US-Leistungshalbleiterhersteller klagt gegen chinesischen Konkurrenten EPC wirft Innoscience Patentverletzung bei GaN-Chips vor
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Das kalifornische Unternehmen Efficient Power Conversion (EPC) hat seinen chinesischen Konkurrenten Innoscience verklagt wegen angeblicher Verletzung von vier EPC-Patenten zu Leistungshalbleitern auf Basis von Galliumnitrid (GaN). Innoscience weist die Vorwürfe entschieden zurück.

Eingereicht wurde die Klage bei einem kalifornischen Bundesgericht und bei der der US-amerikanischen International Trade Commission (ITC). EPC fordert Schadensersatz für die angebliche Patentverletzung sowie ein Verbot für Innoscience, die betroffenen GaN-Produkte in die USA zu importieren.
Es geht um viel Geld, sagt man bei EPC doch für die nächsten zwei bis drei Jahre einen weltweiten GaN-Markt im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar voraus, der in den nächsten zehn Jahren auf mehrere zehn Milliarden US-Dollar anwachsen werde. Grund dafür sei das Potenzial für GaN-Leistungshalbleiter, die globale Energieeffizienz um 15 bis 20 % zu steigern und so Energiekosten wie Schadstoffemissionen zu senken.
Laut EPC betreffen die angeblich verletzten Patente Kernaspekte der Entwicklung und Herstellung von Enhancement-Mode-Galliumnitrid-Leistungshalbleitern. Es gehe um Innovationen, die wesentlich dafür gewesen sein, GaN-Leistungshalbleiter von einem Forschungsprojekt in die Serienreife zu überführen und so eine inzwischen im Markt akzeptierte energieeffiziente und kostensparende Alternative zu Silizium-Leistungshalbleitern in großen Stückzahlen zu ermöglichen. Laut eigenen Angaben begann EPC bereits 2010 mit der Massenfertigung der ersten kommerziellen Transistoren und integrierten Schaltungen auf GaN-Basis.
Know-how-Klau durch zwei „Überläufer“?
In der Klage führt EPC an, dass Innoscience mit Hauptsitz im chinesischen Guangdong 2017 zwei ehemalige EPC-Mitarbeiter als Chief Technology Officer (CTO) bzw. Leiter für Vertrieb und Marketing eingestellt habe. Kurz darauf habe das Unternehmen dann eine Reihe von Produkten auf den Markt gebracht, die mit denen von EPC offensichtlich identisch seien und bei den wichtigsten Leistungskennzahlen praktisch die gleiche Leistung böten. Innoscience habe in einer Marketingkampagne selbst kommuniziert, dass viele seiner Produkte mit bestehenden Produkten (auch den EPC-Produkten) kompatibel seien.
EPC-CEO Dr. Alex Lidow kommentiert: „Ich habe immer an faire Zusammenarbeit als Grundlage für globale Technologiemärkte geglaubt. Nur durch Zusammenarbeit können wir das Potenzial der GaN-Technologie erschließen und die Ziele der Energiesicherheit und Nachhaltigkeit weltweit erreichen. Für diese Zusammenarbeit und das nötige Vertrauen sind ein starker Schutz und die Achtung des geistigen Eigentums unerlässlich.“ Lidow ist zuversichtlich, dass man vor Gericht zu einer fairen und vernünftigen Lösung gelangen werde, die die Wettbewerbsbedingungen ausgleiche und ein GaN-Ökosystem sicherstelle, das für alle Marktteilnehmer funktioniere.
Innoscience wehrt sich entschieden
Innoscience weist die Anschuldigungen entschieden zurück. In einem offiziellen Statement heißt es, die Aussagen der von EPC eingereichte Klage stünden im krassen Widerspruch zu den Tatsachen, und die Beweggründe und Ziele der Klage seien zweifelhaft. Innoscience werde unverzüglich alle rechtlichen Maßnahmen ergreifen, um dagegen vorzugehen.
