Wenn Qi zuviel Leistung liefert Per NFC: Drahtlose Ladelösung für kleine Consumer-Geräte

Von Alessandro Goitre *

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Der bewährte Qi-Standard für drahtloses, induktives Laden ist für kleine Wearables wie Hörgeräte, Fitness-Tracker usw. wenig geeignet. Lösungen auf Basis des „Near Field Communication“-Standards schon.

Mini-Lader: Für das drahtlose Laden kleiner Elektronikgeräte ist der Qi-Standard überdimensioniert. NFC-Schaltungen bieten sich als kompakte Lösungen an.
Mini-Lader: Für das drahtlose Laden kleiner Elektronikgeräte ist der Qi-Standard überdimensioniert. NFC-Schaltungen bieten sich als kompakte Lösungen an.
(Bild: Panthronics)

Die Integration drahtloser Ladevorrichtungen in Consumer-Geräte ist durch den Qi-Ladestandard des Wireless Power Consortium (WPC) beflügelt worden. Qi ist aktuell die verbreitetste Technik zum Laden von Smartphones. Diese Entwicklung beschleunigt sich mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Lademöglichkeiten etwa in Mittelkonsolen im Auto, Haushaltsgeräten oder im Handel. Das führt zu steigender Bekanntheit und Akzeptanz bei den Verbrauchern, und führende Hersteller anderer Arten von Geräten, über Mobiltelefone hinaus, sehen das Potenzial für drahtloses Laden.

Die Hersteller von Consumer-Geräten sind nun bereit, auch alternative Techniken zum drahtlosen Laden bei kleinen Formfaktoren in Erwägung zu ziehen. Die großen Vorteile beim Ersatz kabelgebundener Ladegeräte durch das drahtlose Laden sind:

  • Höhere Zuverlässigkeit: Jede Kabelverbindung ist eine potenzielle Störungsquelle. Miniatursteckverbinder sind besonders empfindlich für Schäden durch mechanische Beanspruchung, z.B. durch Biegen.
  • Mehr Gestaltungsmöglichkeiten: Con­sumer-Geräte und Wearables haben relativ kleine Oberflächen. Der Entwickler kann die Form des Geräts und die Nutzung seiner Oberfläche optimieren, wenn er keinen Steckverbinder unterbringen muss.
  • Höhere IP-Schutzart: Durch den Wegfall mechanischer Verbindungen entfallen Stellen, an denen Wasser, Schweiß und Staub eindringen können.

Aus verschiedenen Gründen ist die Qi-Technik zum Laden sehr kleiner Wearables, z.B. Armbänder von Aktivitätstrackern, drahtlose Ohrhörer oder intelligente Brillen, nur wenig geeignet. Eine vielversprechendere Alternative ist NFC – die Technik, die hinter kontaktlosen Bezahl- und Ticket-Systemen steht. Der Grund: Neben der Datenkommunikation ist NFC für Energy Harvesting ausgelegt, also die Fähigkeit des Empfängers, aus dem Sendesignal eines Lesers Energie zu gewinnen. Das heißt, dass jedes NFC-fähige Gerät mit der Möglichkeit zum Energy Harvesting ohne zusätzliche Antenne und weitere Komponenten drahtlos geladen werden kann.

Außerdem erfordert das drahtlose Laden per NFC, im Gegensatz zu anderen Ladetechniken, keine perfekte Ausrichtung der Antennen von Ladegerät und Empfänger. Ein NFC-Ladegerät arbeitet mit hoher Effizienz auf der Ladeseite selbst dann, wenn die beiden Antennen um die halbe Antennengröße gegeneinander versetzt sind.

NFC, eine sinnvolle Ergänzung zum drahtlosen Laden per Qi

Trotz der in fast allen Smartphones verfügbaren NFC-Funktionen – die als Ladestation für andere, kleinere Geräte fungieren könnten – ist das Laden per NFC nur in wenigen kleinen Geräten implementiert worden. Der Grund dafür ist, dass die Sendeleistung von gewöhnlich 1 bis 1,5 W an der Antenne die Möglichkeiten zum Laden von Geräten mit größeren Akkus oder kleineren NFC-Antennen beschränkt.

Nun verspricht jedoch ein Durchbruch bei der Entwicklung von NFC-Systemen eine Verdoppelung der Leistung, die über eine NFC-Verbindung übertragen werden kann, bei gleichzeitiger Verringerung der Bauteileanzahl, der Materialkosten und der Systemgröße. Dieser Artikel beschreibt, wie sich diese NFC-Fähigkeit zum schnellen Laden auf die Entwicklung neuer Consumer-Produkte auswirken könnte.

Das drahtlose Laden per Qi hat sich als erfolgreiche Technik für Geräte wie Smartphones erwiesen. Deren große Akkus – üblicherweise 3.000 mAh oder mehr – erfordern die von Qi gebotene Ladeleistung von über 15 W. Das WPC unterstützt die Bemühungen, die Leistung von Qi zu erhöhen, um noch größere Geräte wie Tablets und Notebooks drahtlos laden zu können. Doch die Faktoren, die die Qi-Technik für den Einsatz bei diesen Anwendungen mit hoher Leistung qualifizieren – z.B. die Notwendigkeit einer großen Antenne im Empfänger – verhindern ihren Einsatz in kleineren Produkten wie Wearables.

