Temperaturbelastungen der Leistungselektronik minimieren

Autor / Redakteur: Simone Saile * / Gerd Kucera

Richtig angewandt hat das thermische Interface-Material großen Einfluss auf die Lebensdauer. Eine Bewertung der thermischen Situation und die Auswahl des Materials ist nicht immer einfach.

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Bild 1: Soft-PGS ist eine dünne Grafitfolie mit hoher Kompressibilität und reduziert den Kontaktwärme-Widerstand zwischen unebenen Oberflächen in sehr schmalen Zwischenräumen.
Bild 1: Soft-PGS ist eine dünne Grafitfolie mit hoher Kompressibilität und reduziert den Kontaktwärme-Widerstand zwischen unebenen Oberflächen in sehr schmalen Zwischenräumen.
(Bild: Panasonic)

Jüngste Verbesserungen beim Umgang mit großen Stromstärken bei hohen Spannungen und hohen Schaltfrequenzen haben Bipolar-Transistoren mit isolierter Gate-Elektrode (IGBTs) die traditionellen bipolaren Leistungstransistoren (BPTs) fast vollständig verdrängt.

Der enorme Bedarf an Hochleistungs-Halbleiterbauelementen infolge der dynamischen Entwicklung der Elektronikbranche durch erneuerbare Energien, Automobilbau, Industrieanlagen und soziale Infrastrukturen stellt große Anforderungen an ein effektives Wärmemanagement. Wird eine thermische Situation korrekt bewertet, dann sorgt geeignetes thermisches Interface-Material für die ausreichend schnelle Abfuhr der Verlustwärme aus dem Halbleiter.

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Hochleistungs-Halbleiterbauelemente kommen vor allem in widrigen Anwendungsumgebungen mit Umgebungstemperaturen von 200 °C und höher zum Einsatz. Wenn auch die geforderten Eigenschaften der IGBT-Module je nach Markt variieren, eine wachsende Effizienz kombiniert mit geringere Baugröße sind allgemeine Anforderungen.

Die gestiegene Nachfrage der Automobilindustrie nach Bipolar-Transistoren mit isolierter Gate-Elektrode geht auf den Einsatz von IGBT-Modulen in elektrischen Antriebssystemen zurück, in denen der statische Wärmefluss bis zu 300 W/cm2 beträgt. Eine wirksame Methode, die Übergangstemperatur zu reduzieren, ist der Einsatz hochwärmeleitfähiger Materialien.

Ein Vergleich gängiger TIMs

Die Verbindung zwischen dem Leistungsmodul und dem zugehörigen Kühlkörper ist gleichermaßen Kernstück und Flaschenhals des Wärmemanagements. Hier werden oftmals Materialien eingesetzt, die nicht für die anspruchsvollen Umgebungsbedingungen in der Leistungselektronik ausgelegt sind. Ein Großteil der Wärme von Leistungsmodulen wird über einen verbundenen Kühlkörper oder ein Kühlblech abgeführt. Jedoch können Lücken zwischen Kühlkörper und Modul aufgrund von Oberflächenrauheit und Krümmung der Modulgrundplatte zu Problemen bei der Wärmeübertragung führen. Um die Lücken zu füllen und eine effektive Wärmeübertragung zu erreichen, werden in der Regel TIMs wie Wärmeleitpaste und Phasenübergangsmaterial (PCM) verwendet.

Wärmeleitpaste ist auf den ersten Blick hin eine naheliegende Wahl, da sie in der Anschaffung sehr kostengünstig ist und da sie Zwischenräume ausfüllt und die darin befindliche Luft entfernt. Sie besteht oftmals aus Silikon oder Kohlenwasserstoffölen und ist häufig in Desktop-PCs zwischen dem Prozessor-Chip und dem Kühlkörper zu finden. Die Wärmeleitpaste selbst besitzt eine sehr geringe Wärmeleitfähigkeit, die aber durch das Hinzufügen gut leitender Partikel (oftmals Metalle und/oder Keramiken) erhöht wird. Das Material bildet aufgrund seiner geringen Viskosität eine dünne Schicht, die für einen geringen Wärmewiderstand sorgt. Wenn es allerdings um die industrielle Massenanfertigung geht, sind sie schwierig anzuwenden und erfordern aufgrund der notwendigen Reinigung und korrekten Dosierung Vorbereitung und Aufmerksamkeit.

Für die Produktion wirft dies Fragen in Bezug auf Effizienz und Zuverlässigkeit auf. Wärmeleitpaste enthält keine Bestandteile, die zu einem Aushärten führen. Daher bildet das Material weder ein Gel noch eine harte, selbstklebende Masse. Die fehlende Aushärtung sorgt einerseits dafür, dass der Wärmewiderstand am Übergang niedrig bleibt, aber andererseits erhöht sich dadurch die Fehleranfälligkeit im Laufe der Betriebszeit, was wiederum die Wartungs- und Reparaturkosten ansteigen lässt.

Die zwei Hauptursachen für eine Zunahme des Wärmewiderstands in der Materialschicht sind das Auspumpen und das Austrocknen der Wärmeleitpaste. Durch Schaltvorgänge im Bauelement kommt es zu thermomechanischen Bewegungen zwischen Chip und Heatspreader (in der Ebene und übergreifend), wodurch das Material sukzessive aus dem Übergangsspalt gepresst wird. Dieses Phänomen wird als Auspumpen bezeichnet und führt zu einem Anstieg des Wärmewiderstands, da das am Modul befindliche Materialvolumen stetig abnimmt.

Zu einem Austrocknen des Materials kommt es, weil sich bei höheren Temperaturen der Füllstoff und die Polymermatrix trennen. Die Polymermatrix tendiert dazu, aus dem Übergang herauszufließen, wodurch die Wärmeleitpaste austrocknet. Dadurch erhöht sich der Wärmewiderstand im Material. Auch eine hohe Luftfeuchtigkeit wirkt sich auf den Wärmewiderstand der Materialschicht aus. Der Grund hierfür liegt hauptsächlich am verwendeten Füllstoff und Harz und deren Verhalten bei hoher Feuchtigkeit.

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