Neuartiges Leichtbau-Kühlsystem Offenporiger Aluminiumguss kühlt Leistungselektronik, LEDs oder Antriebe

Von Dipl.-Ing. (FH) Hendrik Härter Lesedauer: 5 min

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Mit dem offenporigen Aluminium-Kokillenguss steht eine neue Leichtbauwerkstoffklasse zur Verfügung, die multifunktionale und multistrukturelle Eigenschaften für Leistungselektronik, LEDs oder Antriebe bietet. Ein Bestandteil neben Aluminium ist Kochsalz.

Das modulare Kühlsystem mit dem Namen „PORECOOL“ bietet integrierte Radiallüfter, Luftkanäle, Ausströmgitter mit Filter (nicht im Bild), Heatpipes und Heatspreader aus Kupfer.
Das modulare Kühlsystem mit dem Namen „PORECOOL“ bietet integrierte Radiallüfter, Luftkanäle, Ausströmgitter mit Filter (nicht im Bild), Heatpipes und Heatspreader aus Kupfer.
(Bild: AUTOMOTEAM)

Kleinere Elektronik bei gleichzeitig steigenden Anforderungen an Zuverlässigkeit und Lebensdauer von elektronischen, mechatronischen und teilweise mechanischen Systemen verlangt nach einem guten Wärmemanagement.

Hier bieten sich Kühlkörper und Wärmeübertrager aus einer Leichtbauwerkstoffklasse an. Sie bestehen aus offenporigem Aluminiumguss und unterscheiden sich wesentlich von konventionellen Massivbauteilen mit Rippen, Lamellen und Stiften, offenporigen Aluminiumschäumen sowie generativ gefertigten TPMS-Strukturen.

Aufgrund ihrer Eigenschaften ermöglichen sie unkonventionelle Lösungen im Wärmemanagement mit neuen technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Möglichkeiten. Der offenporige Aluminium-Kokillenguss ist eine neue Leichtbauwerkstoffklasse mit multifunktionalen und multistrukturellen Eigenschaften. Der mit Kochsalz als Hilfsstoff hergestellte Werkstoff ist leicht, mechanisch und thermisch hoch belastbar und als Monomaterial oder Multimaterialsystem vielfältig hybridisierbar.

Höhere Materialdichte, Wärmeleitfähigkeit und Druckfestigkeit

Das Material hat eine bis zu achtmal höhere Materialdichte, eine bis zu achtmal höhere Wärmeleitfähigkeit und eine bis zu 20-mal höhere Druckfestigkeit als herkömmliche Aluminiumschäume. Die Porengröße kann anwendungsspezifisch von 5 µm bis zu mehreren Zentimetern und die Dichte von 0,8 g/cm³ bis 1,3 g/cm³ eingestellt werden. Für unterschiedliche Anwendungen stehen verschiedene Optionen zur Verfügung, um die Materialeigenschaften spezifisch anzupassen.

Für das Wärmemanagement interessante Eigenschaften sind:

  • neuartige, multimodale Porenmorphologie mit neuen Wärmeübertragungsphänomenen,
  • direkte Wärmeübertragung von Hot Spots auf Trägermedien durch einen Konduktions-Konvektions-Mechanismus,
  • bessere Wärmeleitung, Wärmestrahlung und Konvektion bei kleineren Abmessungen und geringerem Gewicht,
  • verbesserte Strömungsakustik und Richtungsunabhängigkeit des Kühlkreislaufs,
  • große Vielfalt an möglichen Materialkombinationen, Architekturen und Designs für ein breites Anwendungsspektrum,
  • große Designfreiheit bei Kühlkörpern, Strömungskreisläufen, Leiterplattenlayouts, Gerätedesigns und Komponentenpaketen,
  • hohe Integrationsfähigkeit in Bauräume, Hybridsysteme und Funktionsbündel,
  • optional einstellbarer Kapillareffekt zum schnellen Abtransport des Kühlmediums vom Hotspot,
  • optional einstellbarer Lotuseffekt zum Schutz vor Spritz- und Kondenswasser
  • optional einstellbare Schwingungsdämpfung und Schalldämpferfunktion für integrierte Lüfter,
  • optional einstellbare Filterfunktion für Luft und Fluid,
  • nachhaltige Technik für Klein-, Mittel- und Großserienfertigung.

