Optische Leiterplatte Strukturierte Wellenleiter für die elektronisch-optische Signalübertragung
Die optische Signalübertragung auf Leiterplatten ist schnell, kaum störanfällig, ermöglicht hohe Bandbreiten und unterliegt nicht den Restriktionen der Kupfertechnik. Mit einem neuen Verfahren werden die Lichtwellenleiter per Laser in ein transparentes Hybridpolymer „geschrieben“. Das Verfahren lässt sich vergleichsweise einfach in den Herstellungsprozess integrieren und vereinfacht die Anbindung der optischen Bauelemente.
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In der Leiterplattentechnik erfolgt der Signalaustausch zwischen den elektronischen Bauelementen einer Schaltung über geätzte Kupferleiterbahnen. Mit zunehmender Datenübertragungsrate stößt die Kupfertechnik jedoch schnell an ihre technologischen Grenzen. Signalintegrität und Bandbreite reichen nicht mehr aus, um hochfrequente Signale schnell und zuverlässig transportieren zu können.
Eine Möglichkeit, diese Restriktionen zu umgehen, ist die elektronisch-optische Signalübertragung. Die elektrischen Signale werden in Lichtsignale umgewandelt, über Lichtwellenleiter störungsfrei übertragen, vom Empfänger wieder in elektrische Impulse zurück gewandelt und anschließend konventionell weiterverarbeitet.
Es existiert bereits eine Reihe von Lösungsvorschlägen zur Realisierung von strukturierten Lichtwellenleitern und zur elektronisch-optischen Kopplung. Die meisten der bislang vorgestellten Konzepte haben allerdings einige gravierende Nachteile: Oft ist die Signalintegrität zu gering oder sie sind aufwändig, teuer und kaum für die Massenfertigung geeignet.
Nanotechnologisch optimierte Materialien
Die bislang für optische Anwendungen eingesetzten Werkstoffe unterliegen einigen Einschränkungen: Glas ist teuer, relativ unflexibel und spröde. Die hohe Verarbeitungstemperatur verhindert den Einsatz herkömmlicher Low-cost-Trägersubstrate. Die Strukturierung von Dünnglas ist zudem sehr aufwändig. Transparente organische Polymermaterialien lassen sich dagegen bei niedrigeren Temperaturen verarbeiten.
Probleme bereiten jedoch die chemische Beständigkeit, die Temperaturstabilität und die mechanische Belastbarkeit der Lichtwellenleiter auf Polymer-Basis. Noch gravierender ist jedoch, dass organische Substrate meist deutlich schlechtere optische Eigenschaften haben als Glaswerkstoffe.
Schon seit Jahren arbeitet die Forschung an preiswerten und robusten Materialien, die sich ebenso einfach strukturieren und verarbeiten lassen wie organische Materialien, dabei aber nur eine geringe optische Dämpfung verursachen. Eine neue Möglichkeit, dieses Eigenschaftsprofil in einem einzigen Material zu vereinen, sind maßgeschneiderte anorganisch-organische Hybridwerkstoffe, deren Entwicklung unter dem Markennamen ORMOCER schon seit Jahren vom Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg vorangetrieben wird.
ORMOCERe können Strukturelemente von Gläsern und Keramiken, organischen Polymeren und Siliconen enthalten. Die Werkstoffsynthese dieser nanotechnologisch optimierten Hybridpolymere basiert auf einem Sol-Gel-Verfahren über speziell funktionalisierte Silanprecursoren. Bei diesem etablierten Verfahren wird über einen Hydrolyse- und Polykondensationsprozess ein organisch funktionalisiertes anorganisches Netzwerk erzeugt.
Die Steuerung der Eigenschaften erfolgt durch die geeignete Auswahl der Ausgangskomponenten, die Reaktionsführung der anorganischen Polykondensationsreaktion sowie durch die Kontrolle der Verknüpfungsreaktionen, die zum Aufbau des organischen Netzwerks führen. Über die organische Matrix lassen sich die Zähigkeit und Flexibilität, die Funktionalisierbarkeit sowie die Verarbeitbarkeit steuern, während die anorganische Komponente für Härte, chemische und thermische Stabilität sowie Transparenz des Materials sorgt.

