Nano-Technik ermöglicht Festplatten mit hundertmal höherer Speicherdichte

Redakteur: Michael Eckstein

Mit Nano-Molekülen gegen den Speicherkollaps: Eine an der Universität Kiel entwickelte Technik hat das Potenzial, den Massenspeichermarkt zu revolutionieren.

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Mini-Schalter: Das synthetische Spin-Crossover-Molekül kann insgesamt drei Zustände speichern.
Mini-Schalter: Das synthetische Spin-Crossover-Molekül kann insgesamt drei Zustände speichern.
(Bild: Dr. Manuel Gruber)

Forscher an der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel haben synthetisch hergestellte Spin-Crossover-Moleküle als kleinste Speichereinheit erfolgreich auf der Oberfläche von Datenträgern angeordnet. Im großen Maßstab angewendet, könnten so Datenträger entstehen, die mehr als die hundertfache Kapazität der größten heute erhältlichen Speicherschachteln bereitstellen.

Aktuelle Festplatten speichern ein Bit auf einer Fläche von etwa 10 x 10 Quadratnanometer. Eine weitere Miniaturisierung ist kaum möglich: „Die bislang eingesetzten Techniken für die Konstruktion von Magnetplattenspeichern stoßen mittlerweile aufgrund von quantenmechanischen Effekten an fundamentale Grenzen“, erklärt Doktorand Torben Jasper-Tönnies.

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Für den Aufbau von Massenspeichern müssen die Moleküle exakt ausgerichtet auf einer speziellen Oberfläche angebracht werden. Und zwar so, dass ihre Fähigkeit zum Speichern von Informationen nicht verloren geht. Nach Aussagen der Forscher ist dies eine große Herausforderung: „Magnetische Moleküle, so genannte Spin-Crossover-Moleküle, sind extrem empfindlich und können schnell beschädigt werden“, erläutert Dr. Manuel Gruber. „Wir mussten einen Weg finden, die winzigen Strukturen genau an den vorgesehenen Stellen aufzubringen, ohne sie zu beschädigen.“

Synthetische Moleküle bringen den Durchbruch

Genau das ist der Arbeitsgruppe um Professor Richard Berndt am Institut für experimentelle und angewandte Physik gelungen. Dazu haben sie eng mit Chemikern des Instituts für anorganische Chemie an der CAU zusammengearbeitet. Eine Arbeitsgruppe von Professor Felix Tuczek hat dazu ein magnetisches Fe(III)-Spin-Crossover-Molekül synthetisiert.

Der Ausdruck "Spin Crossover" bezeichnet den Übergang zwischen zwei (meta-)stabilen Zuständen. Einer hat einen niedrigen Spin (Low-Spin, wenig ungepaarte Elektronen), der andere einen hohen Spin (High-Spin, viele ungepaarte Elektronen). Der magnetische Status der Moleküle gibt Auskunft über die enthaltene Information.

Intermolekulare Interaktionen erhöhen die Speicherdichte

Gemeinsam mit seinen Kollegen Gruber und Sujoy Karan konnte Jasper-Tönnies diese Moleküle auf einer Kupfernitrid-Oberfläche gezielt platzieren. Durch das Ausnutzen der Interaktionen zwischen ihnen konnte das Forscherteam zudem noch die Speicherdichte erhöhen.

„Die von uns eingesetzten Moleküle sind lediglich 1 Quadratnanometer klein“, sagt Gruber. Zumindest theoretisch ließe sich damit eine hundertfach höhere Speicherdichte als mit bisherigen Techniken erzielen: „Ein weiterer Schritt, der die Grenzen der Quantenphysik in der Speichertechnologie verschiebt.“

Vom Bit zum Trit

Damit nicht genug: Auf der Oberfläche des Datenträgers aufgebracht, kann das eingesetzte Molekül nicht nur zwei unterschiedliche magnetische Zustände annehmen, sondern zusätzlich noch die Verbindung zum Untergrund variieren. Je nach Magnetisierung und angelegter elektrischer Spannung kann es sich um 45 Grad drehen. „Damit sind wir in der Lage, drei Zustände zu speichern: 0, 1 und 2“, erklärt Jasper-Tönnies. „Statt eines Bits haben wir damit sozusagen ein Trit.“

Bis sich die Technik im industriellen Maßstab nutzen lässt, ist es zwar noch ein weiter Weg. Doch die grundsätzliche Machbarkeit konnten die Forscher erfolgreich beweisen.

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