EP Basics: Gehäusesysteme 19-Zoll-Systeme kurz erklärt: Backplane-Architekturstandards (Teil 2)
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Nachdem Teil 1 die Entwicklung des VMEbus und den nachfolgenden Standards VPX und OpenVPX thematisiert hat, widmen wir uns nun dem CompactPCI-Standard, der heute im Embedded Computing sehr verbreitet ist, und seinen Erweiterungen.

CompactPCI wurde 1999 von der PICMG (PCI Industrial Computer Manufacturers Group) als PICMG-2.0-Standard für parallele PCI-Verbindungen vorgestellt. Mit dem Standard sollten primär High-End-Systeme in 19-Zoll-Bauweise realisiert werden. Nicht zuletzt durch den Einsatz des parallelen PCI-Busses als Hauptdatenbus erhielt CompactPCI breite Akzeptanz.
Die Vorgaben erlauben acht Karten auf einer passiven Backplane. Im Gegensatz zum VMEbus-Standard, der Steckverbinder mit einem Pin-Abstand von 2,54 mm verwendet, gibt CompactPCI einen Pin-Abstand von 2 mm vor. Die Backplanes können für den Betrieb mit 3,3 oder 5 V ausgelegt sein.
Boards sind in Größen von 3 oder 6 HE möglich. Die 3-HE-Karten verfügen über einen 110-poligen Steckverbinder für 32-Bit-PCI-Bussignale, sowie einen optionalen 110-poligen Steckverbinder für benutzerdefinierte I/Os oder die zusätzlich benötigten 32-Bit zur Nutzung des 64-Bit-PCI-Busses.
Die 6-HE-Karten verfügen ebenfalls über einen 110-poligen Steckverbinder, einen festen 110-poligen Steckverbinder für 64-Bit-PCI, sowie weitere Anschlüsse für I/Os oder spezifizierte Schnittstellen wie z.B. Ethernet. Es sind Geschwindigkeiten von 133 MByte/s bei 33 MHz bzw. 528 MByte/s bei 66 MHz möglich.
Ähnlich wie der VMEbus-Standard erfuhr auch CompactPCI diverse Erweiterungen. Ein dediziertes Feature der 2.x-Spezifikationen von CompactPCI ist „Hot-Swap“, der Austausch von Boards im laufenden Betrieb. Der Standard PICMG 2.16 von CompactPCI definierte die branchenweit erste Switched-Fabric-Ethernet-Backplane-Architektur, mit der mehr als ein Dutzend Prozessorkarten als lokales Cluster in einem einzigen Chassis verbunden werden können, ohne PCI-Bus auf der Backplane.
Die Spezifikationen resultierten in einem kostengünstigen, modularen Ansatz für den Systemaufbau. PCI war der erste universelle, prozessorunabhängige Computerbus, der von allen großen Mikroprozessorherstellern übernommen wurde. Durch das verbreitete PCI-Ökosystem wurde CompactPCI die weltweit beliebteste modulare offene Computerarchitektur für Embedded-Anwendungen.
Die Erweiterungen: CompactPCI PlusIO
Als Brückenschlag vom parallelen PCI-Datenbus hin zum seriellen PCIexpress-Datenbus dient der CompactPCI-PlusIO-Standard, der als Erweiterung des CompactPCI-Standards (oder PICMG 2.0) Ende 2009 als PICMG 3.0 von der PICMG vorgestellt wurde.
Die Spezifikation definiert eine 100%ig kompatible Backplane-Pin-Belegung für schnelle serielle Punkt-zu-Punkt-Verbindungen und ebnet den Weg zu CompactPCI Serial für datenintensivere Anwendungen, da die 2-mm-Stecker auf einer CompactPCI-Backplane für schnelle Datenverarbeitung nicht ausgelegt waren.
Mittels CompactPCI-Plus-I/O-Backplane und Systemkarte können CompactPCI-Serial- mit bestehenden CompactPCI-Karten kombiniert und auch über Rear-I/O-Hybridsysteme implementiert werden, die einen idealen Migrationspfad abbilden.
