Kühlkörper Entwärmungskonzepte nach Leistungsklassen

Von Jürgen Harpain Lesedauer: 7 min

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Trotz neuer Ansätze bleibt die richtige Bauelemente-Entwärmung eine Herausforderung. Denn stetige Miniaturisierung, größere Komplexität und höhere Verlustleistungen bewirken eine steigende Bauteiletemperatur, die beim Design berücksichtigt werden muss. Die Entwärmungskonzepte im Überblick.

Kühlkörper: Kundenspezifische, mechanisch perfekt auf die Applikation angepasste Kühlkörperlösungen liefern ein effizientes thermisches Management.
Kühlkörper: Kundenspezifische, mechanisch perfekt auf die Applikation angepasste Kühlkörperlösungen liefern ein effizientes thermisches Management.
(Bild: Fischer Elektronik)

Warum das Thema Entwärmung von elektronischen Bauteilen essentiell ist, besser gesagt notwendig, wird in der Fachliteratur in Verbindung mit den dazugehörigen physikalischen Zusammenhängen hinreichend beschrieben. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich pro Temperaturerhöhung um 10 °C die anzunehmende Lebensdauer des Bauteils um ca. 50 Prozent reduziert.

Folglich ist ein für die Applikation passendes und effizientes thermisches Management unabdingbar. Die vielzähligen auf dem Markt erhältlichen Entwärmungskonzepte können grob in die Produktgruppen der leisen und der lauten Entwärmungsmöglichkeit eingeteilt werden.

Leise und laute Entwärmung

Die leise Art der Entwärmung funktioniert nach dem Prinzip der natürlichen (freien) Konvektion und Strahlung, für die Wärmeableitung sind klassische Strangkühlkörper aus Aluminium ein bewährtes Mittel. Die Wärmesenke, eher bekannt unter dem Begriff Kühlkörper, wird in der Physik als berippte Oberfläche verstanden, welche wärmeleitend mit dem zu entwärmenden elektronischen Bauteil verbunden ist.

Gemäß des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik erfolgt der Wärmefluss immer nur in Richtung geringerer Temperatur, also vom wärmeren zum kälteren Körper. Die Wärmesenke nimmt somit die thermische Energie der zu kühlenden Komponente auf und leitet diese über das Prinzip der Oberflächenvergrößerung mittels der freien Konvektion an die Umgebungsluft ab.

Die freie Konvektion als Mechanismus des Wärmetransportes ist das Mitführen von Teilchen, welche thermische Energie enthalten. Die Strömung beziehungsweise der Konvektionsauftrieb wird durch Dichteunterschiede des Mediums Luft sowie durch unterschiedliche Temperaturgradienten hervorgerufen.

Strangkühlkörper eignen sich je nach Baugröße und Einbaubedingungen sowohl für kleine als auch größere Verlustleistungen. Sie unterliegen allerdings in Punkto Wärmeableitung neben der Beschränkung hinsichtlich Baugröße, Volumen und Gewicht auch physikalischen Einschränkungen.

Diese werden durch die spezifische Wärmeleitfähigkeit der verwendeten Aluminiumlegierung hervorgerufen, d.h., der Wärmefluss innerhalb des Kühlkörpers – in seiner Bodenplatte als auch in den Rippen – ist durch die spezifische Wärmeleitfähigkeit begrenzt, so dass eine Vergrößerung der Oberfläche zu keiner wirkungsvollen Verbesserung führt.

Im Gegensatz zum Wirkprinzip der freien Konvektion, steht die sogenannte erzwungene (forcierte) Konvektion, welche der lauten Art der Entwärmung zu zuordnen ist. Eine forcierte Konvektion liegt vor, wenn der Teilchentransport durch äußere Einwirkungen, wie zum Beispiel durch Luftströmungen oder Kühlflüssigkeiten von Lüftermotoren oder Pumpen, hervorgerufen wird. Die Luft oder Flüssigkeit strömt an einer Wärmesenke vorbei oder hindurch, wobei die Teilchen des Mediums die Wärme aufnehmen und abtransportieren.

Strangkühlkörper aus Aluminium

Strangkühlkörper aus Aluminium (Aufmacherbild) funktionieren nach dem bereits beschriebenen Wirkprinzip der freien Konvektion und bieten zahlreiche applikationsspezifische Vorteile. Die thermische Leistungsfähigkeit von Strangkühlkörpern setzt sich aus dem Verhältnis zwischen Bodenstärke, Rippenhöhe, -abstand und -anzahl zusammen.

Die Auswahl des richtigen, auf die Applikation zugeschnittenen, Kühlkörpers führt zu einer höheren Entwärmungsleistung. Das gilt sowohl für die freie als auch die erzwungene Konvektion, sofern der Kühlkörper mit einem zusätzlichen Lüftermotor versehen wird.

