Codename „Eagle“ IBM präsentiert Rekord-Quantenprozessor mit 127 Qubits

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IBM hat erneut die Messlatte bei Quantenprozessoren hochgeschraubt. Der „Eagle“ genannte Prozessor verfügt erstmals über 127 Qubits sowie zahlreiche Architektur-Verbesserungen. Laut IBM sei der Chip erstmals so komplex, dass er sich nicht mehr von Supercomputern simulieren lasse.

Mit dem „Eagle“ hat IBM erstmals einen Quantenprozessor mit 127 Qubits enthüllt.
Mit dem „Eagle“ hat IBM erstmals einen Quantenprozessor mit 127 Qubits enthüllt.
(Bild: IBM)

Erstmals hat IBM mit einem Quantenprozessor die 100 Qubit-Marke geknackt: Der Chip mit dem Codenamen „Eagle“ verfügt nach Aussagen von „Big Blue“ über 127 Qubits. Das mache den Quantenprozessor derart fortgeschritten, dass man ihn bereits nicht mehr von einem traditionellen Supercomputer simulieren lassen könne: Für eine Simulation des „Eagle“ wären Unternehmensangaben zufolge „mehr klassische Bits [notwendig], als es Atome in jedem menschlichen Wesen auf dem Planeten gibt.“

Bessere Wechselwirkungen, geringeres Fehlerpotential

IBM hat seine Quantenprozessoren in den letzten Jahren kontinuierlich mit mehr Qubits ausgestattet, um der Erschließung künftiger Anwendungen dieser Technologie näher zu kommen. Die frühen „Canary“-Quantenchips von IBM verfügten über fünf Qubits. Es folgten die „Falcon“-Serie mit 27 Qubits und der im vergangenen Jahr vorgestellte „Hummingbird“-Prozessor mit 65 Qubits.

Die Entwicklung schnellerer Quantenchips wird allerdings nicht „einfach“ durch das Hinzufügen weiterer Qubits zu einem bestehenden Design erreicht. Um Eagle mit 127 Qubits auszustatten, mussten die IBM-Forscher mehrere wichtige Verbesserungen an der generellen Architektur vornehmen. „Wir mussten Techniken, die in früheren Generationen von IBM-Quantenprozessoren entwickelt wurden, kombinieren und verbessern, um eine Prozessorarchitektur zu entwickeln, die fortschrittliche 3D-Packaging-Techniken umfasst und von der wir überzeugt sind, dass sie das Rückgrat von Prozessoren bis hin zu unserem geplanten Condor-Prozessor mit mehr als 1000 Qubits bilden kann“, erklären die IBM-Manager Jerry Chow, Oliver Dial und Jay Gambetta in einem Blogpost anlässlich der Ankündigung des Quantenprozessors. „Eagle basiert auf unserem Heavy-Hexagonal-Qubit-Layout, das wir mit unserem Falcon-Prozessor erstmals vorgestellt haben, bei dem Qubits mit zwei oder drei Nachbarn verbunden sind, als säßen sie auf den Kanten und Ecken von mosaikartigen Sechsecken. Diese besondere Konnektivität verringert das Fehlerpotenzial, das durch Wechselwirkungen zwischen benachbarten Qubits entsteht, und trägt so erheblich zur Entwicklung funktionaler Prozessoren bei.“

Eine weitere Innovation in Eagle stellt eine Technologie dar, die IBM als Auslesemultiplexing ('readout multiplexing') bezeichnet. In den IBM-Quantenprozessoren der vorherigen Generation wurde jedes Qubit mit einem eigenen Satz elektronischer Komponenten ausgestattet, die für das Schreiben von Daten in das Qubit und das Lesen der Berechnungsergebnisse verantwortlich waren. Das 'readout multiplexing' in Eagle soll die Menge an Elektronik, die zum Lesen und Schreiben von Daten erforderlich ist, deutlich reduzieren.

Eine „Schallmauer“ könnte bereits in zwei Jahren fallen

Quantenchips nutzen quantenmechanische Phänomene, um bestimmte Rechenoperationen schneller auszuführen als herkömmliche Computer. Die Technologie befindet sich noch in einem frühen Stadium und eignet sich derzeit nicht für viele praktische Anwendungen. Neben einer eingeschränkten Komplexität ist eine Kühlung des Systems bis nahe dem absoluten Nullpunkt notwendig, um die für die Arbeit der Prozessoren notwendigen Quantenzustände aufrecht zu erhalten. Es wird jedoch angenommen, dass künftige Quantencomputer mit mehr Qubits als die heutigen Systeme Berechnungen übernehmen könnten, die selbst für die schnellsten klassischen Supercomputer zu komplex sind.

Ein Nachfolgechip namens Osprey, der über 400 Qubits erreichen soll, ist bereits in Arbeit und für nächstes Jahr geplant. Bis 2023 möchte IBM schließlich die „Schallmauer“ von 1000 Qubits durchbrochen haben; der geplante Chip namens „Condor“ soll auf 1121 Qubits kommen. Expertenmeinungen zufolge ist das die Schranke, die ein Quantenprozessor überwinden muss, um auch wirklich von erstem effizienten Nutzen zu sein.

Ohne das Quantenvolumen des Eagle-Prozessors zu kennen, ist es schwer, genau zu sagen, wie er im Vergleich zu den bereits vorhandenen Systemen abschneidet. Letzten Oktober behauptete Honeywell, sein System Model H1 habe ein Quantenvolumen von 128 mit nur 10 verbundenen Qubits. Anfang des Jahres stellte IBM ein System mit 27 Qubits und einem damals branchenführenden Quantenvolumen von 64 vor. Der neue Prozessor des Unternehmens stellt zwar zweifellos einen signifikanten Fortschritt auf dem Weg zum praktikablen Quantencomputer dar. Aber Qubits sind dabei letztendlich nicht alles.

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