Wi-Fi 6 oder 5G: Was ist besser?
5G kommt und soll Wi-Fi ersetzen. Doch auch die Wi-Fi-„Fraktion“ schraubt die Bandbreite nach oben. Was aber braucht und will der Endanwender wirklich? Vielleicht „nur“ die stets beste Internetverbindung zu vertretbarem Preis? Technisch machbar, meint Wireless-Experte Cees Links. Dazu müsse man aber in der Branche umdenken.
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5G steht vor der Tür und war aus diesem Grunde auch eines der zentralen Themen der Consumer Electronics Show (CES) 2019 in Las Vegas. Und wie jedes Mal, wenn ein neuer Mobilfunkstandard angekündigt wird, wird das „Ende von Wi-Fi“ vorhergesagt. Das war bereits beim 3G-Standard so, der Wi-Fi (802.11b) redundant machen sollte. Genau das aber geschah nicht. Mit 4G (LTE) wiederholte sich die ganze Geschichte. Zur Disposition stand nun Wi-Fi (802.11ac). Fehlanzeige! Im 5G-Kontext wird Wi-Fi nun erneut abgekündigt , da der neue Mobilfunkstandard sowohl das Innere wie auch das Äußere von Liegenschaften und Gebäuden abdecken werde.
Das wirft die Frage auf: Was werden die Auswirkungen von 5G auf die nächste Generation von Wi-Fi – also Wi-Fi 6 (802.11ax) – sein? Brauchen wir diese überhaupt noch in der 5G-Drahtlos-Landschaft?
Jenseits des 5G-Hype
Natürlich ist ein Teil der Kommunikation rund um 5G lediglich ein Marketinghype, der die besonders positiven Aspekte der neuen Technologie hervorhebt und die weniger vorteilhaften ignoriert. So ist 5G mit 4 Gbit/s zweifellos schneller als Wi-Fi (.11ac) mit 1,3 Gbit/s. Doch lautet das unmittelbare Gegenargument, dass Wi-Fi (.11ax) mit 9,6 Gbit/s schneller als 5G sein wird. Aber werden diese Geschwindigkeiten im „wirklichen Leben“ tatsächlich erreicht? Wir haben das schon einmal gesehen, das solch glänzende Versprechungen durch die harte Wahrheit von „keine Verbindung im Keller“ oder ähnlichem weggewischt wurde. Außerdem darf die Frage erlaubt sein, wozu 9,6 Gbit/s Wi-Fi „im Keller“ gut sein sollen, wenn die Verbindung zum Haus nur 300 Mbit/s oder noch weniger beträgt?
Will man wirklich Klarheit darüber erhalten, wohin die Entwicklung geht, dann sollte man die Marketing-Schlagzeilen vergessen und ein bisschen tiefer graben. Was sind die echten Fakten, die uns leiten könnten? Zum einen sagen uns die Gesetze der Physik, dass Radiowellen (egal ob Wi-Fi oder 5G) Schwierigkeiten haben, Objekte wie Mauern oder Häuserwände zu durchdringen. Außerdem sinkt die Datenrate mit der Entfernung. Mehr „Power“ auf den Sender zu geben, hilft zwar ein wenig, verursacht aber auch Störungen und macht die die Geräte teurer. Darüber hinaus sind die gesetzlich vorgegebenen maximalen Ausgangsleistungen einzuhalten.
Es gibt auch wirtschaftliche Gesetze. Mobilfunk (3G/4G/5G) verwendet lizenzierte Bänder. Mobilfunkbetreiber (Service Provider) zahlen Geld für die Nutzung dieses Frequenzspektrums und müssen ein kostspieliges Netz von Basisstationen aufbauen, um ein größeres Gebiet abzudecken. Dieses Geld muss natürlich wieder über (Abo-)Gebühren hereinkommen. In einem solchen Servicegebiet sind viele Benutzer zu bedienen, die sich das gleiche Frequenzband über mehrere Kanäle teilen müssen.
