Wird Toshiba jetzt verkauft? Toshiba-Aktionäre stimmen gegen Spaltungspläne
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Auf der Toshiba-Aktionärsversammlung hat die Mehrheit der Anleger gegen die Pläne der Geschäftsführung gestimmt, den Konzern in zwei separate Unternehmen aufzuteilen. Stattdessen verlangen die Investoren, dass das Unternehmen andere Maßnahmen zur Sanierung ergreift – etwa den Verkauf an ein Beteiligungsunternehmen.

Auf der heutigen Aktionärsversammlung (24. Mär 2022, 10 Uhr Ortszeit JET) hatte Toshiba seine Anleger darum gebeten, für eine Aufspaltung in zwei separate Unternehmen zu stimmen: Der Energie-Sektor mitsamt Infrastrukturbereich sollte in eine eigenständige Firma ausgegliedert werden. Die Geschäftsführung erhoffte sich dadurch, den seit einem schlecht gelaufenen Abstecher ins nordamerikanische Atomenergiegeschäft und einem 2015 aufgeflogenen Bilanzskandal in Schieflage geratenen Konzern auf diese Weise besser sanieren zu können.
Eine aktivistische Gruppe an Investoren hatte sich allerdings vehement gegen diese Pläne gestemmt und forderten das Unternehmen auf, andere Wege in Betracht zu ziehen. Darunter fällt vor allem einen möglichen Verkauf an eine Private-Equity-Gruppe und den damit verbundenen Schritt, Toshiba von der Börse zu nehmen.
Vorstöße dieser Art hatte es im Laufe des letzten Jahres mehrmals gegeben: Im April 2021 hatte der europäische Investor CVC Capital Partners ein Übernahmeangebot vorgelegt, dass von Toshiba abgelehnt worden war. Gerüchten zufolge hatte außerdem im Februar diesen Jahres die amerikanische Investitionsgruppe Blackstone Inc. Interesse an einer Übernahme bekundet. Auch mit der kanadischen Unternehmens Brookfield Asset Management und der KKR & Co Inc. seien in den letzten fünf Monaten Gesrpäche geführt worden.
„Eigene Vision“ der Aufspaltung vorerst vom Tisch – folgt jetzt der Verkauf?
Bei einer Abstimmung auf der Aktionärsversammlung unterstützte nun eine Mehrheit der Anleger den Vorstoß der Aktivisten, die sich in erster Linie aus Vertretern von Effissimo Capital Management und 3D Investment Partners aus Singapur, Farallon Capital Management aus San Francisco und Oasis Management aus Hongkong zusammensetzen. Seit fast vier Jahren herrscht in dieser Beziehung ein Streit zwischen Toshiba und seine nausländischen Inverstoren.
Zuvor hatte die Geschäftsleitung seine Anleger noch einmal nachdrücklich darum gebeten, für die Aufspaltungspläne zu stimmen. „Wir wollen unsere eigene Vision verwirklichen, aus eigener Kraft einen aktiven Beitrag zur Lösung globaler Probleme wie dem Klimawandel zu leisten und das Unternehmen zu reformieren, anstatt uns an einen ausländischen Übernahmefonds zu verkaufen und ihn zu bitten, dies für uns zu tun,“ sagte Satoshi Tsunakawa, der im Februar als CEO zurückgetreten war und derzeit noch Vorstandsvorsitzender bei Toshiba ist, an die Investoren gerichtet. Tsunakawa hatte vor seinem Rücktritt sogar eine Dreiteilung des Unternehmens befürwortet; Pläne, Toshiba von der Börse zu nehmen, seien seiner Auffassung nach zu riskant. „Wir werden alle Optionen in Betracht ziehen, die den Wert unseres Unternehmens steigern können“, sagte CEO Taro Shimada nun nach dem Ergebnis der Abstimmung.
Pattsituation bei Toshiba löst sich nicht auf
Für einige Beobachter stellten die Ergebnisse dennoch einen Rückschlag für die aktivistischen Hedgefonds dar. „Für die Aktivisten sieht es vor allem deshalb so schlecht aus, weil sie keine ausreichende Beteiligung haben, um das Abstimmungsverhalten zu diktieren, und nicht bereit sind, weiteres Kapital zu investieren“, sagte David Baran, Mitbegründer der Fondsmanagementfirma Symphony Financial Partners. „Sie sitzen in der Falle. Sie dachten, sie könnten mit ihrer Taktik nach amerikanischem Vorbild durchkommen, weil es für sie Sinn machte“, fügte er hinzu. Viel gebracht habe es allerdings nicht.
Doch das Drängen auf eine Übernahme, die den Hedgefonds, die sich in das krisengeschüttelte Konglomerat eingekauft haben, solide Renditen bescheren könnte, ist noch lange nicht vorbei: Die aktivistischen Aktionäre planen, weiter zu kämpfen, um das Unternehmen zu zwingen, die Gespräche mit den Private-Equity-Firmen unabhängig vom Ergebnis der Abstimmung wieder aufzunehmen. Einige Aktionäre sagten gegenüber dem Nachrichtendienst Reuters, sie erwarteten, dass ein oder zwei Top-Investoren ihre eigenen Vertreter für den Vorstand bei der jährlichen Aktionärsversammlung von Toshiba im Juni nominieren werden, um das Unternehmen dazu zu bringen, Angebote für eine Übernahme durch Private Equity einzuholen.
Das Management von Toshiba hatte durch den Konkurs seiner US-Atomkraftsparte im Jahr 2017 Aktien im Wert von 600 Milliarden Yen (5 Milliarden US-Dollar) an Dutzende ausländischer Hedgefonds verkaufen müssen. Seitem setzen diese Unternehmen Toshiba zunehmend unter Druck. Ein Verkauf würden den Hedgefond-Investoren deutlich größere Renditen bescheren.
Toshiba muss Wunsch der Aktionäre (noch) nicht Folge leisten
Toshiba ist nach dem Ergebnis der Abstimmung erst einmal nicht verpflichtet, den Wunsch der Aktionäre direkt umzusetzen: Die heutige Abstimmung war beratender Natur und ist rechtlich nicht bindend. Eine verbindliche Abstimmung, für die eine größere Mehrheit erforderlich wäre, wird frühestens im Jahr 2023 stattfinden. Wenngleich sich Toshiba in diesem Zeitraum durchaus für einen Verkauf an eine Beteiligungsgesellschaft entscheiden kann, ist eine Aufspaltung des Unternehmens allerdings damit zumindest bis zum nächsten Jahr vorerst vom Tisch.
Ob ein Verkauf allerdings tatsächlich über die Bühne gehen kann würde stark von der Zustimmung der japanischen Regierung abhängen. Diese hatte bereits in der Vergangenheit Toshibas Kampf gegen die Aktivisten unterstützt und aus Gründen der nationalen Sicherheit intervenieren, da Toshibas Produktportfolio im Bereich Infrastruktur auch die Erzeugung von Atomstrom umfasst. Japan gilt generell als sehr protektionistisch, was einen eventuellen Verkauf einheimischer Unternehmen an ausländische Investoren betrifft.
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