Die hybride Backplane ist für den Betrieb am 5 oder 12 V, sowie 3,3 V im Peripheriebetrieb ausgelegt. Der parallele Datenbus ist weiterhin mit einer Busbreite von maximal 32-Bit und für Geschwindigkeiten bis zu 133 MByte/s nutzbar.
CompactPCI PlusIO: Standardmechanik bleibt
Mechanisch bleibt ansonsten alles beim bewährten Muster: Die bekannte Standardmechanik in 19-Zoll sowie das Eurokartenformat in 3 HE und 6 HE werden beibehalten. Anwender können vorhandene Peripheriekarten weiterhin ohne Probleme einsetzen.
Für multiple Anbindung stehen jeweils vier Gen2 PCI Express-, SATA-, sowie USB 2.0- und zwei Ethernet 10GBase-T-Schnittstellen zur Verfügung. Sind höhere Datenraten erforderlich, bietet CompactPCI PlusIO die Option des Clusterns.
Neben den SATA-Schnittstellen, die Hot-Swap unterstützen, und vier USB-Slots für Peripheriegeräte und Wechseldatenträger ermöglichen die beiden vorhandenen Ethernet-Schnittstellen die einfache Installation von vernetzten Systemen via Standard-Ethernet-Switches.
Die Erweiterungen: CompactPCI Serial
Da sich die PCI-Bus-Technologie vollends von einer parallelen Schnittstelle hin zu schnellen seriellen Punkt-zu-Punkt-Verbindungen entwickelte, war der nächste Schritt im Jahr 2011 die Freigabe des Standards CompactPCI Serial als PICMG CPCI-S.0.
Durch die weitere Beibehaltung der 19-Zoll-Mechanik, des bewährten 3-HE- als auch des 6-HE-Formats, der Backplane-Abmessungen, Frontplatten und Griffe, inkl. der bewährten Hot-Swap-Mechanik, ergab sich keine große Umstellung. Mit Ausnahme der Steckverbinder blieb die mechanische Kompatibilität bestehen.
Die Vielseitigkeit in Kombination mit der breiten Verfügbarkeit von Chips, Hardware und Software macht CompactPCI Serial heute zum schnellsten und kostengünstigsten modularen und hochleistungsfähigen offenen Standard für Embedded Computing. Mit CompactPCI Serial wurde die CompactPCI-Architektur endgültig auf serielle Datenkommunikation umgestellt.
Dadurch können Daten mit 300-facher Geschwindigkeit im Vergleich zu CPCI über PCI Express übertragen werden. Neben acht PCI Express-Interfaces – davon zwei Fat-Pipe-Links (extra schnelle Anbindung zum System-Slot) – stehen jeweils acht USB 2.0, USB 3.0, SATA, sowie Ethernet 10GBase-T- Schnittstellen zur Verfügung. Im Vergleich zu CompactPCI PlusIO mit 1 GBit/s sind bei den PCIe Gen3-Schnittstellen Datenraten von 4 GBit/s möglich.
Eine typische Konfiguration mit einem Systemsteckplatz und bis zu acht Peripheriesteckplätzen kommt mit einer Stern-Architektur ohne Switches und Bridges aus. Wie bei den Vorgängern dient die passive Backplane nur zur Verbindung der einzelnen Karten.
19-Zoll-Mechanik mit neuem AirMax-Steckverbinder
Unter Verwendung der bewährten 19-Zoll-Mechanik der IEC-1101-Familie führt der Standard einen neuen robusten AirMax-Steckverbinder mit einer Pin-Dichte bis zu 184 Pin-Paaren (auf 3 HE) und Datenrate von 12 GBit/s ein, um die angestrebten hohen Frequenzen zu erzielen.
Der Standard CompactPCI Serial sieht insgesamt für Standard-Europakarten bis zu sechs Einzelstecker und für Doppel-Europakarten sieben Einzelstecker vor. Alle Schnittstellen sind gleichzeitig zugänglich, der User kann zwischen Double/Single Star und Full-Mesh-Topologie für Ethernet (Bilder 1 und 2) wählen. Jeder Steckplatz kann also z.B. bis zu 8 Ethernet-Schnittstellen unterstützen, um ein vollständiges Mesh-Interconnect ohne externen Switch aufzubauen.
