KI und IoT Smarte Produkte: So wird man besser als der Wettbewerb
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Künstliche Intelligenz und vernetzte Industrie (IoT) kombiniert zu AIoT bringt für Firmen und OEMs Wettbewerbsvorteile. Wer AIoT beherrscht, wird als digitaler OEM besser auf dem Markt bestehen. Hilfe gibt es von der AIoT User Group.

Sowohl künstliche Intelligenz (KI) oder englisch Artificial Intelligence (AI) sowie das Internet der Dinge (IoT) sind zwei Technologien, die derzeit die Spielregeln nicht nur in der Fertigungsindustrie neu festlegen. Nahezu jeder Produktanbieter und OEM muss sich auf die neuen Spielregeln einlassen.
Das Akronym AIoT verbindet die beiden Welten KI mit IoT: Sie sollten als Zusammenspiel gedacht und von der Organisation beherrscht werden. Dazu haben die Autoren die die AIoT User Group ins Leben gerufen. Seit Januar 2020 arbeiten die beiden Autoren zusammen mit ihren Mitstreitern daran, praktische Erfahrungen im Umfeld des AIoT aufzuarbeiten, verfügbar zu machen und vor dem Hintergrund das AIoT-Framework zu entwickeln. Damit wollen sie einen Beitrag leisten, dass immer mehr Produkthersteller zu Digital-OEMs werden und AIoT für die fertigende Industrie beherrschbar wird.
Die Zukunft gehört den intelligenten, vernetzten Produkten
Hydraulikkomponenten in der Spritzgussmaschine, Drehmomentschlüssel in der Flugzeugmontage, Feuchtesensoren im Gartenbau, Fahrdatenerfassung für E-Bikes in der Cloud, Wärmemengenzähler für die Nebenkostenabrechnung von Mietwohnungen oder internetfähige Lautsprecherboxen mit Spracherkennungsfähigkeiten. Bei den genannten Produkten oder Dienstleistungen half die AIoT User Group, dass sie vernetzt werden und damit gleichzeitig auch intelligent. Die Anbindung von Produkten an das Internet liegt im Trend. Das hat mehrere Gründe.
Zum einen bieten die vernetzten Produkte einen Rückkanal vom Kunden zum Produktanbieter und erlauben damit eine ganz neue Art der Kundenbeziehung. Tesla ist ein versierter Anwender der digitalen Rückkopplungsschleife. Zum einen erfasst Tesla Fahrzeugdaten – etwa darüber, wie stark die Bremsen eingesetzt werden, wann der Autopilot einen Richtungswechsel einleitet oder wie eng eine Kurve genommen wurde.
Aktive Rückmeldung der Kunden
Zum anderen ist Elon Musk sehr aktiv auf Twitter, weil er dort um zusätzliches Feedback bittet. So wurde bei Tesla erkannt, dass das Model 3 aus Sicht der Nutzer Kurven zu hart nimmt. Elon Musk nahm das Feedback auf und ließ es mit dem Feedback aus dem Auto vergleichen. Zu guter Letzt hat Tesla auf Basis der beiden Rückkanäle Anpassungen an der automatischen Steuerung im Model 3 vorgenommen.
Hinzu kommt, dass die smarten, vernetzten Produkte auch Datenquellen sind, die – über die vordergründige Produktfunktion hinaus – den Aufbau von Datenschätzen für datengetriebene Geschäftsmodelle ermöglichen. Wenn beispielsweise viele Nutzer vernetzte Wetterstationen von Netatmo verwenden, verfügt diese Firma im Verbreitungsgebiet ihrer Produkte über sehr feinmaschige Wetterdaten von hoher Qualität. Wenn Fahrzeughersteller auch bei fahrenden Autos Abstandsmessungen über die verbauten Ultraschallsensoren durchführen (lassen) und diese Abstandsdaten mit stationären Kartendaten verbinden, entstehen Informationen über Parkplatzverfügbarkeit in Echtzeit.
Wie ein vernetztes Produkt den Verkauf steigert
Außerdem ist es mit vernetzten Produkten einfacher, die Innovationen bei den Geschäftsmodellen zu verkaufen. Unter dem Leitbild der „Outcome-Based-Economy“ verkauft ein OEM nicht mehr eine Komponente oder eine Maschine zum Festpreis. Verkauft wird stattdessen eine Leistung. Entsprechend wird der OEM dann nach Einhaltung der Leistungsparameter bezahlt: wie nach gefertigten Teilen, nach tatsächlicher Nutzung oder nach garantierter Verfügbarkeit. Der Maschinenbauer Trumpf vermarktet seit kurzem ein entsprechendes Equipment-as-a-Service-Angebot für seine Laserschneide-Maschinen.
Schließlich: Die vernetzten Produkte bieten die Möglichkeit, im Laufe ihrer Lebensdauer ihren Wert zu steigern. Klassische Hardware verliert durch Verschleiß und Abnutzung an Wert. Dank Software-Updates ergeben sich neue Funktionen des Produkts oder bestehende Produktfunktionen verbessern sich mit einer aktuellen Software.