Eine effiziente Kühlung und die Materialeigenschaften

Lichtdurchlässiger LED-Kühlkörper mit dekorativer Funktion.
Lichtdurchlässiger LED-Kühlkörper mit dekorativer Funktion.
(Bild: AUTOMOTEAM)

Die Effizienz der Kühlung hängt direkt von den Materialeigenschaften, der Größe der Wärmeübertragungsfläche, der Form und den Oberflächeneigenschaften des Festkörpers, den Fluideigenschaften, der Strömungsform, der Strömungsgeschwindigkeit, der Viskosität und der Wärmeleitfähigkeit ab. Die Kühlkörper mit dem Namen „PORECOOL“ werden in beliebigen Geometrien und Abmessungen aus Reinaluminium oder Aluminiumlegierungen hergestellt.

Im Vergleich zu konventionellen Kühlkörpern bieten sie bei vergleichbarer Konstruktion folgende Vorteile

  • Bis zu zehnmal größere Oberfläche für konvektiven Wärmeübergang,
  • höhere Wärmeleitfähigkeit reines Aluminiums mit Reinheit von 99,5 Prozent,
  • höheren effektiven Emissionsgrad poröser Gussoberfläche,
  • neue Wärmeübertragungsphänomene mit besserem Wärmeübergangskoeffizient und
  • bis zu 70 Prozent weniger Gewicht.

Der Wärmeübergangskoeffizient

Der Wärmeübergangskoeffizient beschreibt die Fähigkeit eines Gases oder einer Flüssigkeit, Energie über die Oberfläche eines Stoffes zu übertragen. Er hängt unter anderem von den Stoffeigenschaften, den Strömungseigenschaften, den geometrischen Verhältnissen und der Oberflächenbeschaffenheit ab. Offenporige Aluminiumgussstrukturen sind offenzellige, multimodale Metallschäume mit einer besonderen Porenmorphologie und einer enormen Vielfalt an Architekturen, die ihr thermisches und fluiddynamisches Verhalten bestimmen:

  • sanduhrförmige Poren mit unterschiedlichen Größen im Mikro-, Meso- und Makrobereich,
  • komplexe Windung der Durchgänge mit mehreren 1-n, n-1 und n-n Verbindungen in eine Strömungsrichtung,
  • mehrere, räumlich verteile Mikro- und Makroströmungen mit laminaren, turbulenten und gemischten Bereichen,
  • mehrere, räumlich verteilte Geschwindigkeitsbereiche der Mikro- und Makroströmungen,
  • massive Aluminium-Matrix (Materialanteil 30 bis 60 Prozent) mit sehr guter Wärmeleitfähigkeit und hohem effektiven Emissionsgrad und
  • einstellbare Eigenschaften für besseren Wärmeübergang bei verschiedenen Gasen/Fluiden.

Die neuartigen multimodalen Aluminiumschäume sind noch wenig erforscht. Die ersten Nachweise aus Forschungsprojekten bestätigen folgende Hypothesen:

  • die Porenmorphologie ist der wichtigste Parameter für die Wärmeübertragung,
  • größere Oberflächen in offenporigen Metallstrukturen bedeuten nicht automatisch besseren Wärmeübergangskoeffizient,
  • je nach Porenmorphologie kann der Wärmeübergangskoeffizient im Vergleich zu Kühlkörpern mit Rippen, Pins, Lamellen, konventionellen Aluminiumschäumen oder TPMS-Strukturen bedeutend verbessert werden,
  • bei sehr großen Oberflächen offenporiger Metallstrukturen ist die Wärmeleitfähigkeit des Materials sekundär und
  • je nach Porenmorphologie kann man mit 20 Prozent weniger Fläche bis zu 50 Prozent mehr Wärme übertragen.