Man sehe das Vorgehen von EPC als illegale Wettbewerbstaktik, die darauf abziele, einen laut Innoscience bestehenden eigenen Wettbewerbsvorteil zu untergraben. Innoscience behalte sich das Recht vor, eine rechtliche Haftung für die dadurch entstandenen Verluste einzufordern. Laut eigenen Angaben hat Innoscience seit Gründung weltweit 753 relevante Patente angemeldet, 129 davon seien erteilt worden. Was die vier von EPC erhobenen Vorwürfe der Verletzung geistigen Eigentums betreffe, habe eine eigene gründliche Analyse bestätigt, dass keine Verletzung der Rechte an geistigem Eigentum von EPC vorliege.
„Vorwürfe ohne jede Grundlage“
Die Vorwürfe des Technologieplagiats, die sich auf den Arbeitsplatzwechsel einiger weniger Mitarbeiter stützen, seien rein spekulativ und entbehrten jeder sachlichen Grundlage. Auch interessant: Entgegen den Behauptungen von EPC seien die beiden Mitarbeiter gar nicht als CTO bzw. Vertriebs- und Marketingleiter tätig gewesen.
Während die Produktdesigns von EPC als Fabless-Unternehmen hauptsächlich auf einer 6-Zoll-Foundry-Prozessplattform basierten, sei Innoscience für seine hauseigene 200-mm-GaN-Fertigung bekannt. Auch deckten EPCs wenige Niederspannungs-Bausteine nur einen kleinen Teil des Innoscience-Portfolios ab, das von 15 V Nieder- bis 700 V Hochspannung reiche.
Und Innoscience geht zum Gegenangriff über: „Wir begrüßen fairen Wettbewerb, werden aber keine unbegründete Kritik tolerieren, die darauf abzielt, die Vorteile von Innoscience zu untergraben“, heißt es in dem Statement, und weiter: „Innoscience hat proaktiv einen Reaktionsplan eingeleitet, um gegen die von EPC böswillig angestrengten Untersuchungen und Klagen bei der ITC und den US-Bundesgerichten vorzugehen. Wir sind entschlossen, unsere Rechte und Interessen mit allen notwendigen Mitteln zu verteidigen.“
Um welche Patente geht es konkret?
Laut Klageschrift von EPC würden im Einzelnen die folgenden eigenen Patente durch Innoscience verletzt:
- Das 2013 erteilte Patent „'294“ mit dem Titel „Kompensiertes Gate MOSFET und Verfahren zur Herstellung desselben“. Dieses bezieht sich speziell auf GaN-FET-Transistoren mit einem Gate aus GaN. Durch die geringe Leitfähigkeit der „kompensierten“ GaN-Gateschicht wird unerwünschter Gate-Leckstrom reduziert. Aus Sicht von EPC verletzen die Produkte von Innoscience mindestens drei der im Patent formulierten Ansprüche.
- Das 2010 erteilte Patent „'508“ mit dem Titel „Enhancement Mode GaN HEMT Device und Verfahren zur Herstellung desselben“. Hierin wird ein Verfahren zur Herstellung eines Enhancement-Mode GaN-Transistors mit einem selbstausgerichteten Gate beschrieben, wobei das GaN-Material des Gate und die Metallisierung mit einer einzigen Fotolitografie-Maske erzeugt werden – wofür vorher zwei separate Fotomasken zum Einsatz kamen, die zu Versatz und damit im Vergleich größerer Gatelänge, höherer Gateladung, höherem RDSon und mehr Kosten führten. Auch hier verletzen aus Sicht von EPC die Innoscience-Chips mindestens einen der im Patent formulierten Ansprüche.
- Das 2017 erteilte Patent „’347” sowie das 2019 erteilte Patent „‘235“, beide mit dem Titel “Gate with Self-Aligned Ledge for Enhancement Mode GaN Transistors”. Auch hier geht es um ein selbstausrichtendes Herstellungsverfahren, das zu einer Gate-Struktur mit einem Leistenpaar auf der Oberseite führt, um Leckströme von der Metallisierung aus entlang der Gate-Peripherie zu verringern. EPC behauptet, dass die Produkte von Innoscience jeweils mindestens einen der in den Patenten formulierten Ansprüche verletzt.
Es dürfte spannend werden, den weiteren Schlagabtausch der beiden Unternehmen zu verfolgen – wir bleiben dran. (cg)
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