Aus Kunststoff oder Papier wird eine flexible Leiterplatte für LED

Autor / Redakteur: Nach Material von Lumitronix / Dipl.-Ing. (FH) Hendrik Härter

Mit der Plasmametallisierung werden aus Kunststoffen oder sogar Papier elektrisch leitfähige und lötfähige Platinen. Diese lassen sich dann unter anderem mit LEDs bestücken. In diesem Projekt stecken über zehn Jahre Forschungs- und Entwicklungsarbeit.

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Mit der Plasmametallisierung wird aus einem nicht-leitfähigen Kunststoff oder Papier eine leitfähige Leiterplatte, die sich unter anderem mit LEDs bestücken lässt.
Mit der Plasmametallisierung wird aus einem nicht-leitfähigen Kunststoff oder Papier eine leitfähige Leiterplatte, die sich unter anderem mit LEDs bestücken lässt.
(Bild: Lumitronix)

Mit dem Prozess der Plasmametallisierung werden aus ganz unterschiedlichen Materialien elektrisch leitfähige Platinen. Bei dieser besonderen Art der Metallisierung wird mithilfe eines patentierten Plasmasprühkopfes ein leitfähiges Metall, meist ist das Kupfer, in Pulverform unter hohem atmosphärischem Druck auf das mit Silberpaste beschichtete Basismaterial aufgesprüht. Gleichzeitig wird das Kupfer durch einen sehr heißen Plasmastrahl von 10.000 bis 50.000 °C aufgeschmolzen und verbindet sich so mit dem Silbersubstrat. Durch diesen Metallisierungsprozess wird das Basismaterial leitfähig und kann im weiteren Produktionsverlauf verlötet und schließlich mit elektronischen Komponenten bestückt werden. Entwickelt hat diesen Prozess das LED-Unternehmen Lumitronix zusammen mit seinen Technologie-Partnern.

Die Wurzeln liegen in der Medizin

Hinter dieser Technologie stecken über 10 Jahre Forschung- und Entwicklungsarbeit. Seine Ursprünge hat das wegweisende Verfahren im medizinischen Umfeld. Dort besprüht man bereits seit Längerem Implantate oder Prothesen mit Knochenpulver, damit diese besser mit dem körpereigenen Gewebe verwachsen und nicht als Fremdkörper angesehen und eventuell abgestoßen werden. Dieses Wissen wurde auf die Elektronik übertragen und so mit der Plasmametallisierung ein Verfahren geschaffen, welches nun serienmäßig zum Einsatz kommen wird. Gegenüber dem Standardmaterial Polyimid, welches die Grundlage für einen Großteil aller am Markt erhältlichen flexiblen Platinen bildet, ergeben sich durch das entwickelte Verfahren der Plasmametallisierung viele neue und preiswerte Basismaterialien für Platinen.

Lötfähige Papier-FPCs, das FPC steht für Flexible Printed Circuit, sind bislang ein Novum und bieten eine Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten. Sie sind kostengünstig, diffusionsoffen und eignen sich daher für großflächige Applikationen wie Tapeten oder Reklameflächen. Auch PET kann als Basismaterial für FPCs dienen. Dieser Kunststoff ist preiswerter als Polyimid, besitzt eine sehr gute Festigkeit, eine hohe Belastbarkeit und ein geringes Gewicht. Beschichtet mit einer dünnen Aluminiumschicht, die durch Plasmametallisierung lötfähig gemacht wird, lassen sich die PET-FPCs mit Komponenten bestücken. Außerdem ist PET transparent und lässt sich deshalb beispielsweise auf Glasflächen aufbringen.

Denkbar wären beleuchtete Glasfassaden von Hochhäusern, Fenster oder Glastüren. Des Weiteren können durch Aluminium-FPCs mit Kupferbeschichtung sowohl Kosteneinsparungen als auch eine Gewichtsreduktion im Vergleich zu reinen Kupfer-FPCs erreicht werden. Durch Aluminium mit einer Dicke von 100 µm erhalten die FPCs außerdem eine hohe Stromtragfähigkeit und lassen sich im Innen- und Außenbereich einsetzen. Da die Oberfläche von Aluminium ohne Weiteres nicht lötfähig ist, wird es bei flexiblen Leiterplatten bisher nicht verwendet.

Metallisierung mit Plasma und die Vorteile

Gegenüber dem bei gedruckten FPCs angewandten Standard-Verfahren, bei dem das mit nicht lötfähigen Leiterbahnen, wie aus Aluminium, bedruckte Grundmaterial mittels eines leitenden Klebstoffes mit hohem Silberanteil beschichtet wird, ist die Methode der Plasmametallisierung wesentlich kostengünstiger. Der beim konventionellen Verfahren verwandte hohe Anteil an Silber führt zu erheblicheren finanziellen Aufwendungen und ist überdies aufwändig. Außerdem ist er nicht so zuverlässig, da die Leitfähigkeit letztendlich von Temperatur und Feuchtigkeit abhängt.

Ein weiterer Vorteil der Plasmametallisierung ist, dass der beim Prozess der Bestrahlung verwendete hohe Strom von über 10 A, vorzugsweise 50 A, und die geringe Spannung mit vorzugsweise 50 V das vollständige Aufbrechen der Molekülketten des Beschichtungsmaterials verhindern. Der Ausschluss von Sauerstoff führt dazu, dass eine direkte Oxidation des Beschichtungsmaterials innerhalb des Plasmastrahls nicht vorkommt. Daher können hohe Energien zum Starten der chemischen Reaktion in das Beschichtungsmaterial eingebracht werden, weshalb sich die neue Methode insbesondere für kontinuierliche, industrielle Beschichtungsverfahren mit hohen Beschichtungsgeschwindigkeiten eignet.

