TI Jacinto 7 TI Jacinto 7: Neue Prozessorplattform für Automotive-Applikationen
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On-Chip-PCIe- und TSN-Switches, Unterstützung für 8-Megapixel-Kameras, Beschleunigungsblöcke für Deep Learning und Datenanalyse sowie eine einheitliche Softwareplattform: Mit seinen Jacinto-7-Controllern will TI das Design moderner Automotive-Embedded-Systeme vereinfachen – und Quereinsteiger wie Qualcomm oder Samsung auf Distanz halten.

Eine neue Controller-Plattform soll Entwicklern von Anwendungen für moderne Automobile das Leben erleichtern: Die hochintegrierten Prozessoren der „Jacinto 7“-Familie von Texas Instruments (TI) bringen integrierte Beschleuniger und Functional-Safety-Funktionen mit, die sich dank einer einheitlichen Softwareplattform übergreifend nutzen lassen. Nach Angaben des Unternehmens sei Jacinto 7 zudem der erste Controller mit einem integrierten PCIe-Switch. Damit will TI der Entwicklung der Kommunikationsinfrastruktur in Autos Rechnung tragen – hier zeigt sich ein Trend weg vom Zentralrechner, hin zu Multi-Domänen-Systemen.
Laut Curt Moore, General Manager von TI und als Product Line Manager verantwortlich für die Jacinto-Prozessorproduktfamilie, treiben fünf Anforderungen den Embedded-Processing-Markt: höhere Rechenleistung, Skalierbarkeit, flexible Einsatzmöglichkeiten, Wiederverwenden von Software und weitreichende Integration. Alle unterliegen jedoch einer Prämisse: „Die erhöhte Funktionalität und Rechenleistung muss in einem engen Energiebudget realisierbar sein“, sagt Sameer Wasson, Vice President and Processors Business Unit von TI bei der Vorstellung der Plattform in München. Das gelte nicht zuletzt für den Automotive-Sektor, in dem strenge Zertifizierungs- und Sicherheitsanforderungen das Entwickeln elektronischer Baugruppen zusätzlich erschweren.
„Gestützt auf unser System- und Functional-Safety-Know-how im Automobilsektor, bringt die neue Jacinto-Prozessorplattform erweiterte Deep-Learning-Fähigkeiten und fortschrittliche Vernetzungs-Features mit“, sagt Moore. Damit sollen sich in erster Linie Design-Herausforderungen bei Fahrassistenzsystemen (Advanced Driver Assistance Systems, ADAS) und Automotive-Gateway-Anwendungen zum Beispiel in modernen hybrid-elektrischen und vollelektrischen Automobilen (HEV/EV) bewältigen lassen.
Sensorfusion und ADAS: Mit der Funktionalität explodiert die Software-Komplexität
Diese Systeme sorgen laut Moore für mehr Sicherheit im Straßenverkehr: Mit Kameras und ADAS ausgestattete Fahrzeuge würden laut Untersuchungen des Insurance Institute for Highway Safety (IIHS) die Zahl von Auffahrunfällen um 50% senken. Gleichzeitig verkompliziert die rasant zunehmende Funktionalität die in Autos eingesetzte Software: Zwischen 2010 und 2016 nahm die Zahl der Codezeilen je Fahrzeug um das 15-fache zu – von 10 Mio. auf 150 Mio. Zeilen, hat die Unternehmensberatung McKinsey ermittelt.
Vor diesem Hintergrund sind Eigenentwicklungen von A bis Z für Einzelunternehmen praktisch nicht mehr zu stemmen. Firmen setzen daher vermehrt auf vorentwickelte, anpassbare Subsysteme. Plattformen wie Jacinto 7 sollen als zertifizierte Building Blocks dazu beitragen, die genannten Sicherheits- und Komfortsysteme schneller in Fahrzeugen verfügbar zu machen. Nach Aussagen des Herstellers sind die Controller dafür ausgelegt, dass Autohersteller eine Lösung schnell auf eine oder mehrere Baureihen ausrollen können. Beim Design der Prozessoren habe man darüber hinaus auch weitreichende On-Chip-Datenanalysemöglichkeiten im Sinn gehabt.
Inferenzanwendungen im Blick
Daher sind die beiden ersten Automotive-Bausteine der Plattform, nämlich die TDA4VM-Prozessoren für Fahrassistenzsysteme und die DRA829V-Prozessoren für Gateway-Systeme, mit dedizierten, integrierten Beschleunigerfunktionsblöcken zum Segmentieren und schnellen Ausführen von datenintensiven Aufgaben wie Bildverarbeitung und Deep Learning ausgestattet.
Darüber hinaus enthalten die TDA4VM- und DRA829V-Prozessoren einen Functional-Safety-Mikrocontroller. „OEMs und Tier-1-Zulieferer können so mit einem einzigen Chip sowohl sicherheitskritische, gemäß ASIL-D zu zertifizierende Aufgaben als auch Komfortfunktionen realisieren“, erklärt Moore. Da beide Bausteine dieselbe Softwareplattform nutzen, würde sich die Systemkomplexität deutlich verringern. „Entwickler können ihre Software-Investitionen in mehreren Bereichen eines Fahrzeugs nutzen – das senkt die Kosten“, sagt der TI-Manager.
