5G-Firmennetze: Ericsson kauft Cradlepoint für 1,1 Mrd. US-$
Mit der Übernahme des US-amerikanischen Herstellers richtet sich der schwedische Telekommunikations-Infrastrukturausrüster Ericsson verstärkt auf den Markt für private 5G-Unternehmensnetze aus.

Das Geschäft zeigt, das Ericsson in dem aufstrebenden Markt für private Mobilfunk-Unternehmensnetzwerke – Stichwort flexible Vernetzung von Industriestandorten und Fabriken – großes Potenzial für seine zukünftige Ausrichtung sieht. Mit dieser Einschätzung befinden sich die Schweden in guter Gesellschaft: Auch Konkurrent Nokia hat über die letzten Jahre eine Geschäftseinheit aufgebaut, die private Netzwerke für unterschiedliche Organisationen bereitstellt – von Fabriken bis hin zu Großunternehmen.
Auch Marktbeobachter wie Fortune Business Insights erwarten, dass sich mit industriellen 5G-Anwendungen in Zukunft nennenswerte Umsätze generieren lassen. Zum Beispiel in den Bereichen Automobilindustrie, Industry 4.0, dem Gesundheitswesen, Landwirtschaft, Smart Cities oder auch Gebäudeautomatisierung. Auch wenn Mobilfunkanbieter in Punkto 5G derzeit ihren Fokus auf den Ausbau auf das Endkundengeschäft mit mobilen Breitband-Angeboten legen.
In 14 Jahren von Null auf 1,1 Mrd. US-$
Das 2006 gegründete Cradlepoint hat seine Niederlassung in Boise im US-Bundesstaat Idaho, forscht und entwickelt aber auch im kalifornischen Silicon Valley. Es beschäftigt derzeit rund 650 Mitarbeiter und konnte bis heute insgesamt 163 Mio. US-$ an Wagniskapital einsammeln.
Mit seinen Produkten – neben 4G/5G-Routern zählen auch M2M- beziehungsweise IoT-Gateways sowie eine Cloud-basierte Verwaltungssoftware dazu – zielt Cradlepoint auf den Unternehmensmarkt. Hier konzentriert sich der Hersteller auf Mobilfunk- und Wi-Fi-Lösungen für private Campusnetze und drahtlose WAN-to-Edge-Anwendungen.
Per Abo-Modell zum Erfolg
Dem Zeitgeist entsprechend verkauft Cradlepoint nicht bloß Hardware und Software, sondern Komplettpakete auf Basis eines Abonnement-Modells. Es kombiniert die Hardware mit der Cloud-basierten Software sowie Support und Schulung. Den Löwenanteil seines Geschäfts macht Cradlepoint bislang in den USA: Nach eigenen Angaben bedient man rund 20.000 Kunden, darunter Sicherheitsbehörden und Notfalldienste.
Erst kürzlich habe man zudem einen Vertrag mit dem britischen Betreiber EE abgeschlossen, der Notfalldienste und öffentliche Verkehrsmittel miteinander verbinden werde. Und in Australien arbeitet das Unternehmen mit dem lokalen Mobilfunknetzbetreiber Telstra im Bereich IoT und Edge-Computing-Netze für Unternehmen zusammen.
Spätestens ab 2015 ging es für Cradlepoint steil nach oben: In den letzten Jahren konnte das Unternehmen seine Umsätze jährlich um etwa 25 bis 30% steigern, hat EETimes aus den letzten Jahresabschlüssen der börsennotierten Firma ermittelt. Von solchen Wachstumsraten kann Ericsson in seinem traditionellen Infrastrukturgeschäft nur träumen – in diesem von sehr intensivem Wettbewerb geprägten Markt kämpft Ericsson beispielsweise gegen den chinesischen Huawei-Konzern oder das finnische Unternehmen Nokia.
Ericsson baut neuen Geschäftszweig auf
Nach eigenen Angaben zahlt Ericsson den vereinbarten Kaufpreis von 1,1 Mrd. US-$ in bar und rechnet mit einem Abschluss der Transaktion bis Ende 2020. Bereits in der Vergangenheit heben beide Unternehmen zusammengearbeitet. Laut Ericsson gibt es nur wenige Überschneidungen in den Portfolios. Mit den Cradlepoint-Produkten könne der schwedische Konzern einen völlig neuen Geschäftszweig aufbauen, der bisher vorwiegend an global agierende Mobilfunknetzbetreiber wie die Deutsche Telekom, Vodafone oder Telefonica verkauft.
Die jetzt getroffene Vereinbarung sieht vor, dass Cradlepoint eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Ericsson wird. Der Firmennamen soll als Marke erhalten bleiben. Ebenso will Ericsson die Mitarbeiter von Cradlepoint übernehmen. Sie bleiben am Standort Boise und werden in Ericssons Geschäftsbereich „Technologies & New Businesses“ eingegliedert.
Cradlepoint profitiert von Ericssons weltweiter Präsenz
Der schwedische Konzern sieht sich sehr gut positioniert, die Position von Cradlepoint im Bereich Wireless Edge und dem drahtlosen WAN-Markt auszubauen: So habe Ericsson weltweit einen sehr guten Marktzugang und unterhalte etablierte Beziehungen zu den größten Mobilfunkbetreibern der Welt, betont Börje Ekholm, President und CEO von Ericsson, in einem Statement. Durch die Kombination mit dem Cradlepoint-Portfolio könne man Kunden unterstützen, den maximalen Wert aus ihren Investitionen in 5G-Netze herauszuholen – und so gemeinsam wachsen.
2019 hatte Ericsson bereits das Antennen- und Filtergeschäft des deutschen Herstellers Kathrein übernommen. Es galt als das Filetstück des im bayerischen Rosenheim ansässigen Herstellers von Antennen- und Satellitentechnik. Mit etwa 4000 Beschäftigten erwirtschaftete es einen Großteil des Kathrein-Umsatzes.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1747400/1747487/original.jpg)
Aus für 3G: Vodafone und Telekom ziehen altem Funknetz den Stecker
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1679700/1679708/original.jpg)
Nokia in Not: Droht Verkauf an Ericsson?
:quality(80)/p7i.vogel.de/wcms/5b/ab/5bab07dd7b669e8aa699c14a1c264220/88813302.jpeg)
Ericsson will 400 Stellen bei Kathrein streichen
(ID:46868138)