Jülich startet Helmholtz Quantum Center

Redakteur: Gerd Kucera

Mit einem neuen Technologielabor für Quantencomputer will das Forschungszentrum Jülich die Forschung an Quantencomputern maßgeblich vorantreiben. Das sogenannte Helmholtz Quantum Center soll ab 2025 im Vollbetrieb sein.

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Detailaufnahme des OpenSuperQ
Detailaufnahme des OpenSuperQ
(Bild: Forschungszentrum Jülich / Ralf-Uwe Limbach)

Am Forschungszentrum Jülich entsteht ein nationaler Forschungsschwerpunkt für Quantencomputer. Mit dem Helmholtz Quantum Center (HQC) wird es ein zentrales Technologielabor geben, um das gesamte Forschungsspektrum für Quantencomputing abzudecken – von der Erforschung von Quantenmaterialien bis zur Prototypenentwicklung. Das von der Helmholtz-Gemeinschaft mit knapp 50 Mio. € finanzierte Projekt hat begonnen.

„Quantencomputing wird unsere Welt verändern – in Wissenschaft, Industrie, Wirtschaft und Alltag“, erklärt Prof. Sebastian Schmidt, Mitglied des Vorstandes des Forschungszentrums Jülich, „das Quantencomputing in der deutschen Wissenschaft und Industrie zu etablieren ist eine der großen Herausforderungen der kommenden Jahre und erfordert ein enormes Ausmaß an Kooperation. Das Helmholtz Quantum Center wird die zentrale Infrastruktur der Helmholtz-Gemeinschaft sein, um den wissenschaftlichen und technologischen Herausforderungen beim Bau eines europäischen Quantencomputers zu begegnen.“

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Das Thema Quantentechnologien und Quantencomputing habe auch auf höchster Forschungs- und wirtschaftspolitischer Ebene eine hohe Aufmerksamkeit. Aufgrund des erwarteten Einflusses auf alle Bereiche von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft sei eine technologische Unabhängigkeit Europas zwingend notwendig. Zum einen gelte sie als wesentlicher Bestandteil der Cybersicherheitskonzepte von morgen. Darüber hinaus hat laut Schmidt vor allem der Bereich des Quantencomputings in letzter Zeit stark an Dynamik gewonnen und ist ein schnell wachsender Industriezweig. International wird massiv in Quantencomputing investiert, insbesondere in China und den USA – wissenschaftliche Exzellenz und Know-how stammen jedoch zu einem guten Teil aus europäischer Forschung.

Chancen für Wissenschaft und Wirtschaft in NRW

Neben der zentralen Rolle in der nationalen Strategie bietet das Helmholtz Quantum Center insbesondere enorme Chancen, den Standort Nordrhein-Westfalen zu einem der wichtigsten Innovationsstandorte für Quantentechnologie in Europa zu entwickeln. Das ist nicht allein für die Wissenschaft von Bedeutung, sondern besonders auch für die Wirtschaft und Industrie einer Region im Strukturwandel.

„Eine offene Forschungsatmosphäre und die Vernetzung von allen Bereichen – Wissenschaft, Wirtschaft, Industrie – sind für uns außerordentlich wichtig“, konstatiert Stefan Tautz. Der Direktor am Jülicher Peter Grünberg Instituts wird die Wissenschaftler während der Aufbauphase des HQC vertreten: „Die amerikanischen Tech-Konzerne sind derzeit die Vorreiter in der Forschung, sozusagen das Windows und iOS des Quantencomputing. Unser Ziel ist es, mit dem HQC eine Art Linux des Quantencomputing zu katalysieren.“

Von einzelnen Qubits bis zu kompletten Systemen

Nach Mitteilung des Jülicher Forschungszentrums wir das HQC verschiedene Arten von Qubits, dem Quantencomputer-Äquivalent klassischer Computerbits, erforschen – von technologisch bereits weit entwickelten Systemen bis hin zu vielversprechenden neueren Konzepten. Jede Art von Qubit hat ihre eigenen Vor- und Nachteile. Bisher ist nicht entschieden, welches Konzept sich am Ende langfristig durchsetzen wird.

So untersuchen Jülicher Wissenschaftler wie David DiVincenzo und Kristel Michielsen zusammen mit europäischen Partnern im Flagship-Projekt OpenSuperQ bereits supraleitende Qubits die zum Bau eines europäischen Quantencomputers in Jülich zur Anwendung kommen werden. „Ein neues Team von Wissenschaftlern ist dabei, unser erstes Quantencomputer-Labor in Betrieb zu nehmen, das nun von unseren Partnern im europäischen OpenSuperQ-Quantenflaggschiff-Projekt kleine Prototypen supraleitender Quantencomputer-Chips zum Testen erhält“, betont Prof. David DiVincenzo, „wir beabsichtigen, in jeder Phase des Scale-up der Quantenhardware einen Beitrag zu leisten.“

Eine alternative Plattform, atomare Qubits in optischen Fallen, werde für Quantensimulation im Flagship-Projekt PASQUANS entwickelt, unter Teilnahme des Jülicher Theoretikers Tommaso Calarco: „Unsere wissenschaftlichen Partner in ganz Europa arbeiten an Experimenten zur gezielten Manipulation kalter Atome, um die Eigenschaften von komplexen Quantenmaterialien zu erforschen. Für einige solcher Fragestellungen erwarten wir, die Rechenleistung existierender Computer bereits in den nächsten Jahren zu übertreffen.“

Das Quantenzentrum wird in einem Neubau mit modernster Versuchsausrüstung auf dem Campus des Forschungszentrums untergebracht, mit direkter Anbindung an die Helmholtz Nano Facility, und eng mit den Instituten des Forschungszentrums verzahnt sein.

Das HQC bündelt sechs Forschungsfelder und sieben Technologiecluster, und verbindet so Grundlagenforschung, Theorie und Entwicklung – von Quantenmaterialien bis hin zu kompletten Quantencomputersystemen. Forschung an Werkstoffen für Qubits wird verknüpft mit der Fertigung von Geräten und Systemen für Quantencomputer und dem Co-Design von Hard- und Software. JUNIQ, die im Oktober gestartete Jülicher Nutzer-Infrastruktur für Quantencomputing, wird das vereinheitlichte Portal zu den verschiedenen Quantencomputern sein – zugänglich über die Cloud für deutsche und europäische Nutzer.

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