Leiterplattensteckverbinder Kundenspezifische Steckverbinder: Sonderlösung oder Standard?

Von Stefan Suchan *

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Die Vielfalt bei Steckverbinderlösungen ist groß. Standard-Steckverbinder passen nicht exakt für jede Anwendung, sind aber günstig. Kundenspezifische Steckverbinder sind passgenau, aber teuer. Das muss nicht zwingend so sein.

Kundenspezifische Steckverbinder: Auf Kundenanforderungen angepasste Steckverbinder müssen nicht unbedingt teuer sein, wenn man auf modifizierte Standard-Steckverbinder zurückgreift und diese frühzeitig ins Design mit einbezieht.
Kundenspezifische Steckverbinder: Auf Kundenanforderungen angepasste Steckverbinder müssen nicht unbedingt teuer sein, wenn man auf modifizierte Standard-Steckverbinder zurückgreift und diese frühzeitig ins Design mit einbezieht.
(Bild: © Fischer Elektronik)

Der Leiterkartendesigner sieht sich häufig mit einer immensen Auswahl an verschiedenen Steckverbindern konfrontiert, aus denen er wählen muss. Neben der Verbindungstechnik (Lötverfahren, Einpressen etc.) und der Kontaktanzahl spielen auch die Kontaktoberfläche und die physikalischen Eigenschaften des Kunststoffisolierkörpers eine entscheidende Rolle bei der Auswahl des passenden Steckverbinders.

Sobald diese Parameter nicht mehr mit standardisierten Steckverbindern erreicht werden können, muss sich der Kunde mit einer kundenspezifischen Sonderlösung auseinandersetzen. Dies kann je nach Anforderung an den Steckverbinder sehr kosten- und zeitintensiv sein.

Steckverbinder: Standard oder Neuentwicklung?

Bild 1: 
Automatengerechte Bestückungsvarianten bei Steckverbindern sind wichtig. Die Automobilbranche oder die Luft- und Raumfahrttechnik planen für ihre Großprojekte bereits in der Prototypenphase mit der Verpackungsoption Tape & Reel.
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Automatengerechte Bestückungsvarianten bei Steckverbindern sind wichtig. Die Automobilbranche oder die Luft- und Raumfahrttechnik planen für ihre Großprojekte bereits in der Prototypenphase mit der Verpackungsoption Tape & Reel.
(Bild: © Fischer Elektronik)

Die Art der Kundenspezifizierung von Steckverbindern lässt sich grundlegend in zwei Kategorien einteilen. Einerseits in die modifizierte Variante eines Standardsteckverbinders, andererseits in die vollständige Neuentwicklung eines kundenspezifischen Steckverbinders (Bild 1). Bei der modifizierten Variante gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, welche in den meisten Fällen ohne größere Probleme von den Steckverbinderherstellern gelöst werden.

Sowohl eine kundenspezifische Bestückung, bei der je nach Kundenwunsch einige Kammern des Isolierkörpers unbestückt bleiben, als auch eine individuelle Positionierung des Isolierkörpers bei Stift- und Buchsenleisten, bereitet den meisten Herstellern kein Kopfzerbrechen.

Des Weiteren gehören auch kundenspezifische Kontaktbeschichtungen mit höheren Schichtdicken oder besonderen Beschichtungswerkstoffen in der Regel zum Standard-Repertoire eines Herstellers von Leiterkartensteckverbindern. Häufig lassen sich diese individuellen Kontaktbeschichtungen auch ohne neue Maschinen- und Werkzeugkosten realisieren.

Im Gegensatz dazu können bei einem vollständig neu entwickelten Steckverbinder sowohl Werkzeug- und Maschinenkosten als auch hohe Entwicklungskosten entstehen, abhängig von der Komplexität des zu entwickelnden Steckverbinders.

Zusätzlich kommt auch noch der Faktor Zeit ins Spiel. Die Entwicklungszeit eines komplett neu entwickelten Steckverbinder liegt, je nach Komplexität und Prüfanforderungen, bei mehreren Monaten bis hin zu einigen Jahren. Besonders wenn neue Kunststoffe, Kontaktbeschichtungen oder Kontaktwerkstoffe verwendet und qualifiziert werden müssen.

Kundenspezifische Steckverbinder: Anwendungen

Die Anwendungsgebiete von kundenspezifischen Steckverbindern sind sehr vielfältig. Neben klassischen Bereichen wie Automotive, Bahntechnik sowie Luft- und Raumfahrt finden auch in der Medizintechnik, Messtechnik oder der Audiotechnik immer mehr eigens auf die Kundenapplikation zugeschnittene Steckverbinder Verwendung.

Besonders in der Mess- und der Medizintechnik werden hochpräzise und störungsfreie Steckverbinder benötigt, welche unter jeglichen Voraussetzungen und Umgebungsbedingungen ihren Zweck erfüllen.

