Solar Impulse 2 Mit 17.000 Solarzellen einmal rund um die Welt fliegen
Nur mit Sonnenenergie rund um die Welt fliegen: Das wollen Bertrand Piccard und Andre Borschberg mit ihrem jetzt vorgestellten Flugzeug Solar Impulse 2.
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Mit der Überquerung des amerikanischen Kontinents in ihrem Solarflugzeug Solar Impulse haben die beiden Schweizer Bertrand Piccard und Andre Borschberg vergangnen Sommer für großen Aufsehen gesorgt. Mit dem Nachfolger Solar Impulse 2 wollen die beiden Flug- und Umweltpioniere 2015 noch einen Schritt weitergehen: geplant ist ein Flug rund um die Welt nur mit Solarenergie.
Dazu betrieb Konstrukteur Borschberg Flugzeugbau extrem: Die Solar Impulse 2 hat eine mächtige Spannweite von 72 Metern – mehr als eine Boeing 747-8I – bei einem Gewicht von nur 2300 kg. Die 747 hat ein maximales Abfluggewicht von 447 Tonnen! Um bei der Weltumrundung Ozeane sicher überfliegen zu können, muss das Flugzeug 5 Tage ununterbrochen in der Luft bleiben können, bei Tag und Nacht.
„Die Solar Impulse 2 wird damit fast unbegrenzte Autonomie haben und wir müssen sicherstellen, dass der Pilot dabei genauso ausdauernd ist wie das Flugzeug", sagte Borschberg bei der Vorstellung der SI2. Aus diesem Grund wurde ein 3,8 Kubikmeter großes Cockpit konstruiert, in der der Pilot für bis zu einer Woche leben kann. Das allerdings spartanisch, denn aus Gründen der Energieeinsparung ist das Cockpit nicht beheizt. Mehr zur Konstruktion des Flugzeugs in der Bildergalerie.
Die Energie zum Fliegen bezieht die SI2 aus 17.000 Solarzellen auf der Oberseite der Tragflächen, der Strom wird in Lithium-Batterien mit einem Gewicht von 633 kg zwischengespeichert, ehe er vier Elektromotoren antreibt.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat in einem rund zweiwöchigen Standschwingungsversuch bis Anfang April das Strukturverhalten des Leichtbaufliegers untersucht. "Wir haben es hier mit einer extremen Leichtbaukonstruktion zu tun, bei der ein minimales Gerüst aus CFK-Elementen von einer nur 0,2-Millimeter dünnen HiTech-Folie überspannt ist", sagt Yves Govers vom DLR-Institut für Aerolastik in Göttingen. "Solch ein Flugzeug hat ein ganz eigenes Schwingungsverhalten etwa bei Windböen und Steuermanövern, das wir mit spezieller Messtechnik bei sogenannten Standschwingungsversuchen untersucht haben."
Yves Govers hat die aufwendigen Tests am SolarImpulse-Neuling geleitet. Standschwingungsversuche sind ein wichtiger Bestandteil des Testprogramms von Flugzeugprototypen. Für jedes neue Flugzeugmuster muss dessen Flattersicherheit nachgewiesen werden. Flattern ist ein gefährlicher Schwingungszustand, der im Flug nicht auftreten darf. Dabei vergrößern sich die Schwingungen eines Flugzeugs, indem über die Tragflächen Energie aus der Umströmung aufgenommen wird.
Auf dem Gebiet der Standschwingungsversuche ist das DLR-Institut für Aeroelastik führend und hat bereits Prototypen großer Verkehrsmaschinen wie den Airbus A380 oder A350 auf ihr Schwingungsverhalten hin vermessen. "Beim Prototypen von SolarImpulse werden die Standschwingungsversuche allerdings nicht primär wegen der Flatteruntersuchungen durchgeführt", grenzt Versuchsleiter Govers die Situation ein. "Das extrem leichte Solarflugzeug ist nur mit einer Geschwindigkeit von rund 70 Kilometern pro Stunde unterwegs, um besonders energiesparend zu fliegen. Bei diesen geringen Geschwindigkeiten ist das Flattern eher ein nachrangiges Problem." Wichtig sind die Ergebnisse der Standschwingungsversuche für SolarImpulse vor allem, um Computermodelle des Spezialflugzeugs zu überprüfen und somit dessen Strukturverhalten im Flug verlässlich vorhersagen zu können.
An der Grenze des Messbaren
Der extreme Leichtbau kombiniert mit der Flügelspannweite von 72 Metern ist für die DLR-Forscher eine besondere Herausforderung: "Die Tragflächen des Solar-Motorseglers sind in ihrer Größe vergleichbar mit denen heutiger Verkehrsflugzeuge, allerdings schwingen diese durch den extremen Leichtbau deutlich langsamer", so Govers. "Wir haben es hier mit Schwingungsperioden von bis zu drei Sekunden zu tun. In diesem Bereich befinden wir uns an den Grenzen des überhaupt Messbaren." Der Prototyp von SolarImpulse wird von den DLR-Forschern mit elektrodynamischen Erregern, sogenannten Shakern, an mehreren Stellen in Schwingung versetzt. Die Shaker erzeugen wie bei Lautsprechern die Schwingungen über eine Magnetspule. Hier wird allerdings die Magnetkraft nicht für die Bewegung einer Lautsprechermembran benötigt sondern direkt für die Vibration der Flugzeugstruktur verwendet.
Das DLR unterstützte bereits in den Jahren 2008 und 2010 den Bau des ersten SolarImpulse-Prototypen HB-SIA während der Entwicklung mit Komponententests und einem Standschwingungsversuch.
Die ersten Testflüge der Solar Impulse 2 sind für Mai geplant, anschließend sollen Trainingsflüge über der Schweiz stattfinden. Der Beginn der ersten Weltumrundung im Solarflugzeug ist für März 2015 in der Golfregion vorgesehen. Die Solar Impulse fliegt von da über das Arabische Meer, Indien, Myanmar, China, den Pazifik, die USA, den Atlantik und Südeuropa oder Nordafrika, bevor sie wieder zum Ausgangspunkt gelangt. Alle paar Tage sind Landungen vorgesehen, bei denen die Piloten sich abwechseln und an öffentlichen Events die lokalen Regierungen, Schulen oder Universitäten mehr über das Flugzeug erfahren können.
Im Sommer vergangenen Jahres war Piccard und Borschberg mit der ersten Version der Solar Impulse die Überquerung des amerikanischen Kontinents von San Francisco bis Washington D.C. allein mit Sonnenenergie geglückt. In einer Flugzeit von rund 105 Stunden und 41 Minuten legten sie dabei eine Strecke von 3511 Meilen zurück – was eine Durchschnittsgeschwindigkeit von bescheidenen 28,8 Knoten (Nautische Meilen pro Stunde) oder 53,3 km/h ergibt.
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