Schutz vor IP-Diebstahl und „Wilderei“ durch China Taiwan verschärft Gesetze zum Schutz von Chip-Technologien
Bis zu zwölf Jahre Haft und drei Millionen Euro Strafe: Taiwan erklärt Chip-IP-Diebstahl und „Wilderei“ von technischem Fachpersonal zu einer Sache für die Nationale Sicherheit. Der taiwanesische Premierminister warnt vor einer „Infiltration“ durch die „rote Lieferkette“. China bezeichnet den Vorstoß als „Verleumdung“.

In Taiwan wächst die Sorge über den Diebstahl von Chiptechnologien durch China: Die Regierung der Inselrepublik ist gerade dabei, „Wirtschaftsspionageverbrechen“ zur Angelegenheit für das Nationale Sicherheitsgesetz (National Security Act) zu machen. Der Legislativ-Yuan hat am Dienstag eine entsprechende erste Fassung einer Änderung des NSA verabschiedet. Das taiwanesische Kabinett schlägt neue Straftatbestände für „Wirtschaftsspionage“ im Rahmen des nationalen Sicherheitsgesetzes vor, die eine Strafe von bis zu 12 Jahren Gefängnis für diejenigen vorsehen, die Kerntechnologien an China oder „ausländische feindliche Kräfte“ weitergeben.Hinzu kämen Geldstrafen von bis zu 100 Million Neue Taiwan-Dollar (3,5 Millionen US-$ oder 3,18 Millionen Euro). Experten zufolge soll damit die Strafverfolgung im Bereich des Schutzes des geistigen Eigentums strategischer Technologien gestärkt werden, der durch die bestehenden Bestimmungen nicht abgedeckt wird.
Taiwan beklagt zunehmende chinesische Industriespionage
Taiwan ist in den letzten Jahren zu einem Schlüsselstandort für fortschrittliche Chiptechnologien geworden. Die Inselrepublik ist unter anderem Heimat des weltgrößten Fertigers für Halbleiterprodukte, TSMC, der aktuell auch die fortschrittlichsten Chipfertigungstechnologien bieten kann. Auch die drittgrößte Foundry der Welt, UMC, ist in Taiwan ansässig. Hinzu kommen einige der größten Halbeiterunternehmen weltweit wie Mediatek, Novatek oder Himax. Taiwan ist außerdem Schlüsselstandort für Display-Technologien, DRAM-Speicher und Heimat zahlreicher KI-Startups.
Festland-China ist derweil stark danach bestrebt, unabhängiger von der weltweiten Chipindustrie zu werden und eine eigene, wettbewerbsfähige High-Tech-Industrie auszubauen. Gleichzeitig wird Taiwan weiterhin von China als Teil der Volksrepublik gesehen.
In den letzten Jahren hatten Fälle chinesischer Industriespionage in Taiwan drastisch zugenommen: UMC wurde 2020 zu einer hohen Millionenstrafe verurteilt, weil ein taiwanesisches Gericht als erwiesen ansah, dass der Foundry-Dienstleister einem chinesischen Partnerunternehmen Zugang zu DRAM-Patenten des US-Speicherherstellers Micron zum Aufbau einer chinesischen Speicherproduktion verschafft hatte.
„Die Rote Lieferkette infiltriert High-Tech-Taiwan“
Halbleiterunternehmen in Taiwan beschweren sich seit Jahren über die Abwerbung von Talenten und den Diebstahl von geistigem Eigentum durch Wettbewerber. Laut Nachrichtenagentur Reuters hat Taiwans Spionageabwehr derzeit Ermittlungen gegen rund 100 chinesische Unternehmen eingeleitet, die im Verdacht stehen, illegal Halbleiteringenieure und andere technische Talente zu „wildern“. Im März wurden ein Dutzend Unternehmen von der Ermittlungsbehörde wegen angeblicher Verstöße gegen die Gesetze zur Regelung der Beziehungen zwischen beiden Seiten der Formosastraßen-Meerenge durchsucht, darunter die taiwanesische Niederlassung einer chinesischen KI-Chip-Firma. Diese Regelungen verbieten es chinesischen Unternehmen, unter der Vorgabe von IC-Design Ein-Mann-Firmen in Taiwan zu gründen mit dem Zweck, Talente für China abzuwerben.
Der taiwanesische Premierminister, Su Tseng-chang, drängte auf eine rasche Verabschiedung der geplanten Gesetzesänderungen. Die Bedrohung durch die „rote Lieferkette“ erfordere eine wirksame Abschreckung, forderte er vor Taiwans Kabinett. Seinen Worten nach wende China verschiedene Methoden an, um Taiwan zu „infiltrieren“, seine Talente zu übernehmen und seine Technologie zu stehlen, sagte sein Büro in einem Statement gegenüber Reuters. Andere Ministerien, darunter das Wirtschaftsministerium und der Rat für chinesische Politik auf dem Festland, müssen die Strafen für chinesische Firmen erhöhen, die sich als taiwanesische Firmen ausgeben, um Talente zu wildern, um eine abschreckende Wirkung zu erzielen“, fügte er hinzu.
China beklagt „Verleumdungs-Kampagne“
Chinas Büro für Taiwan-Angelegenheiten bezeichnete Su Tseng-changs Worte und den Vorstoß des taiwanesischen Kabinetts in einer Erklärung als „Verleumdung“. „In letzter Zeit haben sie absichtlich versucht, Unternehmen aus dem Festland in Taiwan zu verleumden und einzuschüchtern, was die Konfrontation zwischen beiden Seiten weiter verschärft und Ärger provoziert“, sagte Sprecher Ma Xiaoguang bei einer regelmäßigen Pressekonferenz.
Vielmehr habe die Regierung der Inselrepublik in den vergangenen Jahren jeglichen friedlichen Austausch und Kooperation untergraben, seine Bemühungen zur aktiven Behinderung sogar noch „intensiviert“. „Solche politischen Manipulationen können den allgemeinen Trend des Austauschs und der Zusammenarbeit zwischen Landsleuten auf beiden Seiten der Meerenge nicht behindern und schaden nur den vitalen Interessen der taiwanesischen Geschäftswelt und den Landsleuten auf der Insel“, proklamierte Ma Xiaoguang.
Das Verhältnis zwischen China und Taiwan spitzt sich weiter zu. China hat seinen militärischen und diplomatischen Druck erhöht, um Taiwan zu zwingen, seine Souveränitätsansprüche zu akzeptieren. Taiwans Regierung sagt hingegen, dass nur die 23 Millionen Einwohner der Insel über ihre Zukunft entscheiden können und dass sie sich selbst verteidigen werden, sollten sie angegriffen werden.
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