Die ersten Computer Als die Maschinen rechnen lernten

Von Antonio Funes & Maria Beyer-Fistrich

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Die Geschichte des Computers ist eine faszinierende und Maschinen wie der Z3 von Konrad Zuse oder der ENIAC sind vielen ein Begriff. Wir blicken im Artikel zurück auf die Zeit, in der die Maschinen rechnen lernten.

Als Die Maschinen rechnen lernten: Ein Colossus Mark 2 Codebreaking-Computer wird von Dorothy Du Boisson (links) und Elsie Booker (rechts) bedient, 1943.
Als Die Maschinen rechnen lernten: Ein Colossus Mark 2 Codebreaking-Computer wird von Dorothy Du Boisson (links) und Elsie Booker (rechts) bedient, 1943.
(Bild: / CC0)

Die Vorgänger unserer heutigen Computer sind mechanische Rechenmaschinen – schon im Mittelalter gab es den Begriff Computer für Menschen, die sich mit aufwendigeren Berechnungen beschäftigten, denn der Begriff ist vom lateinischen „computare“ abgeleitet und bedeutet schlichtweg „zusammenrechnen“. Später nannte man „Computer“ die Menschen, die in der Lage waren, als Rechenhilfen dienende Geräte zu bedienen.

Dazu gehörte auch ein Hilfsmittel wie ein Abakus, der für kompliziertere Berechnungen wie Multiplikation und Division viel Erfahrung benötigt. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden aber Geräte, die über eine Mechanik Rechenvorgänge ausführten, um ein Ergebnis auszuspucken. Heutzutage meint man mit Computer freilich elektronische Geräte zur Verarbeitung von Daten auf Basis von Programmen. Wir blicken zurück auf eine Auswahl an historischen Rechenmaschinen sowie die Entwicklung der ersten Computer bis zum Jahr 1970.

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Wer hat die erste Rechenmaschine erfunden?

Obgleich viele sicherlich beim Namen Leibniz spontan an Butterkekse denken dürften, steht der Name natürlich auch für einen der bekanntesten Forscher und Wissenschaftler mit einem Schwerpunkt auf Mathematik, nämlich Gottfried Wilhelm Leibniz. Im Jahr 1673 stellte er in London die erste mechanische Rechenmaschine der Welt vor, die alle vier Grundrechenarten beherrschte. Die Technik war so filigran, dass die Maschine von Uhrmachern nach Leibniz Plänen gebaut werden musste.

Ein Grund dafür waren Walzen mit kleinen Zähnen, die dafür da waren, damit die Maschine die Walze je nach Rechenvorgang um 0 bis 9 Zähne vor- oder zurückdrehen kann. Die Maschine arbeitete also folglich mit einem Dezimalsystem. Angetrieben wurde sie vom Nutzer selbst mit einer Handkurbel. Vermutlich ließ Leibniz nach dem Prototyp insgesamt drei dieser „machina arithmetica“ herstellen – ein Exemplar davon blieb erhalten und befindet sich im Welfenschloss, dem Zentrum der Universität von Hannover. Was bei der Rechenmaschine noch nicht zum Einsatz kam, war ein von Leibniz im Jahr 1700 veröffentlichtes Konzept des dualen Zahlensystems, welches die Grundlage moderner Computer und Programmiersprachen darstellt.

Die erste Programmiererin

Der Brite Charles Babbage, der von 1791 bis 1871 lebte, entwickelte im Auftrag seiner Regierung eine Idee für eine Rechenmaschine, die sehr aufwändige, auf Tabellen basierende Berechnungen unter anderem für nautische Zwecke durchführen sollte. Menschen machten allein wegen der Fülle an Rechenschritten und Daten immer wieder Fehler bei solchen Berechnungen, was zum Teil extrem teure Folgen hatte. Seine Idee war die riesige Rechenmaschine „Difference Engine“ mit unzählige Zahnrädern und weiteren Bauteilen, das Ganze von Dampf angetrieben. Da er aber immer wieder Änderungen vornahm oder mit Details unzufrieden war, so dass seine Arbeit Unsummen verschlang, wurde die Maschine sowie die 1849 entworfene Nachfolge-Idee „Difference Engine No 2“ bis zu seinem Tod nie fertiggebaut.