Die meisten Leiterplattensteckverbinder sind sehr variabel einsetzbar und nicht auf spezielle Anwendungsgebiete beschränkt. Jedoch können einige Steckverbinder besser für die entsprechende Kundenanwendung modifiziert bzw. angepasst werden als an­dere. Beispielsweise lassen sich Stift- und Buchsenleisten deutlich variabler modifizieren als Bandkabelsteckverbinder oder I/O-Steckverbinder.

Automatengerechte Bestückung berücksichtigen

Um eine automatengerechte Bestückung zu gewährleisten, sind die richtigen Verpackungen notwendig. Besonders durch den steigenden Automatisierungsgrad bei Leiterkartenbestückern führt mittlerweile kaum noch ein Weg an Verpackungsoptionen für die automatisierte Bestückung vorbei.

Bild 2: 
Verpackungsoptionen für die automatische Bestückung kundenspezifischer Steckverbinder.
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Verpackungsoptionen für die automatische Bestückung kundenspezifischer Steckverbinder.
(Bild: © Fischer Elektronik)

Diese Optionen sind Blistergurte (Tape & Reel) oder Stangenmagazine (Bild 2). Das Interesse bzw. die Nachfrage nach Tape & Reel bei kundenspezifische Sonderlösungen ist ungebrochen. Im Besonderen werden Großprojekte aus der Automobilbranche oder der Luft- und Raumfahrt bereits in der Prototypenphase mit der Verpackungsoption Tape & Reel eingeplant, um nachträgliche Verzögerungen zu vermeiden.

Dabei spielt die Kundenspezifizierung nur bedingt eine entscheidende Rolle. Grund­voraussetzung für die Erstellung eines kundenspezifischen Tape & Reel ist die zu erwartende Stückzahl und nicht die Art der Kundenspezifizierung.

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Da es sich beim Tape & Reel um einen tiefgezogenen Blistergurt handelt, welcher auf die Geometrie des Steckverbinders angepasst wird, sind dem Hersteller kaum Grenzen gesetzt. Charakteristisch sind kurze Lieferzeiten. Viele Hersteller haben eine hohe Expertise und bieten eine hohe Qualität sowohl bei Standardverpackungen als auch bei der Entwicklung und Fertigung von kundenspezifischen Sonderlösungen.

Im Gegensatz dazu gibt es bei Stangenmagazinen typische Geometrien, welche häufig für SMD-Steckverbinder verwendet werden. Dadurch können die Stangenmagazine nur bedingt variabel angepasst oder bereits vorhandene Stangenmagazine für kundenspezifische Ausführungen verwendet werden.

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Der Anwenderkongress Steckverbinder beleuchtet praxisorientiert technische Aspekte beim Design und Einsatz moderner Steckverbinder. In Praxis-Workshops vermitteln hochkarätige Experten elektrotechnische Grundlagen, spezifisches Knowhow und helfen bei der Auswahl des richtigen Steckverbinders.

Der Kongress ist eine in Europa einzigartige Veranstaltung, die sich den Themen rund um das Steckverbinder-Design, Design-in, Werkstoffe, Qualifizierung und Einsatz von Steckverbindern widmet.

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Steckverbinder: Vor- und Nachteile einer Sonderlösung

Die Vorteile eines kundenspezifischen Sondersteckverbinders liegen einerseits in der zu 100 Prozent passgenauen Lösung des Kundenproblems. Andererseits kann eine individuelle Lösung nicht so einfach von Mitbewerbern kopiert werden. Zusätzlich gibt es in einigen Fällen die bereits erwähnte Option, einen Standardsteckverbinder nach Kundenwunsch zu modifizieren. Hierbei entstehen auch keine erhöhten Kosten für den Kunden.

Die Nachteile bei vollständig neuentwickelten Sonderlösungen liegen in den hohen Werkzeug- und Maschinenkosten. Des Weiteren muss der Kunde mit hohen Stückzahlen planen, um eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung von den Steckverbinderherstellern angeboten zu bekommen.

Fazit: Kundenspezifische Steckverbinder können sowohl Fluch als auch Segen sein. Hinter der hohen individuellen und pass­genauen Gestaltung des Steckverbinders können sich hohe Werkzeug- und Entwicklungskosten verstecken. Zusätzlich kommen hohe Entwicklungs- und Lieferzeiten auf den Kunden zu, je nach Anforderung an den Steckverbinder. Eine Lösung sind modifizierte Standardsteckverbinder, bei denen ein vorhandener Standardsteckverbinder mit leichten Anpassungen gefertigt wird.

Bei vielen Neuentwicklungen wird der Steckverbinder erst sehr spät mit eingeplant, wodurch eine standardisierte Lösung meist nicht mehr genutzt werden kann und ein eigens für die Applikation entwickelter Steckverbinder verwendet werden muss. Dabei müssen nicht nur die geometrischen Maße des Steckverbinders berücksichtigt werden, sondern auch die physikalischen Eigenschaften des Kontakt- und Isolationsmaterials, wie auch eine angepasste Verpackungsvariante, die eine automatisierte Zuführung der Steckverbinder gewährleistet.

* Stefan Suchan ist leitender Entwicklungsingenieur Steckverbinder bei Fischer Elektronik in Lüdenscheid.

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