Fortschrittliche Halbleiter China nimmt 7-Nanometer-Hürde bei Cockpit-Chips

Von Henrik Bork* Lesedauer: 3 min

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Die boomende Autobranche in China treibt dort die Entwicklung rechenstarker Chips für Smart Cockpits voran. Nun sind erste 7-nm-Halbleiter aufgetaucht. Das zeigt: Der Wettbewerb für die bisherigen Platzhirsche wie Qualcomm in China verschärft sich.

Im chinesischen Voyah Free sind drei große Bildschirme ins Cockpit integriert. Entsprechend viel Rechenleistung benötigt der Zentralprozessor. Das Elektrofahrzeug soll ab 2024 auch in Deutschland erhältlich sein.
Im chinesischen Voyah Free sind drei große Bildschirme ins Cockpit integriert. Entsprechend viel Rechenleistung benötigt der Zentralprozessor. Das Elektrofahrzeug soll ab 2024 auch in Deutschland erhältlich sein.
(Bild: Voyah)

Die immer besser ausgestatteten Smart Cockpits chinesischer E-Autos rufen nach immer stärkeren SoC-Chips. Das amerikanische Unternehmen Qualcomm dominiert bislang diesen Markt. Nun ist einem chinesischen Hersteller ein technischer Durchbruch gelungen. Der „erste heimisch in Serie gefertigte 7-Nanometer-Chip” ist gerade auf den Markt gekommen und Chinas Fachmedien jubeln.

Der „Dragon Eagle 1“, ein recht leistungsstarker SoC (System-on-a-Chip) ist von dem chinesischen Unternehmen SiEngine Technology entwickelt worden und wird von dem taiwanischen Auftragshersteller TSMC produziert. SiEngine wird von Geely unterstützt, einem der erfolgreichsten Autobauer Chinas.

Der Chip integriert 8 CPU-Cores, 14 GPU-Cores. Nach eigenen Angaben erreicht er damit zum Beispiel bei der Faltungscodierung eine INT8-Rechenleistung von 8 TOPS. KI-Funktionen sind demnach ebenfalls integriert. Er arbeitet mit LPDDR5-Speicher mit einer Bandbreite von bis zu 6400 MT/s. Das Fachportal Yicai zitiert den SiEngine-CEO Wang Kai mit der Behauptung, dieser in China entwickelte Chip erreiche eine „ähnliche“ Leistung wie der in der Autoindustrie beliebte SA8155P von Qualcomm.

7-nm-SoC bereits im Serienfahrzeug

Große Aufmerksamkeit hat Anfang September das erste Elektroauto ausgelöst, in dem dieses SoC verbaut ist. Der gerade auf den Markt gekommene SUV „Lynk & Co 08“ von Geely hat einen „Extended Range“-Hybridmotor: Ein Sparsamer Verbrennungsmotor unterstützt hierbei den batterieelektrischen Antrieb.

„Rechenleistung ist die neue Pferdestärke“, soll NVIDIA-Chef Jensen Huang einmal gesagt haben. In der chinesischen Autoindustrie ist jedenfalls deutlich zu beobachten, dass die mit immer mehr intelligenteren Funktionen, immer größeren und schärferen Bildschirmen und nun auch noch KI ausgestatteten Cockpits die Anforderungen nach immer leistungsstärkeren Cockpit-Chips schnell hat steigen lassen.

Domänenarchitektur in Autos erfordert starke Prozessoren

„Die automobile E/E-Architektur beschleunigt die Iteration der Cockpit-SoC“, schreibt dazu das chinesische Fachportal Bandaoti Chanye Zongheng. Sie erfordere bessere Rechenleistungen „für CPU, GPU und KI“. Daher finde gerade ein Upgrade von 14-NM zu 7-nm-Prozessen bei den SoCs statt, schreibt das Halbleiter-Magazin in seiner Online-Ausgabe.

Was den „Dragon Eagle 1“ in dem neuen Geely-SUV betrifft, so kann er bis zu sieben Bildschirme im Wageninneren unterstützten, zudem 12-Kanal-Video und ist mit einem dualen HiFi-5-DSP-Prozessor ausgerüstet. Ähnlich wie bei Smartphones sind es auch im Cockpit chinesischer E-Autos und Hybride auch die Infotainment-Funktionen, die immer stärkere Chips erfordern.

Bislang kommen noch rund 90 Prozent der SoCs aus dem Ausland

Während noch mehr als 90 Prozent aller leistungsstarken SoC-Chips in China für solche Zwecke von Qualcomm und anderen ausländischen Herstellern geliefert werden, machen ihnen seit einigen Jahren auch eine Reihe ehrgeiziger Chip-Hersteller aus China Konkurrenz.

Neben dem 2018 in Wuhan gegründeten SiEngine sind in diesem Kontext auch Jiefa Technology Autochips und SemiDrive Semiconductor zu nennen. Beide Unternehmen investieren stark in die Forschung & Entwicklung von Autochips. Nicht zuletzt der Halbleiterkonflikt mit den USA hat dazu geführt, dass chinesische Elektroauto-Hersteller wo immer möglich auf in China entwickelte Halbleiter umsteigen.

Chinas Chiphersteller profitieren von hoher Nachfrage

Jiefa Technology hat bereits mehr als eine Millionen Stück seines ersten GPU-Chips „AC8015“ verkauft. Ein neuer SoC-Chip für intelligente Cockpits mit 60K DMIPS, 120 GFLOPS und einer KI-Rechenleistung von 1,2 TOPS ist gerade vorgestellt worden.

SemiDrive, ein chinesischer Konkurrent, zählt die chinesischen Autohersteller SAIC, Chery und Changan Auto zu seinen Kunden. Der jüngst auf den Markt gebrachte Cockpit-Chip „X9SP“ hat eine neue NPU mit einer KI-Rechenleistung von 8 TOPS und verbesserter Unterstützung für DMS, OMS, APA und andere Funktionen.

Autohersteller wollen eigene Chips entwickeln

Viele Autohersteller in China, darunter SAIC Motor, investieren seit ein, zwei Jahren Milliardensummen in die Entwicklung von Autochips. Auch BYD und Geely sind in dem Bereich sehr aktiv.

Gleichzeitig gibt es mehrere chinesische Hersteller von SoCs für Handys und andere Verbraucherelektronik, darunter Rockchip, Unisoc und Huawei, die dem boomenden Markt für Autochips immer mehr Aufmerksamkeit widmen. Der Wettbewerb für Qualcomm und Co. wird in China langsam aber sicher härter. (me)

* Henrik Bork, langjähriger China-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Rundschau, ist Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking.

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