EP-Basics: MEMS- vs. Quarzoszillatoren Alles hängt von der Anwendung ab

Von Ron Stephens Lesedauer: 4 min |

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Neben herkömmlichen Quarzoszillatoren kommen auch immer mehr MEMS-Oszillatoren zum Einsatz. Welche Technologie aber ist im jeweiligen Anwendungsfall die bessere Wahl? Ein Vergleich.

Satelliten in der Erdumlaufbahn: Für ihre Elektronik sind Taktgeber notwendig, die höchste Anforderungen erfüllen müssen.
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(Bild: ESA)

Für die gesamte moderne Elektroniktechnologie sind präzise Frequenzregelung und Zeitsteuerung unerlässlich. Fast jedes erdenkliche elektronische Gerät hängt von Präzisionstaktgebern ab, ohne sie würde die gesamte elektronische Kommunikation zum Erliegen kommen. In diesem Beitrag werden die Vorteile der neuesten Präzisionstaktgeber-Technologien im Hinblick auf ihre Leistungsfähigkeit bei verschiedenen Anwendungen verglichen.

Der in den 1920er Jahren eingeführte Quarzoszillator war lange Zeit das Arbeitspferd unter den elektronischen Zeitmessgeräten. Ein in den 1960ern entwickelter Oszillatortyp ist der MEMS- Oszillator (Micro-Electro-Mechanical System), der seit 2005 in Produktionsvolumina verfügbar ist.

Bildergalerie

Heutzutage haben MEMS-Oszillatoren in vielen hochvolumigen kostengünstigen Anwendungen die Quarzoszillatoren ein wenig abgelöst. Wie bei vielen Dingen in der Technologiewelt gibt es jedoch Kompromisse und Ausnahmen, die je nach Anwendung, in der das Gerät eingesetzt wird, zu berücksichtigen sind.

Kompromisse: MEMS gegenüber Quarzoszillatoren

Um die Unterschiede deutlich zu machen, zeigt Bild 1 Blockdiagramme eines MEMS- und eines Quarzoszillators (links). Der MEMS-Oszillator ist komplizierter. Zusätzlich zu einem mikromechanischen Silizium-Resonator umfasst seine Digitalschaltung eine PLL zur Ermittlung und Steuerung der Taktfrequenz. Der Quarzoszillator dagegen ist recht einfach und hängt in starkem Maße vom äußerst hohen Gütefaktor Q des Quarzresonators als einziges frequenzbestimmendes Element ab, wie in Bild 1 (rechts) gezeigt.

Sowohl MEMS- als auch Quarzoszillatoren können durch Temperaturkompensation präzisiert werden, um eine Stabilität von unter 1 ppm zu erreichen oder mit OCXOs (Oven Controlled Crystal Oscillators) sogar das ppb-Stabilitätsniveau zu erreichen. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden Quarzoszillatoren, die diese Kompensationsmethoden verwenden, als TCXOs bzw. OCXOs bezeichnet. Und obwohl der Begriff „XO“ speziell für Quarzoszillatoren verwendet wird, werden diese Begriffe häufig für ähnlich kompensierte MEMS verwendet.

In Bezug auf die absolute Frequenzstabilität über Temperatur erzielen die Hersteller große Verbesserungen bei der MEMS-Performance. SiTime beispielsweise stellt MEMS her, die mit Hilfe digitaler Kompensationsverfahren nahezu beliebig genau sind.

Nun zu den Leistungsunterschiede zwischen Quarzoszillatoren und MEMS-Oszillatoren.

Phasenrauschen und Jitter

MEMS können stärkeren Erschütterungen standhalten und sind weniger anfällig für Vibrationen als Quarzoszillatoren. Da Quarzresonatoren eine relativ große Masse haben, können sie auch bei sehr hohen Stoßbelastungen brechen.

Bild 2 zeigt einen Vergleich des Phasenrauschens bei MEMS- und Quarzoszillatoren. MEMS lassen sich zwar in Bezug auf die Stabilität extrem präzise fertigen, können aber in Bezug auf statisches Phasenrauschen, Jitter und einige andere Kurzzeitstabilitätsparameter nie so gut sein wie ein Quarz. Ein Vorteil von Quarzoszillatoren ist ihr deutlich höherer Q-Faktor, der zu geringerem Phasenrauschen und weniger Jitter führt.

