Prozessor-IP und Speicher

Laut Semicon Research könnte der Markt für Prozessoren-IP-Lizenzen für die Automobilindustrie bis 2023 auf 2,34 Mrd. US-Dollar wachsen. Hinzu kommt der enorme Speicherbedarf zukünftiger Applikationen: So schätzen die Analysten, dass ein vollständig autonomes Fahrzeug, das die höchste Autonomiestufe 5 (L5) erreicht, bis zu 74 GB DRAM und 1 TB NAND-Speicher benötigt. Hinzu kommt der Bedarf für spezielle Speichertypen für sicherheitsrelevante Anwendungen, etwa FRAM oder MRAM. Das dürfte den ohnehin prosperierenden Speichermarkt weiter beflügeln.

Besonders rechenintensive Anwendungen, etwa Antriebsstränge in Fahrzeugen, werden zudem den Umsatz mit Prozessoren für autonome Antriebssysteme ankurbeln. Laut Semicon Research wird dieser 2018 etwa 422 Mio. Dollar erreichen.

SoC-Designs werden immer teurer

Immer häufiger kommen auch im Fahrzeugsektor System-on-a-Chip-(SoC)-Bausteine zum Einsatz. Semicon Research warnt in einem weiteren Bericht vor den zunehmenden Kosten für das Design dieser meist sehr komplexen, hochintegrierten Chips. Demnach werden die Designkosten für Multicore-SoCs über alle Geometrien hinweg von durchschnittlich 4,8 Mio. Dollar in 2017 auf 5,3 Mio. Dollar in 2023 zunehmen.

Interessant auch: Laut Semicon Research gibt es immer weniger Designs, die auf Anhieb wie gewünscht funktionieren („First time right“-Designs), seit Prozesstechnologien mit Strukturgrößen unterhalb von 180 nm genutzt werden. Außerdem schätzen die Analysten, dass die Designkosten für einen mit 7 nm Strukturgröße gefertigten, leistungsfähigen Multicore-SoC rund 23% höher liegen, als wenn dieser im 22-nm-Prozess gefertigt würde.

Hohe Anforderungen an die Halbleiter

„Es gibt eine Reihe von Herausforderungen in der Automobilindustrie, die für die Systementwickler einzigartig sind“, erklärt Jim Feldhan, Präsident von Semico Research. Autonomes Fahren sei ein kritisches und kontrovers diskutiertes Thema. Viele Menschen seien beispielsweise der Meinung, dass Künstliche Intelligenz (KI) der Schlüssel zum Erfolg für das autonome Fahrens ist. Fahrzeuge müssen dafür in der Lage sein, Objekte und Hindernisse einwandfrei zu erkennen und intelligent zu reagieren – etwa Brems-, Lenk- oder Beschleunigungsmanöver oder auch Spurwechsel. „Sicherheitsüberwachung, Computer Vision, Virtual Reality und Bildverarbeitung, Echtzeit-Diagnose- und Korrekturlösungen und strategische Kartenplanung sind entscheidend für das autonome Fahren. Mit zunehmender Komplexität dieser Systeme sind immer höhere Verarbeitungsgrade erforderlich", führt der Analyst fort.

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