Technologieaufteilung zwischen Wi-Fi und 5G
Im Gegensatz dazu nutzt Wi-Fi ein unlizenziertes Spektrum, das allen kostenlos zur Verfügung steht. Die Ausgangsleistung von Wi-Fi ist jedoch vergleichsweise gering, sodass das Funksignal (mehr oder weniger) im Inneren Gebäude bleibt und eine günstige (sogenannte) spektrale Wiederverwendung aufweist. Will heißen: In jedem Gebäude kann das gleiche Frequenzband verwendet werden. Natürlich braucht man, um das Internet ins Haus bekommen, einen Internet-Provider. Und der fordert ebenfalls eine Abogebühr, die in der Regel einen einfachen Router beinhaltet. Wer mehr Komfort haben will, kann sich ja einen teureren Router kaufen.
Bezüglich der „Frequenzband-Perspektive“ gibt es also eine Technologieaufteilung zwischen Wi-Fi und 5G. Aber interessiert das auch den Endkunden? Der Endkunde legt Wert auf einen schnellen Internetzugang – überall und zu einem vernünftigen Preis. Im Gegensatz dazu legen Betreiber/Anbieter Wert darauf, überall (zu Hause und rund ums Haus) einen guten Internetdienst anzubieten und die Kosten unter Kontrolle zu halten. Interessanterweise verschwimmt beim so genannten Wi-Fi-Off-Load (bei dem ein Mobilfunknetz den Verkehr auf Wi-Fi-Verbindungen verlagert) bereits die Grenze zwischen beiden Technologien.
Ein Blick in die Geschichte kann hilfreich sein
Es ist interessant festzustellen, dass die Wi-Fi-Welt in der Computerindustrie, während 5G in der stärker regulierten Telekomindustrie verwurzelt ist. So haben logischerweise Telefonbetreiber (heute Dienstanbieter genannt) mehr Affinität zu 5G als zu Wi-Fi. Als die Telekom-Unternehmen begannen, den Verbrauchern das Internet zur Verfügung zu stellen, hing es lediglich um die „Lieferung an die Haustür“. Was im Inneren des Hauses passierte, lag in der Verantwortung des Verbrauchers.
Und: Es gibt einen weiteren Unterschied zwischen Mobiltelefon und Wi-Fi: Ein Mobiltelefon (Smartphone) verwendet ein Service-Abonnement, das eine SIM-Karte erfordert. Diese SIM-Karte stellt sicher, dass Telefone und Abonnements verbunden sind und die Telefone das Netzwerk nicht illegal nutzen. Wi-Fi hingegen benötigt keine SIM-Karte, da das Frequenzband, wie erwähnt, ist lizenzfrei ist.Folglich überrascht es nicht, dass die mobile Welt nach Möglichkeiten sucht, die SIM-Karte überflüssig zu machen. Doch Initiativen wie Soft-SIM und eSIM machen nicht die gewünschten Fortschritte, weil sie zu umständlich und/oder nicht ausreichend sicher sind.
Folglich ist die Konnektivitätswelt auf der Verbraucherseite zweigeteilt: mobil (mit Abonnement und SIM-Karte) und stationär (mit Router in den eignen vier Wänden). Dieses Szenario hat sich inzwischen etabliert. Natürlich kann die drahtlose Internetverbindung problematisch im Haus sein, weshalb die Telekomfirmen die Gelegenheit nutzen, Mobilfunk als Alternative zu Wi-Fi zu promoten. Die gute Nachricht ist, dass sich diese Mentalität verändert.
Aber auch die Kabelnetzbetreiber sind nicht untätig geblieben Als sie feststellten, dass für viele Verbraucher die Wi-Fi-Versorgung zu Hause ein Problem darstellt, haben sie ihr Angebot erweitert und bieten kabelgebundene Internetabdeckung auch im Haus. Dies wiederum zwingt die Mobilfunkbetreiber, dasselbe zu tun und für eine bessere Qualität des drahtlosen Internetservices in Innenräumen zu sorgen.
Wi-Fi 6 (IEEE 802.11ax): Internet in jedem Raum
Eine bessere Abdeckung im Haus ist eines der Hauptmerkmale der neuen Generation von Wi-Fi, jetzt Wi-Fi 6 genannt (basierend auf dem Standard IEEE 802.11ax). Das spezifische Konzept hinter dieser neuen Version des Wi-Fi-Standards (auch Wi-Fi-Netz genannt) hilft, das Internet in jeden Raum des Hauses zu bringen – mit dem Hauptrouter an der Haustür und kleinen Satelliten-Routern (Repeatern) auf jeder Etage und in jedem Raum. Auf diese Weise können Internet-Service Provider eine solide Internetverbindung überall im Haus garantieren und logischerweise auch verkaufen: Alles gute Nachrichten!