1832 gab es zudem noch die Idee für die „Analytical Engine“ – diese Rechenmaschine konnte in der Theorie nicht nur vorgegebene Gleichungen lösen, sondern war, wie man aus heutiger Sicht urteilen würde, frei programmierbar und somit ein mechanischer Computer. Eine Gesellschaftsdame, die sich intensiv mit Mathematik beschäftigte und bereits im jungen Alter mit Charles Babbage zusammenarbeitete, erkannte das Potenzial und schrieb Anleitungen, die man aus heutiger Sicht als Programme bezeichnen kann. Der Name der Dame: Ada Lovelace. Sie gilt für viele mittlerweile als Pionier der Informatik und erste Programmiererin.

Ada Lovelace, die übrigens auch die Tochter des bekannten Dichters Lord Byron war, wurde gerade erst vom großen Hardware-Konzern Nvidia geehrt, der seiner neuesten GPU-Generation mit dem im Oktober 2022 veröffentlichten Flaggschiff GeForce RTX 4090 den Codenamen Ada Lovelace gab. Was die Rechenmaschinen von Babbage angeht, so wurde der Bau der Difference Engine nachträglich im Auftrag des London Science Museum umgesetzt, auch um festzustellen, ob sie überhaupt korrekt funktioniert. Die Antwort lautet: ja.

Elektromechanische Rechenmaschinen

Das erste elektronische Gerät, das historisch gesehen zumindest bei den Vertretern binärer Methoden als moderner nicht-mechanischer Computer bezeichnet werden kann, ist der Z3 von Erfinder Konrad Zuse. Der etwa eine Tonne schwere und in einer Schrankwand verbaute Z3 war der weltweit erste teil-digitale Computer der Welt und funktionierte elektro-mechanisch. Zum Einsatz kamen 2000 Relais, von denen 600 für das Durchführen der Grundrechenarten zuständig waren. 1400 dienten wiederum als Speicher.

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1941 stellte Zuse den Z3 in Berlin einer Gruppe Wissenschaftlern vor, was aus drei Gründen aber kaum beachtet wurde. Zum einen erkannte damals kaum jemand die Bedeutung eines solchen Gerätes, was zum anderen daran lag, dass die Rechenleistung gering war. Die Taktfrequenz betrug 5,3 Hertz, da eine elektrisch angetriebene Taktwalze 5,3 mal pro Sekunde die Relais ansteuerte. Dies ermöglichte Multiplikationen oder Divisionen in einer Zeit von etwa 3 Sekunden, was nicht gerade weltbewegend war, da man die Basis-Zahlen zudem noch händisch über eine Tastatur eingeben musste.

Der dritte Grund war schlichtweg, dass es wegen des laufenden 2. Weltkriegs deutlich wichtigere Dinge gab, mit denen sich Wissenschaftler beschäftigen wollten. Erst im Nachhinein wurde klar, welche Leistung Zuse mit dem per Lochkarten programmierbaren Z3 verbracht hatte, obgleich der programmierbare Computer im Flugzeugbau dafür eingesetzt wurde, Faktoren schneller zu berechnen, die das Flugverhalten von Flugzeugen negativ beeinflussten.

Ein Computer für die US-Armee

1944 wurde in den USA der erste rein elektronisch funktionierender Computer namens ENIAC gebaut, der je nach Sichtweise auch der wahre echte erste Computer überhaupt ist. Konrad Zuses Z3 ist zwar älter, funktioniert aber nicht rein elektronisch, was je nach Definition aber entscheidend für die Einstufung als moderner Computer ist. Ein Argument gegen den ENIAC als allererster Computer ist wiederum die Tatsache, dass er per Dezimalsystem arbeitete und nicht, wie der Z3 und jeder andere moderne Computer, binär.

ENIAC steht für Electronic Numerical Integrator – der Computer sollte vom Militär für ballistische Berechnungen verwendet werden und war turingfähig, konnte also vereinfach gesagt universell programmiert werden und theoretisch jeden denkbaren Algorithmus ausführen. Der ENIAC bestand aus über 17000 Röhren und Dioden und war dementsprechend groß: Auf etwa 170 Quadratmeter brachte er rund 27 Tonnen Gewicht auf die Waage. Mit seinen 5000 Rechenvorgängen pro Sekunde wurde der ENIAC schließlich, da er zu spät für die Invasion Europas einsatzbereit war, für Berechnungen rund um Wasserstoffbomben eingesetzt.