Bild 1: Die herkömmliche Architektur von NFC-Sendern zum drahtlosen Laden erfordert ein Filternetzwerk aus mehreren Bauelementen (Matching Network) zur Antennenanpassung.
Bild 1: Die herkömmliche Architektur von NFC-Sendern zum drahtlosen Laden erfordert ein Filternetzwerk aus mehreren Bauelementen (Matching Network) zur Antennenanpassung.
(Bild: Panthronics)

Wenn ein zu ladendes Gerät nur 1 W statt 15 W benötigt, ist ein Qi-System im Allgemeinen zu sperrig und zu teuer. Außerdem sind seine Fähigkeiten zur Datenkommunikation beschränkt. Im Gegensatz hierzu ist NFC geeignet zum drahtlosen Laden von Geräten, bei denen Flexibilität ein wesentlicher Faktor ist.

  • Es gibt bereits eine Basis von Milliarden NFC-fähiger Geräte bei den Verbrauchern, sodass sowohl die Verbraucher als auch die Entwicklungsingenieure mit dieser Technik vertraut sind. Die meisten Smartphones könnten als Ladegeräte für NFC-Geräte funktionieren.
  • Die NFC-Technik unterstützt eine bidirektionale Kommunikation. Je nach dem verwendeten Kommunikationsprotokoll und den Fähigkeiten des Geräts auf der Gegenseite unterstützt NFC Kommunikationsgeschwindigkeiten bis 848 kBits/s. Wenn NFC ohnehin als Technik für die Kommunikation des Geräts eingesetzt wird, kann drahtloses Laden das Funktionsangebot des Geräts und damit seine Attraktivität für den Verbraucher erhöhen, ohne dass zusätzliche Materialkosten anfallen.
  • NFC lässt eine Fehlausrichtung der Antennen von Sender und Empfänger zu, ohne die Effizienz der Leistungsübertragung zu beeinträchtigen.
  • NFC ermöglicht kompakte Lösungen mit kleinerer Antenne auf der Sender- und Empfängerseite.
  • NFC lässt sich einfach implementieren, denn die Ladefähigkeit ist in den Standardprotokollen des NFC-Forums bereits enthalten. Beim drahtlosen Laden per NFC kann die Feldstärke des HF-Felds erhöht werden, um die Leistungsübertragung zwischen zwei kompatiblen Geräten zu maximieren.

Bislang nur wenige NFC- Ladelösungen – warum?

Bild 2: Anders als herkömmliche NFC-Sender zum drahtlosen Laden benötigt der PTX100W kein EMV-Filter und nur wenige Bauteile zur Antennenanpassung.
Bild 2: Anders als herkömmliche NFC-Sender zum drahtlosen Laden benötigt der PTX100W kein EMV-Filter und nur wenige Bauteile zur Antennenanpassung.
(Bild: Panthronics)

NFC wird bisher zum drahtlosen Laden wenig eingesetzt. Das ist hauptsächlich deshalb so, weil NFC-Sender auf einer konventionellen Architektur aufbauen, die die Ausgangsleistung an der Sendeantenne auf < 1,5 W begrenzt. In dieser Architektur erzeugt der NFC-Sender ein rechteckförmiges Ausgangssignal (siehe Bild 2). Diese Rechteck-Architektur ist für die Hersteller von NFC-Komponenten eine beliebte Wahl, denn sie lässt sich schaltungsseitig leicht umsetzen. Doch das rechteckförmige Ausgangssignal muss zur Übertragung über die Antenne in ein Sinussignal umgewandelt werden, um zu verhindern, dass die elektromagnetischen Emissionen die Grenzwerte überschreiten. Hierzu ist ein EMV-Filter aus mehreren externen Komponenten erforderlich.

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Beim NFC-Laden hat dies zwei erhebliche Nachteile: Hohe Leistungsverluste im EMV-Filter des Senders reduzieren die Ausgangsleistung und damit die Eingangsleistung beim Empfänger. Die höhere Impedanz der Antenne wegen der Toleranzen der diskreten Bauteile im EMV-Filter beschränkt die mögliche Ausgangsleistung des NFC-Senders. In der Praxis heißt das, dass die in heutigen drahtlosen Ladegeräten eingesetzten NFC-Sender an der Antenne auf eine Ausgangsleistung von bestenfalls 1,5 W und maximal 500 mW beim Empfänger beschränkt sind. Bei diesen niedrigen Leistungen wird die Zeit zum Laden eines Geräts unverhältnismäßig lang. Glücklicherweise gibt es einen anderen Weg, dessen Vorzüge das Ergebnis einer völlig anderen Architektur im Sender und im Empfänger sind.