Es gibt aber auch interessante Crossover-Produkte. Ein schönes Beispiel dafür ist die FRITZ!Box 6890 des deutschen Herstellers AVM. Diese Box ist ein traditioneller Router, der Wi-Fi überall im Haus bereitstellt. Aber die Box verwendet nicht DSL, Glasfaser oder Kabel, sondern LTE. Die Box verfügt also über eine SIM-Karte und funktioniert genauso, als ob man sein Smartphone als Hotspot nutzen würde, um Notebook oder Tablet mit dem Internet zu verbinden. Der Unterschied ist, dass die FRITZ!Box quasi als dauerhafter Hotspot fungiert. Sinn macht das Ganze aber nur nur mit einer attraktiven Datenflat, will man hohe Mobilfunkgebühren für den privaten drahtlosen Hotspot vermeiden.
Dennoch fühlen sich Mobilfunk und Wi-Fi spricht noch immer an wie zwei getrennte Welten, zwischen denen man hin und her switcht. Glücklicherweise sind die moderne Smartphones so intelligent, dass sie, wenn die Wi-Fi-Verbindung nicht funktioniert, automatisch auf das Mobilfunknetz umschalten. Allerdings gibt es einen einen „Schwebezustand“, in dem Wi-Fi versucht, die Verbindung zurückzunehmen, was Wi-Fi aber nicht wirklich gelingt, sodass weder Wi-Fi noch die Mobilfunkverbindung funktionieren. Dann besteht die Lösung darin, Wi-Fi manuell auszuschalten, um diesen „Kampf“ zu beenden. Und das ist nicht sonderlich komfortabel.
Wäre es folglich nicht besser, wenn es eine gute Übergabe zwischen der Wi-Fi-Verbindung und der Mobilfunkverbindung gäbe, sodass der Benutzer immer die beste Leistung zu den günstigsten Kosten erhält?
Eine andere Sichtweise der Dinge
Als Verbraucher wäre es mir persönlich egal, ob ich über Wi-Fi oder in Zukunft über 5G verbunden bin. Das System sollte einfach die beste Konnektivität bieten, ob im Hause oder auf der Straße bin. Ich hätte dann ein Abonnement für mein Internet zu Hause und für meinen Mobilfunk im Freien – aber stets mit einem gewissen Twist auch auf der Kostenseite.
Ich spreche von einer anderen Denkweise. In diesem Szenario bietet ein Dienstanbieter (unabhängig davon, ob es sich um einen Mobilfunkbetreiber oder einen Kabelbetreiber handelt) den hochwertigsten drahtlosen Internetzugangsdienst, sowohl zu Hause als auch auf der Straße. In diesem Bereich gibt es viele Initiativen, alle in der Kategorie „Wi-Fi off-load“, und im Prinzip ist die Technologie vorhanden. Aber es ist noch nicht Mainstream, aufgrund zahlreicher konkurrierender und veralteter Interessenlagen.
Der Verbraucher „als solcher“ ist weder an der nächsten Wi-Fi-Generation noch am „next G“ interessiert. Er wünscht sich einfach die beste Internetverbindung – überall, zu jeder Zeit und zu einem möglichst günstigen Preis. So gesehen wäre es höchste Zeit, dass sich Mobilfunkanbieter, Hotspot- oder Internet-Service-Provider Gedanken darüber machen, wie er seinem Abonnentenstamm den besten Service bieten kann und am effizientesten.
Entscheidend ist, dass 5G und Wi-Fi 6 zusammenarbeiten, um dies umzusetzen. Unter diesem Blickwinkel gibt es auch keine „richtige“ Technologieauswahl oder die Wahl zwischen den besten Technologien für eine bestimmte Anwendung. Zu hoffen ist, dass diese andere Denkweise auch dazu beiträgt, sich auf den wirklichen Engpass zu konzentrieren, der da lautet: Wie bringt man Hochgeschwindigkeits-Internet nach Hause?
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