Dem Fraunhofer ISC ist es in enger Zusammenarbeit mit der österreichischen AT&S AG, Europas größtem Leiterplattenhersteller mit Sitz in Leoben-Hinterberg, und der Joanneum Research GmbH in Weiz gelungen, ein leicht zu verarbeitendes Hybridpolymer mit optimierten optischen Eigenschaften für eine spezielle integrierte Leiterplatte zu entwickeln. Die Lichtsignale lassen sich mit sehr niedrigen Verlustwerten von lediglich 0,02 dB/cm (bei einer Wellenlänge von 850 nm) führen, sodass eine hohe Signalintegrität auch bei Datenübertragungsraten von über 6 GBit/s erreicht wird.
Strukturierung mit Hilfe der Zwei-Photonen-Absorption
Eine Herausforderung bei der Umsetzung der optischen Signalübertragung auf Leiterplattenebene ist die Herstellung der Lichtwellenleiter. Strukturierungsverfahren wie beispielsweise die Abformtechnik, die Wellenleiter-in-Kupfer-Technologie, die Laserablation, das Ätzen von Dünnglas oder die fotolithografische Strukturierung sind in der Regel aufwändig und nicht immer mit den anschließenden Leiterplattenverarbeitungsprozessen kompatibel.

Die Strukturierung der ORMOCER-Schicht basiert dagegen auf der Zwei-Photonen-Absorption (TPA). Diese neue Laserstrukturierungsmethode ermöglicht es, echte 3D-Strukturen direkt in das Volumen des transparenten Hybridmaterials zu schreiben. Bei konventionellen Strukturierungsverfahren dagegen müssen Wellenleitermantel und -kern in vielen sequentiellen Arbeitsschritten hergestellt werden.
Mit Hilfe des TPA-Verfahrens lässt sich der Strukturierungsprozess erheblich vereinfachen – der Lichtwellenleiterkern und das umgebende Mantelmaterial bestehen aus ein und demselben Material. Damit entfallen nasschemische Entwicklungsprozesse und Temperschritte und komplizierte Assemblierungsvorgänge.
Die Leiterplatte, auf der bereits die optoelektronischen Bauelemente vormontiert sind, wird mit einer 0,3 mm dicken ORMOCER-Schicht versehen. Anschließend werden die Lichtwellenleiter mit Hilfe des TPA-Verfahrens erzeugt. Ein Femtosekundenlaser mit einer Wellenlänge von 800 nm und einer Pulsweite zwischen 130 und 150 fs liefert die dazu notwendige Energie. Interessant an dieser Technik ist, dass die für die Vernetzung des Hybridpolymers notwendige Energie nur im Bereich des Laserfokus selbst ausreicht (nichtlinearer Effekt). Dadurch lassen sich beliebige dreidimensionale Strukturen direkt, schnell und sehr genau in das transparente Material schreiben.

Die bestrahlte Struktur weist eine höhere Brechzahl auf als das unbelichtete Umgebungsmaterial und fungiert als Wellenleiterkern. Die Oberflächenrauigkeit der so erzeugten optischen Leitungen und die intrinsische Absorption des Hybridpolymers sind sehr gering, entsprechend niedrig sind die Streuverluste (Dämpfung).
Die umgebende, unbelichtete ORMOCER-Schicht wird durch eine thermische Nachbehandlung stabilisiert und dient als Mantelschicht. Auf diese Weise lässt sich die Zahl der Verarbeitungsschritte zur Wellenleiterherstellung – und damit die Herstellungskosten – drastisch reduzien.

Das Besondere an diesem neuen Verfahren ist, dass es sich problemlos in den heute üblichen Leiterplattenherstellungsprozess integrieren lässt. Die hybridpolymere Schicht ist so robust und haftfest, dass sie alle nachfolgenden Standardbehandlungsschritte weitgehend unbeschadet übersteht. Außerdem wird ein weiteres Problem gelöst: Die Ankopplung an die optoelektronischen Bauteile lässt sich realisieren, indem die Lichtwellenleiter direkt an die gewünschte Position „geschrieben“ werden.
Komplizierte Umlenkverfahren entfallen. Erste Demonstratorschaltungen mit vormontiertem Sender (Laserdiode) und Empfänger (Photodiode) zeigen die Leistungsfähigkeit der ORMOCER-Lichtwellenleiter: Diese Anordnung ermöglicht derzeit Signalübertragungsraten bis 6 GBit/s. In Zukunft sollen durch Weiterentwicklungen der optoelektronischen Bauelemente und der zugrunde liegenden Materialien noch höhere Werte erreicht werden.
*Dr. Ruth Houbertz-Krauß leitet das Kompetentzfeld „Hybridmaterialien für Mikrosysteme und Mikromedizin“ am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg. Andreas Stadtmüller ist verantwortlich für Marketing und Kommunikation am ISC.
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