Robo-Torwart hält fast jeden Ball

Redakteur: Katharina Juschkat

Fraunhofer Wissenschaftler haben einen Torwart-Roboter entwickelt, der mit einer erstaunlichen Genauigkeit Bälle halten kann. Knackpunkt ist unter anderem die Bildverarbeitung und die sekundenschnelle Berechnung der Ballflugbahn.

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Der Robo-Keeper benötigt nur rund 300 ms und somit eine kürzere Zeitspanne als selbst ein hart getretener Ball, um die errechnete Abwehrposition zu erreichen.
Der Robo-Keeper benötigt nur rund 300 ms und somit eine kürzere Zeitspanne als selbst ein hart getretener Ball, um die errechnete Abwehrposition zu erreichen.
(Bild: 4attention)

Der Robo-Keeper ist eine Entwicklung des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik (IML) in Dortmund. Er hütet ein 2 × 4 m großes Tor, auf das aus einem Abstand von 9 m geschossen wird. Thomas Albrecht, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Fraunhofer IML und Projektleiter erläutert: „Ziel der Entwicklung war es, die Bälle auch dann noch sicher zu halten, wenn sie mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h flach in die rechte oder linke untere Torecke geschossen werden. Das entspricht der maximalen Entfernung für den Torwart, der beim Schuss aufrecht in der Tormitte steht.“

Die reine Flugzeit des Balles beträgt laut Albrecht bei dieser Geschwindigkeit ca. 360 ms bzw. etwas mehr, da der Ball nicht unendlich schnell von 0 auf 100 km/h beschleunigt werden kann. In dieser Zeit muss die voraussichtliche Flugbahn und der Eintreffpunkt des Balls in der Torebene extrapoliert werden und die komplette Bewegung des Torwarts inklusive aller Beschleunigungs- und Abbremsvorgänge des Motors abgeschlossen sein, um einen Treffer zu verhindern.

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Bildverarbeitung als Augen des Robo-Keepers

Die Genauigkeitsanforderungen liegen dabei laut Albrecht im Bereich einiger Zentimeter, da es nicht entscheidend ist, dass die Torwartfigur den Ball mittig hält: „Der Robo-Keeper muss den Ball nur so treffen, dass er abgewehrt wird und nicht im Tor landet.“

Um diese Rahmenbedingungen erfüllen zu können, setzten die Entwickler des Fraunhofer IML auf ein schnelles Bildverarbeitungssystem, das dem Robo-Keeper als „Augen“ dient. Zwei Farb-Flächenkameras vom Typ Prosilica GC655C von Allied Vision mit Gigabit-Ethernet-Schnittstelle und einer Auflösung von 659 × 493 Bildpunkten sind dabei seitlich oberhalb des Tores angebracht, nehmen den Ball, der sich farblich von der Umgebung abheben muss, ins Visier und verfolgen dessen Flugbahn. Sie liefern jeweils bis zu 90 Bilder pro Sekunde, die im Anschluss von einer vom Fraunhofer IML entwickelten Bildverarbeitungssoftware auf einem Dual Core Prozessor-System von Kontron ausgewertet werden. Nach der Auswertung von drei aufeinanderfolgenden Bildern, in denen eine Bewegung des Balls in Richtung Tor erkannt wird, werden die ersten Daten zur Motorsteuerung übermittelt, die für die Bewegung des Robo-Keepers verantwortlich ist und den Torhüter korrekt positioniert.

Hochleistungsmotor bringt Robo-Keeper in Millisekunden in Position

Auf Basis dieser Berechnungen und mit Hilfe eines Hochleistungsmotors benötigt der Robo-Keeper nur rund 300 ms und somit eine kürzere Zeitspanne als selbst ein hart getretener Ball, um die errechnete Abwehrposition zu erreichen. Er beschleunigt dabei etwa 20 Mal schneller als ein Formel-1-Rennwagen. Damit der Spielspaß dennoch nicht zu kurz kommt, lässt sich das System auf sieben verschiedene Schwierigkeitsstufen einstellen und passt sich so dem Leistungsniveau der Spieler an. Jeder Teilnehmer hat auf diese Weise eine reelle Chance, den Robo-Keeper zu bezwingen.

„Die wesentlichen Herausforderungen liegen vor allem darin, dass bei einem Aufbau des Systems im Außenbereich das Sonnenlicht und damit die Beleuchtungsstärke der Szene kurzfristig sowie im Tagesverlauf erheblich variiert“, beschreibt Timm Ulrich, einer der Gründer und Geschäftsführer der Sportmarketingagentur 4attention, einen entscheidenden Faktor. Gelöst wurde dieser Punkt mit Kamerasystemen, die mit einer automatischen Blendensteuerung und einer videosignalgesteuerten Motorblende ausgestattet sind. Die eingesetzten Objektive vom Typ CVO GAT23516AC der Firma Goyo Optical sind mit einer Brennweite von 3,5 mm weitwinklig genug, um eine korrekte Ballerkennung vom Abschuss bis zum Tor zu gewährleisten. Die Kombination aus diesem Objektiv und den Prosilica-Kameras war mitausschlaggebend für den Erfolg des gesamten Systems.

Robo-Keeper auch für Hockey und Handball verfügbar

Das für diese Anwendung perfekte Bildverarbeitungs-Setup bestehend aus den beiden Kameras, den zugehörigen motorisierten Objektiven und den Kabeln bezog das Fraunhofer IML von den Bildverarbeitungsexperten von Stemmer Imaging.

Die Kölner Sportmarketingagentur 4attention ist seit einigen Jahren schon mit dem Robo-Keeper unterwegs. Auch zur Fußball-Weltmeisterschaft können sich Fans auf dem roten Platz in Moskau mit dem Torhüter messen. Verfügbar sind neben dem beschriebenen System auch eine verkleinerte Version mit einer verkürzten Schussdistanz und verringerter Torgröße sowie Varianten für Hockey, Eishockey und Handball.

Dieser Beitrag stammt von unserem Partnerportal Elektrotechnik.de.

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