Strangkühlkörper werden im sogenannten Extrusionsverfahren hergestellt. Die Gründe dafür sind neben vielzähligen Gestaltungsmöglichkeiten ein optimales Verhältnis von spezifischer Wärmeleitfähigkeit des Materials, Gewicht, Preis und mechanischer Festigkeit in Relation zum Wärmeableitvermögen.

Fertigungsbedingte Toleranzfelder von Strangpressprofilen obliegen internationalen Normen und müssen besonders bei der Verwendung in der Gesamtkonzeption berücksichtigt werden. Denn der Kühlkörper ist oftmals eine im Gerät verbaute Komponente, welche immer in Zusammenhang mit anderen Bauteilen gesehen werden muss.

Je nach Kühlkörpergeometrie und Materialanordnung können die Fertigungstoleranzen in Punkto Durchbiegung der Montageflächen, aber auch der Breiten- und Höhentoleranz erheblich sein und erfordern oft eine mechanische Nachbearbeitung. Für Kühlkörperprofile mit einem umschreibenden Kreis ≤350 mm gilt die Presstoleranz nach DIN EN 12020; die DIN EN 755 findet Anwendung für Profile mit einem umschreibenden Kreis >350 mm.

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Die zum Strangpressen verwendeten Aluminiumlegierungen werden in Europa als EN AW-Legierung bezeichnet (EN = Europäische Norm, AW = Aluminium Wrought) und enthalten überwiegend Aluminium, Magnesium und Silizium.

Forcierte Entwärmung mit Lüfteraggregaten

Bild 1: Je nach Wärmetauschstruktur des Basisprofils und verwendetem Lüftermotor werden kleinste thermische Widerstände nahe einer Flüssigkeitskühlung generiert.
Bild 1: Je nach Wärmetauschstruktur des Basisprofils und verwendetem Lüftermotor werden kleinste thermische Widerstände nahe einer Flüssigkeitskühlung generiert.
(Bild: Fischer Elektronik)

Höhere thermische Verlustleistungen elektronischer Bauelemente, bei denen die freie Konvektion zur Wärmeableitung mittels Hochleistungskühlkörpern nicht mehr gewährleistet werden kann, erfordern eine forcierte Entwärmung. Luftunterstützte Ausführungen, sogenannte Lüfteraggregate (Bild 1) bieten im Vergleich zur natürlichen Konvektion eine enorme Effizienzsteigerung.

Lüfteraggregate sind in Aufbau und Geometrie der Wärmetauschflächen und der inneren Struktur jeweils auf den entsprechenden Lüftermotor und dessen Spezifika, wie Volumenstrom oder Staudruck, abgestimmt und angepasst.

Lüfteraggregate sind in der Leistungselektronik eine vielfach eingesetzte und erprobte Technik, bieten des Weiteren dem Anwender die Möglichkeit, die thermische Belastung eines elektronischen Bauteils oder einer kompletten Baugruppe relativ einfach und kostengünstig in den Griff zu bekommen.

Nach dem Prinzip der Oberflächenvergrößerung basieren auch Lüfteraggregate auf dem Wirkprinzip des konvektiven Wärmeübergangs, nur wird hierbei im Gegensatz zur natürlichen Konvektion ein mittels Ventilatoren erzeugter Luftstrom durch eine Wärmetauschstruktur (Rippenkanal) geleitet.

Bild 2: Miniaturlüfteraggregate sind in ihrem Aufbau sehr kompakt und effektiv, können darüber hinaus direkt auf einer Leiterkarte zur Bauteilentwärmung verbaut werden.
Bild 2: Miniaturlüfteraggregate sind in ihrem Aufbau sehr kompakt und effektiv, können darüber hinaus direkt auf einer Leiterkarte zur Bauteilentwärmung verbaut werden.
(Bild: Fischer Elektronik)

Die Produktgruppe der Lüfteraggregate aus dem Hause Fischer Elektronik beinhaltet u. a. Segment-Lüfteraggregate, Minatur-Lüfteraggregate zum direkten Einbau auf der Leiterkarte (Bild 2), Hohlrippen-Lüfteraggregate mit Axial- und Radiallüftermotoren sowie Hochleistungs- Lüfteraggregate mit gelöteter Lamellenstruktur (Bild 1).

Elektronik-Entwärmung mittels Flüssigkeiten

Bild 3: Flüssigkeitsgekühlte Entwärmungskonzepte liefern besonders effiziente Lösungen für die Wärmeabfuhr von großen Verlustleistungen in der Leistungselektronik.
Bild 3: Flüssigkeitsgekühlte Entwärmungskonzepte liefern besonders effiziente Lösungen für die Wärmeabfuhr von großen Verlustleistungen in der Leistungselektronik.
(Bild: Fischer Elektronik)

Bei Anwendungen, bei denen die Wärmeabfuhr mittels Lüfteraggregaten nicht mehr ausreichend oder der zur Verfügung stehende Einbauraum zu klein ist, das hohe Gewicht und die damit verbundene Geräuschentwicklung störend wirkt, ist die Flüssigkeitskühlung (Bild 3) ein alternatives Konzept.