Neue Architektur mit sinus- förmigem Ausgangssignal

Die neue Architektur – das Ergebnis einer von Panthronics entwickelten patentierten Umsetzung in Silizium – erzeugt ein sinusförmiges Signal am Senderausgang (siehe Bild 2). Damit benötigt der NFC-Kreis kein verlustbehaftetes EMV-Filter und die Antenne kann direkt am Senderausgang angeschlossen werden (DIRAC). Die wichtigsten Vorteile dieser Architektur sind die genaue Umkehrung der Nachteile herkömmlicher NFC-Controller:

  • Die Verluste werden reduziert, da das EMV-Filter und die meisten Bauteile zur Anpassung wegfallen.
  • Durch die Sinusform des Signals entfallen verschiedene Kondensatoren und Induktivitäten mit großen Toleranzen und es kann eine Antennenanpassschaltung mit viel niedrigerer Impedanz verwendet werden, wodurch sich die Ausgangsleistung des Senders erhöht.
  • Die Verringerung der Bauteileanzahl vereinfacht außerdem die Systemanpassung und beseitigt Produktstreuungen durch die großen Toleranzen der Bauteile für die Anpassung.
  • Gleichmäßige übertragene Leistung als Funktion des Volumens
  • Konstant optimierte Systemanpassung als Funktion der Verschiebung

Beim Betrieb mit 5 V liefert eine Panthronics-Lösung mit dem NFC-Lade-Controller PTX100W bis zu 2,5 W an der Antenne. Einer der Hauptgründe dafür, dass die Panthronics-Architektur mehr Leistung als eine herkömmliche NFC-Architektur liefert, ist die niedrigere Impedanz bei der Antennenanpassung, die durch eine Schaltung ohne EMV-Filter möglich wird. Eine Anwendung mit PTX100W kann mit einer Antennenanpassimpedanz von unter 5 Ω ausgelegt werden, während die Impedanz mit EMV-Filter mindestens doppelt so hoch ist.

Bild 3: Musterschaltung mit dem NFC-Sender PTX100W zum Laden einer Smartwatch.
Bild 3: Musterschaltung mit dem NFC-Sender PTX100W zum Laden einer Smartwatch.
(Bild: Panthronics)

Sehr wichtig ist auch, dass der Wegfall des EMV-Filters und weiterer externer Bauteile sonst benötigten Platz auf der Leiterplatte spart. Damit verringern sich Kosten, Größe und Komplexität des Boards im geladenen Gerät, was für die Hersteller von Wearables ein wichtiger Vorteil ist. Die folgenden Anwendungsbeispiele demonstrieren die Ladefähigkeit des PTX100W.

Ladeschaltung in einer Smartwatch: Das Sender-Board enthält den PTX100W. Die Abmessungen der Antennen von Sender und Empfänger erlauben die Integration in eine Smartwatch oder einen Fitness-Tracker (siehe Bild 3). Unter diesen Bedingungen überträgt der PTX100W bis zu 1 W an den Akku des Empfängers, gemessen mit dem Leistungssensor auf der Empfängerplatine. Eine Fehlausrichtung zwischen den Antennen von Sender und Empfänger hat nur geringe Auswirkungen auf die übertragene Gesamtleistung.

Bild 4: Musterschaltung zum NFC-Laden eines Earbud-Akkus. Die Grafik zeigt die Abnahme der übertragenen Leistung bei einer Fehlausrichtung der Antennen von Sender und Empfänger.
Bild 4: Musterschaltung zum NFC-Laden eines Earbud-Akkus. Die Grafik zeigt die Abnahme der übertragenen Leistung bei einer Fehlausrichtung der Antennen von Sender und Empfänger.
(Bild: Panthronics)

NFC-Laden von Earbuds: Bei dieser Anwendung sind die Abmessungen der Antenne noch geringer, was die übertragene Leistung weiter reduziert. Bild 4 zeigt die mit dem PTX100W als Sender beim Akku der Earbuds ankommende Leistung. Selbst bei einem Antennenabstand bis zu 5 mm liegt die zur Antenne der Earbuds übertragene Leistung immer noch über der maximalen Leistung zum Laden eines typischen Earbud-Akkus.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in der Fachzeitschrift ELEKTRONIKPRAXIS Ausgabe 4/2021 (Download PDF)

Höhere Sendeleistung erlaubt schnelleres Laden per NFC

Mit der Einführung des neuen NFC-Lade-Controllers PTX100W bietet Panthronics eine neue Lösung mit hoher Leistung durch die innovative Architektur mit sinusförmigem Signal. Während die Hersteller von Con­sumer-Geräten das drahtlose Laden per NFC wegen der langen Ladezeiten selbst bei kleinen Akkus nur langsam akzeptiert haben, überwindet die Einführung des PTX100W dieses Problem, denn sie ermöglicht eine Leistung an der Antenne von bis zu 2,5 W und verkürzt die typische Ladezeit bei Akkus bis 400 mAh auf die Zielvorgaben der Hersteller von unter drei Stunden.

* Alessandro Goitre ist Produktmarketingdirektor von Panthronics in Graz.

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