Kostenbalance und Organisationsentwicklung „Unternehmen operieren irrtümlich in der CPU-Überlast“
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Zu 100 Prozent ausgelastete Mitarbeiter sind kontraproduktiv für Unternehmen. Warum das so ist, zeigt die Analogie zum PC.

Sie kennen das Gefühl, wenn ein Computer zu 100 Prozent ausgelastet ist: Die Arbeit damit ist sehr mühsam, Tastatureingaben werden vergessen, die Reaktionszeit ist hoch und der Computer nervt nur noch!
Für meine Arbeit brauche ich ein System, das schnell reagiert und mir dann zur Verfügung steht, wenn ich es brauche. Das erwarte ich auch von Unternehmen! Unternehmen wollen schnell agieren und geschickt auf Marktströmungen reagieren können. Stattdessen ist die Vollauslastung der Mitarbeitenden die vorherrschende Optimierungsstrategie. Wie eine überlastete CPU bleiben sie hinter ihrem Potenzial zurück.
Was mich an dieser Stelle wundert ist, dass dies gezielt angestrebt wird und es in der Praxis selten ein Gegenkonzept zur Auslastungserhöhung zu geben scheint. Darunter ächzen viele Entwickler – sei es durch zu viele Projekte oder durch zu viele Arbeiten innerhalb eines Projektes gleichzeitig. Dabei geht es auch anders!
Die Arbeitslast muss wie bei einer CPU geplant und beobachtet werden
Systemadministratoren planen ihre Server so, dass die CPU-Auslastung im Schnitt 50 Prozent nicht übersteigt. Dadurch bleibt das System reaktionsfähig und benutzbar. Mit einem einfachen Denkmodell [1], in dem Auslastung (Utilization) den Kosten (Cost) gegenübergestellt wird, lässt sich das auf die Wissensarbeit übertragen.
- Leerlaufkosten (cost of idle capacity): Ein Mitarbeiter ohne Arbeit verursacht zu 100 Prozent Leerlaufkosten. Bei vollständiger Auslastung entstehen 0 Prozent Leerlaufkosten.
- Verzögerungskosten (delay cost): Diese sind bei geringer und mittlerer Auslastung sehr gering. Ab etwa 60 Prozent steigt diese Kurve exponentiell an, da zu viel Arbeit im System Verluste (Taskwechsel) entstehen lässt.
Eine gängige Optimierungsstrategie ist es, die Auslastung möglichst hoch zu halten, um die Leerlaufkosten zu eliminieren. Die nicht beobachteten Verzögerungskosten steigen deshalb extrem und es entsteht das gleiche Verhalten wie bei der überlasteten CPU.
Gutes Management findet die Kostenbalance
Die ideale Vollkostenkurve folgt diesen beiden Kurven und ergibt ein Optimum, das häufig bei etwa 70 bis 80 Prozent Auslastung liegt. Mitarbeiter, die nicht 100 Prozent ausgelastet sind? Intuitiv erscheint dies einem Manager, der das komplexe Gesamtsystem nicht mehr verstehen kann und deshalb häufig nur die Auslastung als einzige Steuermöglichkeit hat, falsch. Gutes Management berücksichtigt beide Kosten – und kann diese auch belegen.
Beim Vorbeigehen sehen alle Mitarbeiter angespannt aus, niemand sitzt, überall rauchen die Köpfe. Gut, dann machen alle das Richtige! Dank Rückkehr ins Büro können Mitarbeitende wieder kontrolliert werden. Erkennen Sie das wieder?
Vielmehr würde ich mich über solche Aussagen freuen: Unser Unternehmen ist am reaktivsten, wenn unsere Entwickler nur zu 80 Prozent ausgelastet sind! Wir haben für uns erkannt, dass Innovation dann entsteht, wenn ungeplante Geistesblitze erlaubt sind. Das hat uns zu einem noch besseren Partner für unsere Kunden gemacht.
Schaffen Sie es, neben Ihren Produkten auch Ihr Unternehmen weiterzuentwickeln? Wie kann Ihnen das Verständnis von Verzögerungskosten helfen, Ihre CPU optimal zu nutzen?
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Steigende Arbeitsbelastung und parallele Projekte
„Wir wissen schon gar nicht mehr, wo uns der Kopf steht“
Referenz
[1] „Economic Value of Slack Time” von Pawel Brodzinski, Januar 2015
* Fabian Biebl ist Organisationsentwickler bei Colenet.
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