Dieser Art der Entwärmung stehen viele Anwender noch skeptisch gegenüber, obwohl die Problematik der Verträglichkeit von Elektronik und Wasser aufgrund der hohen Verarbeitungsqualität kein Thema mehr ist. Spezielle Verfahren zur Dichtigkeitsprüfung, Arten der Kopplungssysteme als auch die geprüfte Sicherheit der Schlauchsysteme sind zuverlässiger Stand der Technik.

Der Wirkungsgrad der Flüssigkeitskühlung mit dem Kühlmedium Wasser ist nicht nur durch die spezifische Wärmekapazität von Wasser, welche 4-fach größer ist als die der Luft, im Vergleich zu anderen Entwärmungskonzepten deutlich besser. Darüber hinaus lassen sich Flüssigkeitskühlkörper sehr kompakt aufbauen, da sie bauartbedingt keine großen Wärmespreizflächen benötigen und die Entwärmung direkt am Bauteil stattfindet.

Flüssigkeitskühlung – ein kurzer historischer Abriss

Die Umsetzung verschiedener Flüssigkeitskühlkörper ist durch unterschiedliche auf dem Markt verfügbare Varianten historisch gekennzeichnet sowie zum Teil auch von Umweltbedingungen und Preis-Leistungskriterien bestimmt. Die ersten Flüssigkeitskühlkörper waren einfache, durchbohrte Platten aus Aluminium oder Kupfer, in deren Bohrungen Schlauchstutzen eingeschraubt oder eingeschweißt waren.

Der nächste Entwicklungsschritt bestand darin, Kupferrohre in Basisplatten aus Aluminium einzuziehen bzw. einzupressen, welches heute immer noch das Markt dominierende System unter dem Namen „Cold Plate“ ist.

Modern gestaltete Flüssigkeitskühlkörper sind allerdings deutlich effektiver und leistungsstärker. Je nach Aufbau werden die einzelnen Varianten mit einer I- oder U-Form mit der Flüssigkeit durchströmt. Die Flüssigkeitskühlkörper aus Lüdenscheid sind komplett aus Aluminium, inklusive der Schlauchanschlüsse, gefertigt.

Power of Electronics

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(Bild: VCG)

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Im Inneren der einzelnen Flüssigkeitskühlkörper befindet sich eine spezielle, auf die Geometrie angepasste, dreidimensionale Wärmetauschstruktur in Wabenform. Diese zueinander versetzte Lamellenstruktur ist wärmeleitend mit der Basis- und Bauteilmontageplatte verbunden und sorgt für einen sehr guten Wärmetransport vom zu kühlenden Bauteil in die durchströmende Flüssigkeit.

Gleichfalls bewirkt die über die ganze Fläche verteilte Struktur eine homogene (flächige) Durchströmung des Flüssigkeitskühlkörpers mit minimalen Strömungsverlusten.

Zur Montage der zu entwärmenden Halbleiter dient eine dicke, einseitig exakt plan gefräste Befestigungsplatte, welche eine freie Platzierung der Bauteile ohne Beschränkung durch Rohrleitungen gewährleistet.

Um einer Lochfraßkorrosion im Aluminiumkörper entgegenzuwirken, werden dem Kühlmedium Wasser Korrosionsinhibitoren (Kühlschutzmittel) beigemischt. Empfohlen wird in der Anwendung ein Wasser/Glykol-Gemisch in der prozentualen Aufteilung von 50/50. Die Schlauchsysteme müssen allerdings beständig gegen Kühlschutzmittel sein und z. B. aus dem Material EPDM (Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk) gefertigt sein.

Welche Variante der Entwärmung ist geeignet?

Um herauszufinden, welche Art der Entwärmung für Ihre Applikation geeignet ist, sollten Sie neben den Einbaubedingungen, dem zur Verfügung stehenden Platz auch die thermischen Gegebenheiten genaustens betrachten. Hierzu empfiehlt es sich, im Vorfeld den thermischen Widerstand, auch Wärmewiderstand genannt, überschlagsmäßig zu berechnen. Dieser setzt sich aus der Temperaturdifferenz zwischen der maximalen Bauteil- und Umgebungstemperatur sowie der abzuführenden Verlustleistung der elektronischen Komponente zusammen.

Anhand von grafischen Darstellungen oder Werteangaben zum thermischen Widerstand können Sie anschließend in den Katalogen der Kühlkörperhersteller eine Vorauswahl zum Entwärmungskonzept treffen. Die Höhe des Wertes des thermischen Widerstands liefert des Weiteren eine wichtige Aussage darüber, ob Sie eine passive, aktive oder Flüssigkeitskühllösung einsetzen müssen. (kr)

* Dipl.-Physik-Ing. Jürgen Harpain ist als Entwicklungsleiter bei Fischer Elektronik in Lüdenscheid tätig.

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