Trotz knappem Energiebudget Umgebung besser wahrnehmen
Mithilfe von Kamera-, Radar- und Lidar-Daten hilft ADAS-Technologie in modernen Fahrzeugen, die Umgebung wahrzunehmen und bei Bedarf darauf zu reagieren. Diese Vielfalt an Sensoren führt dazu, dass die Rechensysteme im Auto immer mehr Daten verarbeiten müssen. Entwickler sind daher verstärkt auf leistungsfähige Prozessoren und SoCs (Systems-on-Chip) angewiesen, die eine schnelle und mehrstufige Verarbeitung in Echtzeit ermöglichen. Gleichzeitig dürfen sie das vorgegebene Energiebudget nicht sprengen. Hier soll der neue TI-Prozessor auftrumpfen: „Jacinto-Prozessoren sind in der Lage, anspruchsvolle ADAS-Operationen mit nur 5 bis 20 Watt Leistungsaufnahme verarbeiten. Daher kommen sie ohne aktive Kühlung aus“, führt Wasson aus.
Der TDA4VM-Prozessor bringt integrierte Analysefunktionen mit und kann Sensorsignale vorverarbeiten, was laut Moore der Effizienz des Gesamtsystems zugutekommt. OEMs und Tier-1-Zulieferer könnten auf dieser Basis Frontkamera-Anwendungen mit hochauflösenden 8-MP-Kameras realisieren. Damit ließen sich die Sichtweite steigern und zusätzlich erweiterte Funktionen beispielsweise zur Unterstützung des Fahrers berechnen. Alternativ sind die TDA4VM-Prozessoren laut Moore in der Lage, „vier bis sechs 3-MP-Kameras simultan zu unterstützen und gleichzeitig die Signale weiterer Sensorarten wie etwa Radar, Lidar oder Ultraschall auf einem Chip zu verarbeiten“.
Dank dieser Multilevel-Fähigkeit könne der TDA4VM als zentraler Prozessor für Fahrassistenzsysteme dienen. Rundumsicht und Bildverarbeitung für Displays werte die Wahrnehmungsfähigkeiten des Fahrzeugs über volle 360° hinweg auf und ermögliche wichtige Funktionen wie automatisches Einparken.
PCIe- und TSN-Switch integriert: Schnelle Datenautobahn für das „softwaredefinierte“ Auto
Angesichts der rasch fortschreitenden Entwicklung der Fahrzeugtechnologie benötigen Automotive-Gateways einen flexiblen Prozessor, der die wachsenden Datenmengen verarbeiten kann und hilft, den steigenden Bedarf nach mehr Autonomie und besserer Konnektivität im Auto zu befriedigen. „Als erster Prozessor der Industrie hat der DRA829V einen integrierten PCIe-Switch“, sagt Moore.
Auch ein TSN-fähiger Gigabit-Ethernet-Switch mit acht Ports sei enthalten. Damit schaffe er die Voraussetzungen für schnelle, leistungsfähige Rechen- und Kommunikations-Funktionen im gesamten Auto. „Damit unterstützen wir die Entwicklung hin zu Multi-Domänen-Architekturen in Autos“, erklärt Moore. Komfort- und sicherheitsrelevante Funktionen ließen sich so besser separieren, was letztlich der funktionalen Sicherheit zugutekomme.
Autos sind keine „Smartphones auf Rädern“
Bislang beherrschen Unternehmen wie TI, NXP, Renesas und Infineon den Chipmarkt für Automotive-Embedded-Systeme. Hier gilt es, eine hohe Innovationsgeschwindigkeit mit Langzeitverfügbarkeit und oft langwierigen Zertifizierungen unter einen Hut zu bringen. Davon zeugen interessante neue Produkte, etwa der neue Netzwerkprozessor S32G von NXP mit hoher Netzwerkleistung und funktionaler Sicherheit bis zum Level ASIL-D.
Längst drängen jedoch weitere Wettbewerber in den weltweit wichtigen Markt, deren Kerngeschäft bislang eher in anderen Bereichen zu verorten ist – beispielsweise in der Kommunikationstechnik für Endkundenprodukte wie Smartphones. Dazu zählen Samsung mit seiner ExynosAuto-Plattform oder auch Qualcomm. Dieser ist bekannt für sein umfassendes Chip-Portfolio für Smartphones und hat vor wenigen Wochen die umfassende Automotive-Plattform „Car-to-Cloud Platform“ vorgestellt.
Hinzu kommt: „Der Markt wandelt sich. Durch die zunehmende Diversifizierung beispielsweise in HEV, EV und klassische Antriebstechnik tauchen vermehrt kleinere Unternehmen auf, die unsere Bausteine in ihren innovativen Lösungen einsetzen“, sagt Wasson.
TI sieht sich in einer starken Position und für diese Herausforderungen gut gewappnet: „Chip-Lösungen für den Embedded-Markt sind seit über 30 Jahren unser Kerngeschäft“, sagt Moore. Mit funktioneller Sicherheit beschäftige sich das Unternehmen bereits seit 25 Jahren. Unternehmen, die bisher hauptsächlich Lösungen für das Endkundengeschäft entwickelt hätten, müssten erst umfassendes Know-how aufbauen. „Ein einfaches Herunterskalieren bestehender Controller und Prozessoren funktioniert nicht“, ist Moore überzeugt. Angesichts knallharter Zertifizierungsvorgaben seien von Grund auf für diesen Einsatzzweck entwickelte Komponenten unerlässlich.
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