Power of Electronics

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(Bild: VCG)

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Gestaltungsmöglichkeiten und Freiheitsgrade

Die Komponenten aus offenporigem Aluminiumguss werden klassisch zerspant und können in jede CNC-Präzisionsform gebracht werden. Sie sind vollständig offenporig, unabhängig von der Strömungsrichtung des Kühlmediums und können somit in jeden freien Bauraum integriert werden. Dadurch ergeben sich neue Gestaltungsmöglichkeiten und Freiheitsgrade für Kühlkörper, Strömungskreisläufe, Leiterplattenlayouts, Gerätedesigns und Bauelementpaketen.

Konstruktionen aus porösem Aluminiumguss sind hoch belastbar.

Sie können tragende Funktionen übernehmen, weitere Funktionsintegrationen wie Befestigungspunkte, Schwingungsdämpfung oder Schalldämpfung bieten, lasttragende oder dekorative Gehäusestrukturen bilden oder Leiterplatten mit Halbleitern als eine Art schalldämpfende Kühlbox komplett umschließen.

Neue Aluminium-Monomaterial-Hybride: Es können viele unterschiedliche Aluminium-Hybride hergestellt werden: gleichmäßig offenporige, gradiert offenporige, selektiv offenporige, selektiv massive und viele weitere. So kann beispielsweise die thermische Kontaktstelle zum Halbleiter lokal aus massivem Aluminium bestehen.

Neue Multi-Material-Hybride und Metallmatrix-Verbundwerkstoffe: In Aluminium-Monomaterial-Hybride können verschiedene Komponenten aus Edelstahl, Titan, Kupfer oder Aluminium integriert werden. Das kann entweder direkt im Gießprozess oder nachträglich durch Pressen, Schweißen, Löten oder Kleben erfolgen. Der Aluminiumschmelze können verschiedene Fremdwerkstoffe als Partikel oder Kurzfasern zugegeben werden. Damit eröffnet sich ein neues Werkstoffgebiet der offenporigen Metallmatrix-Verbundwerkstoffe mit funktionalisierter Metallmatrix und/oder Poren.

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Neue additive Aluminium-Hybride: Bauteile aus offenporigem Aluminiumguss können mit additiven Fertigungsverfahren funktionalisiert werden. Umgekehrt können additiv gefertigte Aluminiumbauteile in Bauteile aus offenporigem Aluminiumguss integriert werden.

Neue wärmeleitende Kunststoffteile: Die Poren poröser Aluminiumstrukturen können durch verschiedene Fertigungsverfahren mit Polymeren infiltriert werden. Auf diese Weise lassen sich leistungsfähige, mediendichte Multimaterialsysteme für mechanische, strömungstechnische, thermische, chemische, akustische, dekorative und andere Aufgaben herstellen. Kunststoffe haben im Vergleich zu Aluminium eine schlechte Wärmeleitfähigkeit:

  • PP2 = 0,08 W/mK,
  • PP6 und ABS = 0,17 W/mK,
  • gefüllte Vergussmassen = 6 W/mK und
  • Al99,5 Prozent = 236 W/mK.

Poröse Aluminiumstrukturen können auf verschiedene Weise in konventionelle Kunststoffteile integriert werden:

  • 1. vollständig integriert (Polymer bei Hotspot und Kühlmittel),
  • 2. mit metallischem Kontakt zum Hotspot,
  • 3. mit metallischem Kontakt zum Kühlmittel,
  • 4. mit metallischem Kontakt zum Hotspot und Kühlmittel,
  • 5. mit vielen weiteren Kombinationen aus Geometrie und Material.

Abhängig von der Konstruktion und den Materialanteilen von porösem Aluminium, massivem Aluminium und Polymer ergibt sich eine kombinierte Wärmeleitfähigkeit des Hybridbauteils:

  • bis zu 60 W/mK für die Variante 1 und
  • bis zu 236 W/mK für die Variante 4.

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