Da die Computertechnik rasch fortschritt, wurde er in den 1950er Jahren abgebaut und geriet beinahe komplett in Vergessenheit. Einige alte Paneele des ENIACS wurden im Lager eines Militärmuseums in Fort Sill (Oklahoma) entdeckt und vor einigen Jahren mit monetärer Unterstützung des 2019 verstorbenen Milliardärs Ross Perot teilrestauriert. Da die Bedienelemente fehlten, handelt es sich aber eher um triviale Dummies, die neu angestrichen wurden und durch zufällig aufblinkende Lichter den Eindruck erzeugen, der Computer würde tatsächlich noch arbeiten. Diese Teile des ENIACS wurden in den letzten Jahren im Field Artillery Museum Fort Sill ausgestellt, wobei wir nicht verifizieren konnten, ob sie auch aktuell noch zu besichtigen sind.

Entwicklung des Personal Computers

Geradezu unglaublich klingt es angesichts der Größe des ENIAC, dass bereits im Jahr 1950 der wohl erste Heimcomputer bzw Personal Computer der Welt verfügbar war, zumindest in der Theorie. Denn als fertiges Produkt zu kaufen, gab es den Computer namens Simon nicht. Vielmehr veröffentlichte der Erfinder Edmund Berkeley in Form einer Serie von Artikeln im Magazin „Radio Electronics“ Baupläne und Ideen, auf deren Basis sich interessierte Leser den Computer zusammenbauen konnten.

Sein Konzept-Computer hatte zusammengebaut eine Größe von etwa 110 Litern. Der Relais-basierte Computer konnte nur 2-Bit-Zahlen speichern und die Zahlen 0 bis 3 darstellen. Bemerkenswert ist, dass Berkeley in Artikeln auch Visionen zu Computern beschrieb, die damals von normalen Mitbürgern wohl eher als utopische Science-Fiction aufgefasst worden sein dürften. Er schrieb unter anderem davon, dass kleine Computer in Wohnungen für Informationen zum Kontostand, der Einkommensteuer oder auch als Hilfe für die Hausaufgaben der Kinder da sein könnten.

Voll funktionsfähig, aber kein Erfolg

Der erste vollelektronische und auch im Handel vertriebene Heimcomputer war der Kenbak-1. Entwickelt wurde er von John Blankenbaker für seine Firma Kenbak Corporation, die den Kenbak-1 im Jahr 1970 veröffentlichte. Das Wort Kenbak steckt übrigens im Namen Blankenbaker mit drin. Das nur etwa 50 mal 30 Zentimeter große Gerät kostete 750 Dollar, was inklusive Inflation heute in etwa 2800 Dollar entspricht. Somit war der Kenbak-1 nicht billig, aber im Vergleich zu anderen Kleincomputern, die weit über 4000 Dollar (heute: etwa 15000 Dollar) kosteten, ein wahres Schnäppchen. Gedacht war der Kenbak-1 vor allem für Schulen, um Kindern das Thema Programmierung näherzubringen, was Blankenbaker ein echtes Anliegen war.

Hierzu entwarf Blankenbaker auch eine ausführliche Broschüre, um bei Lehrkräften Verständnis und Interesse zu wecken. Allerdings verkaufte sich der Heimcomputer am Ende lediglich etwa 50 mal. Die Zeit war vermutlich damals noch nicht reif, um Computer erfolgreich jedermann anzubieten, zumal der Kenbak-1 kein Computer im heutigen Sinne war, bei dem man auf einem Bildschirm die Aufgaben optisch nachvollziehen konnte. Denn Druckknöpfe waren dazu da, Eingaben durchzuführen, kleine Lampen repräsentierten wiederum die Ausgabe beziehungsweise das Ergebnis. Auf technischer Seite handelte es sich beim Kenbak-1 um ein 8-Bit-System mit 256 Bytes Speicher (auf Schieberegistern basierend) ohne eine CPU, sondern er arbeitete ausschließlich mit TTL-Chips (Transistor-Transistor-Logic). Zum Kenbak-1 gibt es eine originale Homepage von John Blankenbaker, die inzwischen von Achim Baque fortgeführt wird.

Der Artikel wird im nächsten Teil über die Entwicklung des Computers nach 1970 fortgesetzt. (mbf)

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