Vor 50 Jahren Mai 1972 – Die erste Videospielkonsole

Von Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kuther und Sebastian Gerstl

Im Jahr 1972 kommt die erste Spielekonsole namens „Magnavox Odyssey“ für den Heimbedarf auf den Markt. Heute sind Spielkonsolen aus heimischen Wohnzimmern fast nicht mehr wegzudenken, doch vor 50 Jahren war der Spielerei am Fernseher noch wenig Erfolg beschieden.

Ralph H. Baer, Erfinder der weltweit ersten Spielekonsole, bei der Übergabe eines Nachbaus der Brown Box im Dynamikum Pirmasens
Ralph H. Baer, Erfinder der weltweit ersten Spielekonsole, bei der Übergabe eines Nachbaus der Brown Box im Dynamikum Pirmasens
(Bild: Dynamikum Pirmasens)

Odyssey – so hieß die erste Videospielkonsole, die das US-amerikanische Unternehmen Magnavox 1972 auf den Markt brachte. Entwickler war der deutschstämmige Ralph H. Baer (Bild), der bereits 1968 einen ersten Protypen vorgestellt hatte. In Deutschland wurde die Konsole von ITT Schaub-Lorentz unter dem Namen Odyssee vertrieben.

Aufgemerkt: Weitere Höhepunkte der Elektronikgeschichte

Einfache Transistoren-Logik, keine Hintergrund-Grafiken

Die Odyssey hatte weder Mikroprozessor noch Arbeitsspeicher, sondern basierte auf Dioden-Transistor-Logik. Angeschlossen wurde die Konsole an die Antennenbuchse des Fernsehgerätes und in ihrem Inneren genügten 40 Transistoren, um einfarbige weiße Punkte und Blöcke auf einfarbig schwarzem Hintergrund darzustellen. Die Spiele waren für mehrere Spieler vorgesehen; allein gegen die Konsole zu spielen war damals noch nicht möglich.

Es gab 1972 auch noch keine echten Module für diese Konsole. Die verschiedenen Spiele wurden durch das Einstecken einer kleinen Steckkarte ausgewählt, die aber kein Programm enthielt, sondern über verschiedene Kontaktverbindungen die Konsolenelektronik in einer bestimmten Weise elektrisch zusammenschalteten.

Teilweise wurden auch mehrere verschiedene Spiele mit demselben Modul, aber mit verschiedenen Bildschirmhintergründen, Zusatzmaterialien und Spielregeln gespielt. Besagte Hintergrundgrafiken waren aber uniform, gesonderte Spielfelder wurden von der Konsole nicht selbst dargestellt. Statt dessen legte der Hersteller der Konsole Plastikfolien bei, die elektrostatisch hafteten: Heimanwender mussten je nach Spiel das passende Overlay selbst über den Bildschirm ihres Fernsehers kleben, wenn sie ein gesondertes optisches Spielfeld haben wollten.

Bedient wurde die Videospielkonsole nicht via Joysticks, sondern über so genannte Controller mit je drei Drehknöpfen und einen Reset-Taster. Mit den zwei Potenziometern wurde die horizontale und vertikale Position der Spielfigur gesteuert, der dritte Regler beeinflusste den Effet des Balls. Mit dem Reset-Taster wurde das Spiel neu gestartet.

Die Odyssey sollte die Videospiellandschaft auf Jahrzehnte prägen

Magnavox führte Marktuntersuchungen und Praxistests in Los Angeles und Grand Rapids, Michigan, durch, und stellte die Konsole erstmals im Mai 1972 den Händlern in Las Vegas vor. Am 22. Mai 1972 wurde die Konsole schließlich bei einer Presseveranstaltung in der Tavern on the Green in New York City der Öffentlichkeit präsentiert.

Die Odyssey wurde 1972 noch eher als Kuriosum betrachtet und hatte zunächst wenig Erfolg auf dem Markt, sollte sich aber als wegweisend herausstellen. Nur wenige Monate später brachte Atari, inspiriert von Baers Erfindung, mit Pong den ersten elektronischen Videospielautomaten heraus, der zwei Jahre später auch eine Heim-Version sowie unzählige Klone folgen sollten.

Tatsächlich sollte Philipps, das 1974 die Firma Magnoavox übernahm, nach einem umstrittenen Patentstreit mit Atari, noch bis in die 1990er Jahre hinein von Baers Erfindung profitieren: Ein Richter sah es 1977 als erwiesen an, dass Baers Patent für Odyssey „das bahnbrechende Patent auf dem Gebiet der Videospiele“ darstellte und andere Produkte auf diesem Markt davon abgeleitet seien. Bis zum Ablaufen der Odyssey-Patente konnte Phillips daher Lizenzgebühren für Spielkonsolen anderer Hersteller, wie Atari, Sega oder Nintendo, einstreichen.

Heute sind Spielekonsolen aus den Wohnzimmern der Welt kaum noch wegzudenken. In Deutschland benutzt bereits die Hälfte derjenigen, die zumindest hin und wieder Computer- und Videospiele spielen, hierfür eine stationäre Konsole (52 Prozent), jede und jeder Fünfte (22 Prozent) spielt auf mobilen Konsolen und fast 4 von 10 Gamerinnen und Gamern (38 Prozent) spielen auf hybriden Konsolen, die sowohl stationär als auch mobil verwendet werden können. Das zeigt eine Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, die im Sommer 2021 durchgeführt wurde.

„Spielekonsolen sind in deutschen Haushalten keine Seltenheit. Eine große Auswahl an Spielen sowie eine breite Palette an Zubehör wie bewegungsgesteuerte Controller, Fitness-Gadgets oder VR-Brillen tragen zu einem abwechslungsreichen Spieleerlebnis bei“, erklärt Dr. Sebastian Klöß, Bitkom-Experte für Consumer Technology. „Zudem sind moderne Konsolen wahre Multifunktionsgeräte und werden längst nicht mehr nur zum Spielen genutzt. Viele streamen darüber Filme, Serien und Musik oder integrieren sie ins Sportprogramm.“

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung

(ID:30579060)