Die Serienverarbeitung der flexiblen Platinen wird auf einer neuen Produktionslinie bei Lumitronix stattfinden. Der Flexleistenpark wird in der Lage sein, die Basisplatinen im Reel-To-Reel-Verfahren zu bestücken. Dank moderner Maschinen und hoher Verarbeitungsgeschwindigkeiten kann die Produktion im großen industriellen Maßstab realisiert werden. Die Besonderheit der Flexlinie ist, dass dort alle möglichen Flexmaterialien verarbeitet werden können. Angefangen beim Standard-Flexmaterial-Polyimid über Tapeten oder Papier bis hin zu sehr günstigem Kunststoff (PET).

Sind die flexiblen Leiterplatten bestückt, werden die Platinen in einem Infrarotofen gelötet und anschließend von einer Anlage elektrisch und optisch geprüft.
Sind die flexiblen Leiterplatten bestückt, werden die Platinen in einem Infrarotofen gelötet und anschließend von einer Anlage elektrisch und optisch geprüft.
(Bild: Lumitronix)

Die Produktionsstraße erlaubt eine serielle Bestückung von Basismaterial, welches in Rollenform vorliegt. Diese Rollen werden zu Beginn der Linie eingespannt und durch Klammerhalter, auch Hitchfeeder genannt, immer straff gehalten. Somit kann der weitere Verlauf der Beschichtung mit Lotpaste sowie der Bestückung mit LEDs und anderen Bauteilen problemlos ablaufen. Nach der Bestückung werden die flexiblen Platinen in einem Infrarotofen gelötet und anschließend von einer Anlage elektrisch und optisch geprüft. Danach können die Flexplatinen durch oszillierende Messer in individuelle Längen getrennt bzw. unterschiedliche Muster geschnitten werden. Durch einen speziellen Drucker ist es zusätzlich möglich, die flexiblen Leiterplatten farbig zu bedrucken und damit zu individualisieren.

Die Vorzüge der flexiblen Platinen

Gegenüber starren Platinen besitzen FPCs gleich mehrere Vorteile. Sie sind aufgrund ihres biegsamen Basismaterials individuell einsetzbar und bieten auch aufgrund ihres geringen Gewichts vor allem Leuchtenherstellern mehr Spielraum in puncto Design. Zudem können im Hinblick auf die Länge ganz andere Dimensionen realisiert werden. Im Vergleich mit starren Leiterplatten aus FR4 oder Aluminium sind Flexplatinen kostengünstiger und können einer hohen dynamischen und mechanischen Belastung ausgesetzt werden, ohne dabei Schaden zu nehmen. Durch die Verarbeitung der FPCs in Form von Rollen mit einer Länge von 50 bis 100 m ergeben sich außerdem geringere Lager- und Transportkosten. Zusätzlich profitieren große Hersteller von dieser Form der Leiterplatten, da sie diese auf der eigenen Produktionsstraße sofort und automatisiert weiterverarbeiten können.

Dank des biegsamen Basismaterials lassen sich die Platinen individuell einsetzen und bieten auch aufgrund ihres geringen Gewichts vor allem Leuchtenherstellern mehr Spielraum.
Dank des biegsamen Basismaterials lassen sich die Platinen individuell einsetzen und bieten auch aufgrund ihres geringen Gewichts vor allem Leuchtenherstellern mehr Spielraum.
(Bild: Lumitronix)

Es ist prinzipiell möglich, dass alle denkbaren Grundmaterialien leit- und lötfähig werden. So sind beispielsweise leuchtende Tapeten nur eine Möglichkeit. Metallisiertes Papier kann vor allem in der Werbetechnik in Form von Postkarten, Briefpapier, Postern oder Verpackungen verwendet und mit Leuchtdioden und anderen elektronischen Komponenten ausgestattet werden. Großflächige Spezialanwendungen lassen sich ebenfalls realisieren. Beispielsweise kann man aus metallisiertem Papier oder PET-Folie, welche mit LEDs bestückt wurden, riesige Leuchtplakate oder -banner für Messestände produzieren, die nach Gebrauch einfach entsorgt werden können. Selbst auf Funktionstextilien wie Vorhänge, Gardinen, Bespannungen kann eine leitende Oberfläche aufgebracht und im Anschluss daran individuell mit LEDs und weiteren elektronischen Komponenten bestückt werden.

Die Verwendungsmöglichkeiten der durch die Plasmametallisierung behandelten Basismaterialien sind wirklich vielfältig. Eine weitere Möglichkeit ist das Rapid Prototyping, bei dem Leiterbahnen aus Silberfarbe mit einem Tintenstrahldrucker auf Papier aufgedruckt, anschließend plasmametallisiert und dann bestückt werden. Der Druckprozess ist gegenüber dem konventionellen Ätzprozess, der besonders in kleinen Auflagen sehr aufwändig und auch kostenintensiv ist, sehr viel einfacher und unkomplizierter.

Die Serienverarbeitung der flexiblen Basismaterialien sowie der Weiterverkauf erfolgt exklusiv von Lumitronix.

Dieser Beitrag ist erschienen im Sonderheft LED- und OLED-Lichttechnik II der ELEKTRONIKPRAXIS (Download PDF)

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