Gastkommentar Warum Teslas Autopilot Menschen tötet
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Nach den veröffentlichten Tesla-Files über teils tödliche Pkw-Unfälle äußert sich Viacheslav Gromov zum Tesla-Autopiloten und zeigt Ideologieüberlegungen und fatale technische Mängel durch Elon Musks Ideologie und Reaktionen auf.

Wie in den Tesla-Files im Handelsblatt vom 26. Mai 2023 berichtet, ist ein Sammelsurium an lebensbedrohlichen, spontanen Versagen der Assistenzsysteme und Autopiloten in USA bzw. Europa geleakt worden, das die Ausmaße der Fehleranfälligkeiten in mehr als 3.000 konkreten Berichtseinträgen zeigt. Ob gegen die Wand oder mit 119 km/h bei Rot über die Kreuzung mit Querverkehr. Auch bei der US-Verkehrsaufsicht NHTSA wurden in knapp einem Jahr 273 selbstfahrende Tesla-Unfälle registriert. Auch Unfälle mit getöteten Insassen und anderen Verkehrsteilnehmern werden vor allem in den USA in noch anhängigen Prozessen gegen Tesla thematisiert.
Die meisten westlichen und asiatischen Automobilhersteller verbauen bei Fahrzeugen mit sogenannter ADAS-Funktionen – also von Lenk-Assistenz bis hin zum vollautonomen Fahren später – mehrere Sensortechnologien in einem Fahrzeug. Tesla beschränkt sich dagegen größtenteils ausschließlich auf die Kamera-Technologie, wobei zwischenzeitlich sogar auch Ultraschall- und Radarsensoren, also die Grundsensorik, nicht mehr eingebaut werden sollten. Das ist sicherlich die wesentlichste Ursache für das Versagen der Assistenzsysteme.
Full Self-Driving – das nicht eingelöste Versprechen
Tesla vertreibt bereits seit Jahren die Fahrzeuge mit der Option „Full self-driving“ (FSD), die in den USA circa 15.000 US-Dollar Aufpreis kostet. Damit einher geht das Versprechen, dass die Fahrzeuge irgendwann per Softwareupdate die Autonomie bekommen, die sie gerade bei der Auslieferung nicht haben. Es ist eine Wette gegen die Zeit und den technischen Stand, der sich stetig weiterentwickelt seitens Chips und Sensorik, die der Wettbewerb nutzt. Dies ist gut zu vermarkten und sicherlich ein Marketing-Verkaufsaspekt, -Alleinstellungsmerkmal und letztendlich ein nahezu bedingungsloser Finanz-Vorschuss.
Ich denke, dass die Ablehnung weniger ein kommerzieller Aspekt des Sparens, sondern eine typische Marketing-Ideologie von Tesla-Mitgründer Elon Musk ist. Sie geht von der Annahme aus, dass wenn der Mensch als Fahrer rein visuell durch zwei Augen das Verkehrsgeschehen wahrnimmt, es auch die Autopilot-Perception-KI nur mit den Bilddaten von Kameras schaffen würde. Ein Zurückrudern wäre nach den ganzen Versprechen und Millionen ausgelieferter Fahrzeuge für Musk, und seinen Ruf als Visionär, eine Sackgasse.
Gerade diese Musk-Ideologie ist das, was fatal und lebensgefährlich ist. Die wenigen Comebacks von Radar-Sensorik bei Tesla reichen nicht aus. Vor allem die ausgelassene LIDAR-Sensorik ist eine entscheidende Laser-Technologie, die sich immer mehr seitens Nutzen und Kosten etabliert, hohe Auflösungen und im Gegensatz zu Kameras dem KI-Rechner auch robuste 3D-Raumdaten mit Abständen und Größenangaben liefert. Eine Sensorfusion aus mehreren Sensor-Technologien, die jeweils bestimmte Stärken und Raumauflösungen sowie Schwächen haben, sei notwendig und gang und gäbe.
Wir können nicht erwarten, dass die noch an unsere menschlichen Fähigkeiten heranwachsende Künstliche Intelligenz mit eingeschränkter Sensorik, also bei nicht-ausgeschöpften technischen Stand mehr oder zumindest dies sicherer kann als wir Menschen es können. Das wird ihr seitens Gesellschaft aber immer wieder zugesprochen. (tk)
* Viacheslav Gromov ist Gründer und Geschäftsführer vom Embedded-KI-Anbieter AITAD.
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