Die hohe Pin-Zahl des Steckverbinders ermöglicht – neben den Pins für den Systemslot – zusätzlich umfangreiche kundenspezifische Pins zur Nutzung von Rear-I/O auf Peripheriekarten.
Die Pin-Belegung des Systems und des Peripheriesteckplatzes ist deckungsgleich, jeder Steckplatz ist universell nutzbar. Auf diese Weise ist es möglich, zusätzliche Systemkarten in jeden Peripheriesteckplatz zu stecken, um symmetrisches Multiprocessing zu unterstützen. Dies ist ein wesentlicher Fortschritt gegenüber anderen 3 HE-/6 HE-Standards.
Modulare Systeme, punktgenau angepasste Anwendungen, interoperable Verbindungen und redundante Strukturen können so ohne großen Aufwand aufgebaut werden. Im Unterschied zu CompactPCI sind Stecker- und Buchse genau umgekehrt angeordnet: Der Stiftstecker befindet sich auf der Steckkarte, die Buchsenleiste auf der Backplane, was ein Verbiegen der Stifte auf der Backplane beim Einstecken verhindert.
Konduktionskühling mittels CCA-Rahmen
Eine weitere Erleichterung durch den neuen Standard CompactPCI Serial betrifft die Konduktionskühlung, die vor allem in anspruchsvollen Umgebungen erforderlich ist. Baugruppen, die gekühlt werden müssen, können mit wärmeleitenden Materialien wie einem festen Aluminiumblock (einem sog. CCA(Conduction Cooled Assembly)-Rahmen) versehen werden. Standardbaugruppen lassen sich so ohne großen Aufwand platzsparend implementieren, was zu einer breiteren Akzeptanz dieser Kühlmethode geführt hat.
Die Backplane ist für Versorgungsspannungen von 12 V ausgelegt, mit einer Belastung von 60 W pro 3 HE-Slot bzw. 150 W für 6 HE.
Auch hier bleibt die Entwicklung nicht stehen und weitere Revisionen verbessern die Konnektivität und Flexibilität. So bietet ein neuer optionaler Anschluss zusätzliche 48 Pins. Die Gesamtzahl der verfügbaren I/O-Pins des Systemsteckplatzes beträgt damit ganze 528 Pins. Der System-Slot kann durch verschiedene Backplanes auf dem Markt mittlerweile sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite des Kartenracks platziert werden.
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EP Basics: Gehäusesysteme
19-Zoll-Systeme kurz erklärt: Backplane-Architekturstandards (Teil 1)
Auch CompactPCI Serial-basierte Kleinformate mit 3- oder 5-Slot Backplanes sind aufgrund der fortschreitenden Miniaturisierung inzwischen im Markt verbreitet.
CompactPCI for Space
Zum Schluss noch ein paar kurze Worte zum Standard CompactPCI Serial for Space, welcher auf dem CompactPCI Serial aufsetzt. Der Standard PICMG CPCI-S.1 adressiert speziell die extremen Umgebungsanforderungen im Weltraum, etwa mit neuen Signalleitungen oder einer Doppelsternarchitektur über einen redundanten Systemsteckplatz.
Auch wurden teils nicht benötigte Funktionen wie z.B. USB und SATA entfernt. Im Unterschied zu CompactPCI Serial beträgt der Board-to-Board-Abstand hier aber 5 TE (= 25,4 mm) inklusive Luft- oder Konduktionskühlung.
Im abschließenden Teil unserer Reihe stehen der AdvancedTCA (Advanced Telecom Computing Architecture), sowie der kompakte MicroTCA (Micro Telecommunications Computing Architecture)-Standard im Mittelpunkt, die speziell von der Telekommunikations-Industrie vorangetrieben wurden.
* Sebastian Schenk ist Produktmanager im Geschäftsgebiet Elektronik bei Heitec in Eckental.
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