Beispiel Tesla: Die dynamische Scheibenwischersteuerung ist eine Software-Funktion. Das Fahrzeug bekommt sie nicht serienmäßig bei Auslieferung mit, wie es bei traditionellen Autoherstellern der Fall ist. Vielmehr hat Tesla auf Basis von Kameradaten bestehender Fahrzeuge mit Methoden des maschinellen Lernens und direktem Nutzer-Feedback nach und nach eine Software für die Automatisierung der Scheibenwischer-Funktion entwickelt und als Over-the-Air-Update verfügbar gemacht.
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Bitkom-Umfrage
Jedes vierte Unternehmen plant Investitionen in KI
Drei Punkte, wie ein Produkt smart wird
Wie wird ein Produkt smart? Die Eigenschaften eines smarten, vernetzten Produkts lassen sich aus drei Blickwinkeln beschreiben:
- aus dem eigentlichen Produkt (Edge Device),
- seiner digitalen Repräsentation im IT-Backend (digitaler Zwilling und Cloud) und
- der Einbindung in bestehende Prozesse, aus dem der Produktmehrwert entsteht.
Zur Veranschaulichung das Beispiel von Gabelstaplern, die in jüngeren Produkt-Generationen durchweg als smart und vernetzt gelten können:
1. Der Blick auf das Produkt: Als Edge Device verfügt der Gabelstapler über eigene Rechnerleistung und Intelligenz. So besitzt der Gabelstapler einen eigenen Bordrechner mit Steuerelementen für die einzelnen Komponenten. Er erfasst außerdem Statusinformationen und ist individuell identifizierbar. Nicht zu vergessen: Als ein vernetztes Produkt hat der Gabelstapler zwingend eine physische Komponente.
Zu einem vernetzten Produkt gehört außerdem die 2. Repräsentation im digitalen Backend. Das heißt, dass durch eine meist funkbasierte Datenschnittstelle Daten über den Gabelstapler in der Cloud verfügbar sind. Außerdem ist der Gabelstapler als digitaler Zwilling im Cloud-Backend abgebildet. Das Cloud-Backend wiederum ist Heimat für einen ganzen Schwarm von digitalen Zwillingen, deren Verhalten insgesamt analysiert und über Methoden des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz gesteuert wird.
Schließlich 3. die Integration in die betrieblichen Abläufe: Beispielsweise unterstützt der intelligente, vernetzte Gabelstapler die logistischen Prozesse. In der Intralogistik sorgt ein zentral unterstütztes Assistenzsystem dafür, dass automatisch der richtige Regalplatz angefahren wird. Oder dass durch Data Analytics und eine Routenoptimierung im Lager erreicht werden kann. Zu guter Letzt lassen sich Sicherheitsfunktionen, wie vermeiden von Kollisionen, über AIoT realisieren. Der kontext-sensitive Austausch von Daten mit den Kundensystemen löst gezielt die Anwenderprobleme.
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Künstliche Intelligenz
KI-basierte Anwendungen entstehen im Wissensaustausch
Smarte, vernetzte Produkte verstehen und einsetzen
In der AIoT User Group arbeiten Anwender von KI- und IoT-Techniken zusammen. Sie tauschen ihre Erfahrungen aus und stellen sie in einem Good Practice Framework der Allgemeinheit bereit. Das AIoT-Framework umfasst:
- Geschäftsmodelldesign: Welche neuen Geschäftsmodelle ergeben sich durch die Kombination von KI und IoT?
- Produkt-/Lösungsdesign: Was muss beim Design von intelligenten, vernetzten Produkten berücksichtigt werden?
- Co-Creation/Sourcing: Wie lassen sich die notwendigen Fähigkeiten und Kapazitäten in einem Ecosystem zusammenführen?
- Vorgehensweise bei Entwicklung und Betrieb: Wie lassen sich Cloud-, Edge- und KI-Entwicklung auf Basis eines integrierten und effizienten Entwicklungsprozesses umsetzen?
- Organisation: Wie unterstützen Agilität und Sicherheits- und Manufacturing-zentrische Aspekte eine integrierte Organisation?
Die AIoT User Group lädt alle Interessierten herzlich ein, gemeinsam an diesen Themen zu arbeiten. Die Mitarbeit und der Zugriff auf die Good-Practice-Dokumentation ist kostenfrei. Sämtliche Dokumente basieren auf Open Source. Die AIoT-Masterclass vermittelt praxisorientierte Inhalte zusammen mit praktischen Übungen. Die Co-Creation-Formate der User Group erlauben es interessierten Mitstreitern, das Gelernte konkret in die Praxis umzusetzen.
* Laurenz Kirchner ist Geschäftsführer der Beratung mm1. Dirk Slama ist Vice President Co-innovation and IT/IoT Alliance bei Bosch. Beide sind Mitgründer der AIoT User Group, für den Erfahrungsaustausch bei der Herstellung von intelligenten, vernetzten Produkten mithilfe von KI und IoT.
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