Radar- und ToF-SensorikWie fahrerlose Transportsysteme das Sehen lernen
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Sensorik ist der Schlüssel, damit fahrerlose Transportsysteme Hindernisse erkennen und Abstände messen können. Aber welche Sensortechnik eignet sich hier besser: Radar oder Time-of-Flight (ToF)?

Wenn Entwickler evaluieren wollen, welche Sensortechnik einem geplanten fahrerlosen Transportsystem (Automated Guided Vehicle, AGV) die Fähigkeit verleihen soll, seine Umgebung in der automatisierten Fabrik zu „sehen“, ist das Development Kit RDK3 von Rutronik System Solutions (Bild 1) ein guter Ausgangspunkt. Das Base Board ist eine Komplettlösung für Wireless Low-Power-Bluetooth Verbindungen mit hohen Sicherheitsstandards bei extrem niedrigem Stromverbrauch.
Für die Abstands- und Anwesenheitsmessung setzt der Distributor auf den ToF-Sensor TMF882x von ams Osram (Bild 2) und den XENSIV 60-GHz-Radarsensor BGT60TR13C von Infineon (Bild 3). Beide Lösungen sind nicht standardmäßig auf dem RDK3 vorinstalliert, eine Integration ist jedoch einfach umsetzbar. Diese erfolgt mittels der zugehörigen Adapterboards, dem Infineon BGT60TR13C Shield und dem Arduino Uno Shield Evaluation Kit für TMF882x von ams Osram (Bild 4).
Dank der Arduino-Header lässt sich die Lösung von ams Osram direkt auf das RDK3 stecken. Das Infineon-Board ist hingegen eine kabelgebundene Option und wird mit dem RDK3 software-technisch „verheiratet“. Allerdings entwickeln die Experten von Rutronik System Solutions derzeit ein eigenes Adapterboard für den Lösungsansatz via Radar. Somit wird dann auch hier eine Kombination mittels Arduino-Schnittstelle möglich sein.
Welche der beiden Technologien für eine Anwendung am effizientesten ist und am schnellsten zum Ziel führt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Bisher galt Radar aufgrund der überzeugenden Performance als tendenziell hochpreisige Lösung, während ToF deutlich präzisere Ergebnisse im Millimeterbereich liefert. Da sich aber beide Technologien stetig weiterentwickeln, nähern sich relevante Parameter an oder überzeugen durch zusätzliche Eigenschaften.
Mit Radar durch Wände sehen wie Superman
Für einen konstanten Ablauf in einer automatisierten Industrieumgebung ist eine unterbrechungsfreie Leistung der integrierten Anwendungen entscheidend. Sich verändernde Lichtverhältnisse oder Verschmutzungen an der Sensorabdeckung dürfen für AGVs kein Hindernis darstellen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Fahrzeug stehenbleibt oder im schlimmsten Fall mit einem anderen Gegenstand kollidiert. Eine manuelle Korrektur ist dann zwingend notwendig. Bis diese jedoch erfolgt, kommt es zu einem Ausfall der übrigen Abläufe. Mit Radar lässt sich dies vermeiden, denn die ausgesendeten Wellen sind in der Lage, selbst Glas oder Wände zu durchdringen – vorausgesetzt, diese sind nicht bleihaltig oder zu dick. Dadurch lässt sich der Sensor unauffällig in ein Gehäuse integrieren – zum Schutz vor Stößen, zur besseren Reinigung oder aus ästhetischen Gründen – und detektiert dennoch problemlos.
Weil Radar mit elektromagnetischen Wellen arbeitet, ist der Sensor auch nicht sonnenlichtempfindlich und damit verlässlich in der Funktionalität. Der sehr energieeffiziente Radarsensor BGT60TR13C von Infineon bietet durch die große Bandbreite von 5,5 GHz eine sehr geringe Entfernungsauflösung bis zu circa 3 cm und erreicht in Zusammenarbeit mit einer Hochlaufgeschwindigkeit von 400 MHz/µs eine höhere Dopplergeschwindigkeit. Ein hohes Signal-Rausch-Verhältnis (SNR) gewährleistet das zuverlässige Erkennen von Personen oder Objekten in einer Entfernung von bis zu 15 m (in frontaler Ausrichtung). Zugleich verfügt der Radarsensor über eine so hohe Empfindlichkeit, dass er Bewegungen im Submillimeterbereich detektiert, was eine besonders intuitive berührungslose Interaktion erlaubt. Entscheidend für eine sichere Mensch-Maschinen-Kooperation ist das Erkennen, die Verfolgung und die Segmentierung der menschlichen Anwesenheit, die der BGT60TR13C in Kombination mit einer extrem hohen Genauigkeit bei der Erfassung von Mikro- und Makrobewegungen liefert.
Für diese hohe Leistungsfähigkeit des Radarsensors ist aufwändigere Technik nötig, daher sind die Komponenten kostenintensiver. Das gilt sowohl für die Anschaffung als auch für die Integration, denn es ist deutlich komplexer, den Radarstrahl zu manipulieren und optimal zu justieren, als einen optischen Sensor zu applizieren.
