Interview mit Prof. Heinz-Peter Bürkle „Ingenieure müssen lernen, wie Gestalter zu denken“

Redakteur: Franz Graser

Professor Dr. Ing. Heinz-Peter Bürkle ist der Initiator des Engineering-Studiengangs „Internet der Dinge“ an der Hochschule Aalen in Ostwürttemberg. Er erläutert den Grundgedanken des Curriculums: Technik und Gestaltung müssen eine lebendige Symbiose miteinander eingehen.

Anbieter zum Thema

Professor Dr. Ing. Heinz-Peter Bürkle, Hochschule Aalen: Technische und gestalterische Aspekte müssen im Internet der Dinge zusammenkommen, um attraktive Applikationen zu erstellen. Prof. Bürkle ist am 15. September einer der Referenten beim diesjährigen IoT-Kongress.
Professor Dr. Ing. Heinz-Peter Bürkle, Hochschule Aalen: Technische und gestalterische Aspekte müssen im Internet der Dinge zusammenkommen, um attraktive Applikationen zu erstellen. Prof. Bürkle ist am 15. September einer der Referenten beim diesjährigen IoT-Kongress.
(Bild: Hochschule Aalen)

An der Hochschule Aalen wurde ein Studiengang zum Thema IoT ins Leben gerufen. Was ist die Haupt-Intention dahinter?

Wir sind an der Hochschule Aalen der Überzeugung, dass die Digitalisierung die gesamte Gesellschaft und Wirtschaft durchdringt. Ingenieure und Wirtschaftswissenschaftler, die diese Umgestaltung voranbringen, sind dringend gesucht. Auf der anderen Seite ist die Zahl der Studienbewerber in zentralen Ingenieursdisziplinen der Digitalisierung, etwa in Technischer Informatik, eher zu knapp.

Wir benötigen daher neue, für junge Menschen attraktive Studiengangkonzepte, die die Thematik der Digitalisierung auch nach außen hin sichtbar werden lassen. Das Thema Internet der Dinge darf daher nicht nur Inhalt eines Studienprogramms sein, sondern muss auch als attraktiver Leuchtturm in der Bezeichnung des Studiengangs und seiner Module erkennbar werden. Die Hauptintention ist also, junge Menschen zu begeistern für die spannenden, umwälzenden Technologien der Digitalisierung und ihnen gleichzeitig ein solides Fundament für die digitale Zukunft zu geben.

Was ist das Besondere an diesem Studiengang?

Das Besondere, ja bislang Einmalige an diesem Studiengang ist die Kooperation zwischen unserer Hochschule für Technik und Wirtschaft in Aalen und der Hochschule für Gestaltung in Schwäbisch Gmünd. Ich selber bin ja Ingenieur, konnte aber in der relativ kurzen Zeit des Aufbaus unserer Kooperation schon von den Gestaltern lernen: In den Gestaltungsfächern geht es um viel mehr als nur Ästhetik, nämlich um die Methodik des nutzerzentrierten Design, um den „Design-Thinking-Prozess“.

Wir sind der Auffassung, dass die Entwicklung nutzergerecht gestalteter Produkte im Internet der Dinge entscheidend ist für den Erfolg der neuen digitalen Technologien. Der Mensch mit seinen Bedürfnissen muss auch im Zeitalter der fortschreitenden Digitalisierung stets beachtet werden. Unsere Aalener Studierende lernen solide Ingenieurgrundlagen für das Internet der Dinge und gleichzeitig die Denkweise von Gestaltern intensiv kennen.

Umgekehrt lernen die Designer der Hochschule für Gestaltung wie Ingenieure denken. Für beide ist wichtig: „Think outside the box“. Das Curriculum ist gekennzeichnet von gemeinsamen Grundlagen und vor allem von vielen gemeinsamen Projekten. Wir wollen damit nicht zuletzt auch den Gründergeist beflügeln und unserer Region in Ostwürttemberg, von der wir sehr unterstützt werden, einen Schub für die Digitalisierung geben.

Viele Menschen stehen dem IoT zum Teil noch skeptisch oder zum Teil auch ablehnend gegenüber. Was würden Sie diesen Leuten sagen?

Zunächst würde ich diese Einwände sehr ernst nehmen, denn eine Digitalisierung als spielerischer Selbstzweck macht wirklich keinen Sinn. Auch die Bedenken zu Datenschutz und Datensicherheit sind sehr berechtigt. Daher haben wir im Curriculum des Studienprogramms das Thema IT-Sicherheit auch sehr wichtig genommen. Und die Thematik des Nutzens, des echten Mehrwerts für den Menschen, für eine Firma oder für die ganze Gesellschaft haben wir ebenso unauflöslich ins Curriculum verwoben.

Ingenieure müssen lernen, wie Gestalter zu denken und umgekehrt. Der Trend zur Digitalisierung lässt sich nicht mehr umkehren. Wichtig ist es nun, dies im Sinne der Gesellschaft positiv zu gestalten - und dazu gehört auch, dass die Digitalisierung der Wirtschaft Schub verleiht und neue Arbeitsplätze entstehen, beziehungsweise dass die Wirtschaft hoch qualifizierte Ingenieure und Gestalter findet, die die Digitalisierung vorantrieben können.

(ID:44164167)