Die verbesserte Phasenrausch- und Jitter-Performance von MEMS geht immer mit einem höheren Stromverbrauch einher. Quarzoszillatoren sind effizienter und zuverlässiger als MEMS-Oszillatoren, deren komplexe Schaltungen mehr Strom verbrauchen und zu langsameren Anschwingzeiten führen können. Außerdem können Quarzoszillatoren höhere Strahlungsdosen überstehen, da MEMS-Oszillatoren eine strahlungsempfindliche Phasenregelschleife (PLL) enthalten.

Temperaturstabilität

Die Bilder 3 und 4 veranschaulichen die Gründe für die wichtigsten Kompromisse zwischen MEMS- und Quarzoszillatoren. Bild 3 zeigt das Frequenz-/Temperaturverhalten typischer Quarzoszillatoren im Vergleich zu vergleichbaren MEMS-Bauelementen. Der erste Eindruck aus dieser Bild könnte sein, dass MEMS-Oszillatoren tatsächlich ein besseres Frequenz-/Temperaturverhalten aufweisen.

Bei näherer Betrachtung zeigt Bild 4 jedoch, dass die MEMS-Oszillatoren im Laufe der Zeit Frequenzsprünge aufweisen, wenn das Teilungsverhältnis zum Ausgleich von Temperaturänderungen geändert wird. Der Quarz mit seiner hohen Güte sorgt für eine inhärent stabile und glatte Kurve.

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Der MEMS-Resonator kann digital korrigiert werden, um eine nahezu beliebige Stabilität zu erreichen – allerdings auf Kosten eines höheren Stromverbrauchs. Und es wird immer viele Mikrofrequenzsprünge in jedem kurzfristigen Zyklus geben, die digital auf das gewünschte Stabilitätsniveau zurückkorrigiert werden müssen. Die Kurve ist also nicht glatt, sondern weist zahlreiche kleine Frequenzsprünge auf, die auf das durch die digitale Korrektur verursachte Dithering zurückzuführen sind. Wird mehr Leistung verwendet, kann das Dithering reduziert, aber nicht eliminiert werden. So haben MEMS-Taktgeber in Sachen Phasenrauschen und Jitter schlechter als Quarzoszillatoren.

Herstellung und Kosten

MEMS-Oszillatoren bieten gegenüber Quarzoszillatoren mehrere Vorteile hinsichtlich Kosten, Produktionsvolumen und Vorlaufzeit. Da Quarzoszillatoren von Natur aus „maßgeschneidert“ sind, lassen sich MEMS-Oszillatoren in der Regel wesentlich kostengünstiger und schneller herstellen. Zudem werden MEMS mit Hilfe von Halbleiterfertigungsverfahren in sehr großen Mengen hergestellt.

Daher werden für Anwendungen, die das gute Phasenrauschen und den geringen Jitter von Quarz nicht benötigen, den höheren Stromverbrauch tolerieren können und keiner Strahlung ausgesetzt sind, oft die viel preiswerteren MEMS verwendet.

Beide Technologien haben ihren Platz in der Zukunft

Alles in allem weisen MEMS-Oszillatoren bereits eine sehr gute Leistung auf und stellen einen äußerst wertvollen technologischen Fortschritt dar, der weiter verbessert werden wird. Sie werden in hochvolumigen, kostengünstigen Taktanwendungen dominieren, vor allem in der Automobilindustrie, wo geringes Phasenrauschen nicht wichtig ist.

Quarzoszillatoren ihrerseits werden weiterhin bei Raumfahrtanwendungen (wo der Einsatz von MEMS nicht möglich ist) sowie bei Hf- und Mikrowellenanwendungen, Radar und anderen geräuschempfindlichen Schaltungen dominieren. (tk)

* Ron Stephens, Q-Tech Corporation, Consultant, ehemals President, Q-Tech.

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