Genaues Field-of-View in 64 Punkten
Sensoren auf Basis von Time-of-Flight-Technik (ToF), wie der TMF8828 von ams Osram, sind in der Lage, Personen und Objekte sowie deren absolute Position, Bewegung und Form in 3D zu erkennen. Technologische Basis ist dabei eine aktive Infrarotbeleuchtung, die Lichtimpulse im Sub-Nanosekunden-Bereich sendet. Die schnelle Reaktionsfähigkeit der Time-to-Digital-Converter-Architektur (TDC) dieser Sensoren ist speziell im Bereich AGV wichtig.
Bei dieser optischen Lösung zur Abstandsmessung ist die Distanz mit fünf Metern (10 bis 5000 mm bei 30 Hz) kleiner als bei der Radar-Option. Auch ihre Empfindlichkeit gegenüber Störfaktoren ist im Vergleich deutlicher höher und stellt damit ein potenzielles Risiko dar, denn:
- Die Technik ist äußerst sensibel gegenüber Sonnenlichteinstrahlung aufgrund der Überschneidung von Infrarotwellen. Hier arbeitet ams Osram mit einem optischen Filter mit Algorithmus-Unterstützung, um eine höhere Toleranz gegenüber Umgebungslicht zu erreichen.
- IR-Wellen durchdringen nur wenige Materialien, wie zum Beispiel Kunststoffe oder Fensterglas. Deshalb muss der Sensor relativ exponiert angebracht werden, wodurch er anfälliger für mechanische Defekte wird.
- Verunreinigungen des Abdeckglases stören die exakte Messung.
Die optischen Sensoren punkten andererseits durch eine höhere Genauigkeit bei der Messung. Mit einem 8 x 8-Array erfolgt die Abstandsdetektion in 64 Punkten, was ein besonders exaktes Field-of-View möglich macht. Dieses ist beim TMF8828 zudem bis zu 63° diagonal justierbar und lässt sich an individuelle Räume anpassen. Ein weiterer Vorteil ist die deutlich höhere Auflösung, die für Anwendungen, bei denen mehrere Objekte nicht nur erkannt, sondern auch differenziert werden müssen, entscheidend ist. Zwar verfügt die Radar-Lösung von Infineon über eine Sende- und drei Empfangsantennen und erlaubt dank des L-förmigen Antennenarrays sowohl eine horizontale als auch vertikale Winkelmessung – die besondere Präzision des 8 x 8-Array erreicht sie jedoch noch nicht.
Alles ist relativ
Welche der beiden vorgestellten Sensorlösungen sich letztlich am besten eignet, hängt von der Zielanwendung ab: Kommt es eher auf eine über längere Distanz stabile und gegenüber externen Faktoren widerstandsfähige Lösung an, fällt die Entscheidung zugunsten der Radarsensoren. Ein Einsatzbeispiel wäre eine Industrieumgebung, in der die AGV häufig Strecken zwischen verschiedenen Bereichen – In- wie Outdoor – zurücklegen müssen. Wenn sich das Fahrzeug jedoch ein genaueres Bild machen muss, um beispielsweise die Reaktionen auf verschiedene Hindernisse differenzieren zu können, empfiehlt sich eher die Nutzung von ToF-Lösungen. Vor- und Nachteile sind dabei jeweils in der Relation zur Gesamtapplikation zu betrachten, da beide Lösungen kontrollierbar sind. Nur variiert der dafür benötigte Entwicklungsaufwand teils erheblich, was für eine wirtschaftliche Pro-/Contra-Entscheidung ebenso relevant ist wie die technischen Features.
RDK3 – Entscheidungshilfe in der Vorentwicklungsphase
Die drahtlose, intelligente Vernetzung einzelner Elemente oder Arbeitsprozesse wird unter anderem in den Bereichen Advanced Robotics oder Smart Factory immer wichtiger. Das Base Board RDK3 (Bild 5) stellt für diese Szenarien eine Komplettlösung für Wireless Low-Power-Bluetooth Verbindungen mit hohen Sicherheitsstandards bei extrem niedrigem Stromverbrauch dar. So sinken Zeitaufwand sowie Kosten bereits in der Vorentwicklungsphase erheblich, und die Markteinführung beschleunigt sich spürbar. Wichtig sind hierbei der Schutz und die Sicherheit der Daten sowie der Kommunikation. Das RDK3 setzt dazu auf die PSoC 64 Secured Mikrocontroller von Infineon mit einer Platform Security Architecture (PSA). Ein weiterer Vorteil des Base Boards ist, dass die Software von Rutronik System Solutions in Infineons ModusToolbox enthalten ist. Diese moderne sowie variabel einsetzbare Entwicklungsumgebung beinhaltet eine Vielzahl an Entwicklungswerkzeugen, Bibliotheken und eingebetteter Laufzeit-Assets für Mikrocontroller von Infineon und bietet Unterstützung über den gesamten Entwicklungsprozess neuer Applikationen hinweg. Dadurch lassen sich Effizienzgewinne realisieren und Anwendungen gelangen schneller zur Marktreife.
Ein weiterer Vorteil bei der Zusammenarbeit mit den Experten von Rutronik ist die Erfahrung, welche die Entwickler des Distributors auch im Bereich Software mitbringen. Zum einen haben sie Zugriff auf alle nötigen Softwarebeispiele, um die Module von ams Osram und Infineon entsprechend den Anforderungen der Applikation einzusetzen. Zum anderen gehören auch App-Entwickler zum Rutronik-Expertenpool, die beratend zur Seite stehen, sollte für die geplante Anwendung eine App-basierte Steuerung gewünscht sein.
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